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Ein Mitarbeiter der Kriminalpolizei auf dem Gelände der Potsdamer Klinik.
© Christophe Gateau/dpa
Update

Vier Tote in Potsdamer Pflegeheim gefunden: Heim-Mitarbeiterin nach Gewalttat in Psychiatrie eingewiesen

Eine Mitarbeiterin des Potsdamer Oberlinhauses soll vier Bewohner eines Behindertenheims brutal getötet haben. Verletzte Bewohnerin ist auf dem Weg der Besserung.

Nach der grausamen Gewalttat in einer Potsdamer Behinderteneinrichtung des Oberlinhauses, mit vier Todesopfern und einer Schwerverletzten, hat das Amtsgericht Potsdam die 51-jährige tatverdächtige Mitarbeiterin des Heimes in die Psychiatrie eingewiesen. Außerdem befindet sich die schwer verletzte Bewohnerin nach Angaben des Vereins Oberlinhaus auf dem Weg der Besserung. „Sie ist notoperiert worden und es geht bergauf“, sagte die Sprecherin des Oberlinhauses, Andrea Benke, am Freitag. „Das ist für uns alle eine gute Nachricht.“

Immer noch stünden Mitarbeiter und Bewohner der Einrichtungen des Oberlinhauses unter Schock.

Die Haftrichterin habe die einstweilige Unterbringung der Bediensteten des Wohnheims im Maßregelvollzug der Asklepios-Klinik in Brandenburg/Havel angeordnet, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann am Donnerstag. Die Richterin habe dringende Gründe für eine eingeschränkte oder vollständige Schuldunfähigkeit der Beschuldigten erkannt. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftbefehl wegen Totschlags beantragt.

Vier Menschen sind am Mittwochabend im Potsdamer Oberlinhaus gewaltsam getötet worden. Es handelt sich um vier Patienten der Pflegeeinrichtung für Menschen mit schweren Behinderungen. Die Leichen der Opfer mit tödlichen Verletzungen sowie eine weitere schwer verletzte Person sind „in verschiedenen Krankenzimmern einer Station“ aufgefunden worden.

„Die Verletzungen aller Opfer sind nach bisherigen Erkenntnissen auf schwere, äußere Gewaltanwendung zurückzuführen“, teilte die Polizei mit. Die Opfer waren nach Tagesspiegel-Informationen 31 bis 56 Jahre alt. Bei der schwer verletzten Person handelt es sich ebenfalls um eine Bewohnerin der Einrichtung.

In Ermittlerkreisen ist von einem „brutalen Vorgehen“ bei der Tat die Rede. Tatwaffe soll ein Messer gewesen sein. Die vier getöteten Bewohner sollen schwere Schnittverletzungen an der Kehle aufgewiesen haben. Ob diese ursächlich für den Tod waren, blieb unklar. Einige Bewohner des Heims haben so starke Behinderungen, dass sie nachts Beatmungsmasken und Beatmungshilfen benötigen.

Nach Informationen von Tagesspiegel und Potsdamer Neuesten Nachrichten war die Frau nach Hause gekommen und soll ihrem Mann gesagt haben, dass sie Menschen getötet habe. Daraufhin sei die Polizei alarmiert worden. Ab kurz vor 21 Uhr waren Beamte dann im Einsatz.

Mordkommission ermittelt zum Verdacht eines vorsätzlichen Tötungsdelikts

Zu einem möglichen Motiv der Frau lägen bisher keine Informationen vor, auch der genaue Tathergang und die Tatumstände seien bislang noch unklar. Eine Mordkommission der Polizeidirektion West unter Leitung der Staatsanwaltschaft Potsdam habe die Ermittlungen zum Verdacht eines „vorsätzlichen Tötungsdelikts“ übernommen. „Die Opfer werden zurzeit gerichtsmedizinisch untersucht“, sagte der Oberstaatsanwalt. „Zum Motiv, zum konkreten Ablauf haben wir noch keine Erkenntnisse.“

Eine verletzte Person wird ins Krankenhaus gebracht.
Eine verletzte Person wird ins Krankenhaus gebracht.
© Marion Kaufmann.

