Wegen hohem Bautempo: Hauptbahnhof-Sanierung kostet zehn Millionen Euro
Am Hauptbahnhof müssen Brückenteile erneuert werden. Nun ist klar, warum es zu den Schäden kam: Der Bahnhof wurde unter Zeitdruck errichtet. Zur Fußball-WM 2006 sollte er unbedingt fertig sein.
Erst das verkürzte Dach – und jetzt lockere Schrauben: Das Bautempo, das der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn durchgedrückt hat, um den Hauptbahnhof wie vom ihm gewünscht zur Fußball-WM 2006 eröffnen zu können, hat dem Bau erheblich geschadet. Optisch und jetzt auch materiell. Der Austausch der verschlissenen Verbindungsteile an den Brücken wird wohl weit mehr als zehn Millionen Euro kosten. Rund eine Million Euro hat bereits die vorläufige Sanierung verschlungen.
An dem Brückenbauwerk der Ost-West-Stadtbahn gibt es im Bereich des Hauptbahnhofs insgesamt neun Zwischenfugen, bei denen die durch die Züge ausgelösten Kräfte über besondere Konstruktionen geleitet werden, um die Schienen zu entlasten; von den Ingenieuren Fahrbahn-Übergangskonstruktion genannt. Weil die Gleise in einer Kurve liegen, wäre eine Sonderbauart erforderlich gewesen. Bei dem engen Terminplan sei dafür jedoch keine Zeit gewesen, heißt es heute bei der Bahn. Mit der Zustimmung der Genehmigungsbehörde habe man sich deshalb für eine einfachere Methode entschieden. Nur dort, wo das Gleis fast gerade ist, wurden die bewährten sogenannten Trägerplatten eingebaut.
Bei der anderen Konstruktion haben sich an der 2003 in Betrieb genommen Brücke bereits von 2007 an Schrauben gelockert; einige sind sogar abgebrochen. Die Ursache ist nach Angaben der Bahn nicht eindeutig zu ermitteln. Nicht auszuschließen sei, dass beim Bau wegen des verordneten Tempos gepfuscht worden sei, heißt es.
Zunächst hatte die Bahn jeweils die schadhaften Schrauben ersetzt. Im September nahm sie dann eine umfangreiche Sanierung vor. Dabei wurden von den 3250 Schrauben rund 1950 ersetzt. Dies war zum Teil sehr schwierig, weil einige Schrauben im Beton verankert sind. Umfangreich saniert werden soll nicht vor dem Jahr 2015. Deshalb ist, wie berichtet, für die Ferngleise östlich vom Bahnhof für mehrere hundert Meter ein Tempolimit von 40 km/h angeordnet worden. Dort ist die Strecke besonders stark gekrümmt.
Das Entwickeln und Zulassen eines neuen Übergangssystems, das auch für Kurven geeignet ist, dauere mehrere Jahre, heißt es bei der Bahn. Der Austausch alt gegen neu wird dann richtig teuer. 38 der 50 Übergangsstellen müssen gewechselt werden; jedes Teil soll um die 100 000 Euro kosten. Beim Austausch muss auch die sogenannte feste Fahrbahn aufgebrochen werden, bei der die Schienen nicht auf Schwellen liegen, sondern fest in Beton verankert sind. Auch dies treibt die Kosten in die Höhe. Wegen der Schweißarbeiten muss zudem ein anderes Brandschutzkonzept für den Hauptbahnhof entwickelt werden, weil die Arbeiten sonst Alarm auslösen würden. Hinzu kommen die Aufwendungen für Straßensperrungen und die Unterbrechung des Bahnverkehrs. Experten rechnen mit Gesamtkosten von weit mehr als zehn Millionen Euro.
Bei den Arbeiten an den Übergangskonstruktionen sollen auch Schäden an der festen Fahrbahn beseitigt werden, die an mehreren Stellen gerissen ist. Auch hier ist beim Bau mit hohem Tempo gearbeitet worden, um den Termin einhalten zu können. Weil die Firmen das Risiko kannten, hatten sie sich nach Tagesspiegel-Informationen meist von der Gewährleistungspflicht befreien lassen.
Beim für 2015 geplanten Austausch der Übergangskonstruktionen müssen zum Teil auch mehrere Gleise nebeneinander gesperrt werden. Dies hatte die Bahn bisher unbedingt vermeiden wollen und es auch deshalb abgelehnt, das von Mehdorn verkürzte Dach doch noch auf die ursprünglich vorgesehene Länge zu bringen. Die Teile sind schon produziert – und bezahlt. Sie lagern jetzt nutzlos in den Viadukten am Ostbahnhof.