Weltumrundung mit dem Auto: Heidi Hetzer verballert jetzt das Erbe
Die Berliner Rennfahrerin Heidi Hetzer ist 77, doch nun fängt ihr Leben noch mal an. Am Sonntag startet sie ihre Weltumrundung – mit einem jungen Begleiter und einem Auto, das älter ist als sie selbst.
Wenn sie die sozialen Folgen ihrer auf zwei Jahre geplanten Weltumrundung bedenkt, dann muss selbst die notorisch fröhliche Heidi Hetzer ein paar Tränen verdrücken: Es sei schwer, sich von den Freunden aus der Stadt zu verabschieden, sagt sie schniefend, aber egal: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Und schließlich wolle sie sich doch nur den Traum aller Menschen erfüllen.
Nun ist es nicht ganz sicher, dass all diese Menschen auch davon träumen, die Welt ausgerechnet am Steuer eines über achtzig Jahre alten Hudson zu umrunden. Auf die Frage, weshalb sie sich eine solche Strapaze antue, sagte sie Donnerstag auf der Pressekonferenz in der Spielbank unverblümt, „das habe ich mich auch schon oft gefragt“. Aber sie sei nun mal 77 und topfit, und das könne eigentlich nur schlechter werden. Ohnehin läuft ihr die Zeit weg, sie ist drei Monate zu spät dran, und der Winter in der Mongolei ist nichts für diese Art Auto, das zwingt zur Eile.
Das größte Problem der Reise ist indessen gelöst: Wer wird sie begleiten? Mit demjenigen, der ursprünglich mitfahren wollte, hat sie sich offenbar überworfen, er habe am Auto unsachgemäß herumgeschraubt und dann „wegen Rücken“ abgesagt, sagt sie. Das kann ihr mit dem Neuen nicht passieren, dem 25-jährigen deutsch-französischen Reisefotografen Jordane Schönfelder, dessen automobiler Ehrgeiz in Grenzen bleibt: Er hat nur einen Motorradführerschein.
„Der will mir mein Lenkrad nicht wegnehmen“, lobt sie ihre Wahl euphorisch. Dafür löst der freundliche Begleiter ein anderes Problem: Als Filmprofi macht er die Mitnahme eines TV-Teams entbehrlich, „da fahr ich dann immer links raus und rechts raus und puder mir die Nase, das wollte ich nicht“. Ausgesucht wurde Schönfelder aus 150 Bewerbungen, ein Drittel Frauen. Er war der Jüngste.
Ihre Mitbringsel sind Nähnadeln und Streichhölzer
Heidi Hetzer will mit ihrer Weltumrundung der legendären Clärenore Stinnes nacheifern, die dieses Wagnis von 1927 bis 1929 unternahm – diese war allerdings nur 26 Jahre alt, als sie losfuhr, und sie nahm für ihren Trip ins Unbekannte drei Pistolen und drei Gewehre mit. Heidi Hetzer verzichtet auf Bewaffnung; allerdings hat sie sich, was Mitbringsel angeht, beraten lassen, und reist nun also mit Kugelschreibern, Nähnadeln und Streichhölzern in Richtung schlechter ausgestatteter Volksgruppen.
Das Wichtigste für den Anfang allerdings ist: Wie geht es dem Auto? Obwohl Heidi Hetzer an Autos schraubt, seit sie laufen kann, ist ihr wohl eine Fehleinschätzung unterlaufen. Der Hudson, den sie für 29 000 Euro in München gekauft hat, war am Ende viel schlechter in Schuss als der andere, der in Graz für 11 000 Euro zu haben war und eigentlich nur Ersatzteillager sein sollte.
Vor allem der Motor machte Probleme, wurde schlecht überholt, und so sitzt nun der Zylinderkopf aus dem Grazer Wagen im Münchener Fahrzeug – noch einen gibt es nicht, und so richtig durchgetestet ist das Ganze auch noch nicht. Ihre alten Rallye-Ambitionen wird sie ohnehin zurückstellen müssen: Mehr als 90 Sachen sind nicht drin.
Die Gesamtkosten schätzt sie auf 300 000 Euro, eher bescheiden angesichts der 100 000 Reichsmark, die Vorbild Clärenore ausgeben konnte – aber die war ja auch die Tochter eines reichen Stahlmoguls. „Ich habe meine Kinder gefragt“, sagt sie, „ob sie damit einverstanden sind, dass ich das Erbe verballere“, und offenbar gab es keinen Widerstand. Im Übrigen vertraut sie auf ihre tadellose Sozialkompetenz: „Ich kann selbst alles reparieren und andere motivieren, mir zu helfen.“ Außerdem hoffe sie, häufig zu Kost und Logis eingeladen zu werden.
Ein wenig Geld für die Reisekasse gibt es von der Eberswalder Wurst GmbH, die außerdem üppig spenden will, wenn alles so läuft wie geplant: Für jedes Land – geplant sind 56 – will Geschäftsführerin Patricia Benz 1000 Würste spendieren und die Einnahmen daraus für Sozialprojekte reservieren; 100 000 Euro erhofft sie sich davon.
Der Zeitplan für die nächsten Tage ist eisenhart. Denn am kommenden Sonntag morgens um elf will Heidi Hetzer vor dem Bristol Kempinski noch einmal die Huldigungen der Gemeinde entgegennehmen und sich dann eine Stunde später vom Hof machen, um nach einem kleinen Umweg über den Ostbahnhof in Richtung Wien abzubiegen. Auch Klaus Wowereit war eingeladen zur Abfahrt, hat aber abgesagt. Na, sie findet das nicht so schlimm. Vielleicht kommt er ja, wenn die Welt umrundet ist.
Heidi Hetzers Reise-Blog gibt es unter www.heidi-um-die-welt.com
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