Ereignet hat sich das wohl schwerste Tötungsdelikt in Potsdam seit Jahrzehnten im Thusnelda-von-Saldern-Haus an der Rudolf-Breitscheid-Straße In Babelsberg. Im Saldern-Haus leben Menschen mit schweren Behinderungen, die stationär betreut und gepflegt werden müssen.

Seit der Nacht zum Donnerstag finden laut Staatsanwaltschaft Potsdam „umfangreiche Spurensicherungen“ an den Tatorten statt. Rechtsmediziner und die Staatsanwaltschaft seien ebenfalls vor Ort. Insgesamt hundert Beamte waren im Einsatz.

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Die Polizei verhängte zunächst eine Nachrichtensperre, weil die Angehörigen der Getöteten benachrichtigt werden sollten, bevor öffentlich weitere Angaben zu den Opfern und den Tatumständen gemacht werden. Am Abend erklärte ein Polizeisprecher: „Zu den traurigen Aufgaben der Ermittler gehörte in diesem Fall auch die Überbringung der Todesnachrichten und die Verständigung der nächsten Angehörigen. Dieses ist inzwischen abgeschlossen.“

Die vier Getöteten waren nach Angaben des Oberlinhauses langjährige Bewohner in der diakonischen Einrichtung. Zwei von ihnen hätten dort seit ihrer Kindheit gelebt, sagte Tina Mäueler, Bereichsleiterin Wohnen in den Oberlin Lebenswelten am Donnerstag. Nähere Angaben zur Identität wurden nicht gemacht.

Der theologische Vorstand des Oberlinhauses, Matthias Fichtmüller, machte am Donnerstagvormittag bei einer Pressekonferenz im Rathaus deutlich, dass er keine Auskünfte zur Tat geben werde, das sei der Staatsanwaltschaft vorbehalten.

Woidke: „Es ist ein schwerer Tag für Brandenburg“

„Das hat uns die Beine weggehauen“, sagte Fichtmüller. Alle seien erschüttert. Am Abend soll es in der Oberlinkirche eine Gedenkandacht geben. In zwei Wochen sei ein Gedenkgottesdienst geplant. „Wir können uns noch gar nicht auf das Trauern konzentrieren“, sagte Fichtmüller, „wir müssen funktionieren.“ Die Bewohner müssten weiter betreut werden.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte sich bestürzt. „Eine schreckliche Nachricht. Ich bin schockiert“, sagte Woidke am Donnerstag. „Meine Gedanken gelten den Opfern und meine Anteilnahme den Angehörigen.“ Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sprach den Angehörigen sein Beileid aus. „Die Tat erschüttert uns alle zutiefst.“

Auch der Brandenburger Landtag zeigte seine Anteilnahme. „Lassen Sie mich für uns alle sagen, dass uns die schreckliche Bluttat in der vergangenen Nacht (...) mit Entsetzen und mit viel Traurigkeit erfüllt“, sagte Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke am Donnerstag im Plenum. „Unser aufrichtiges Mitgefühl und unsere Anteilnahme gehört den Angehörigen der Opfer. Die Abgeordneten des Landtags sind in diesen schweren Stunden in Gedanken bei ihnen.“

Das Saldern-Haus bietet nach eigenen Angaben Erwachsenen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen ein dauerhaftes Zuhause. Es ist Teil der Oberlin-Lebenswelten, der Behindertenbetreuung des diakonischen Trägers. Dort arbeiten nach Angaben der Oberlin-Homepage mehr als 400 Heilerziehungspfleger, Ergotherapeuten, Sonderpädagogen und weitere Angestellte. Im Saldern-Haus sollen 80 Beschäftigte tätig sein. 

Das Oberlinhaus ist eine traditionsreiche diakonische Gesellschaft mit rund 2000 Beschäftigten. Auf dem Campus ist auch die Oberlinklinik untergebracht, die vor allem auf Behandlungen von Beschwerden am Muskel- und Skelettsystem spezialisiert ist.

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