Steigende Mieten: Hanseatisches Vorbild
Während Berliner Senatoren noch über den Kampf gegen die Wohnungsnot streiten, zeigt Hamburg einen möglichen Ausweg auf.
An diesem Dienstag soll das Mietenbündnis zur Bekämpfung des angespannten Wohnungsmarktes vom Senat beschlossen werden. Doch noch am Montagmittag war von „Finanzvorbehalten“ des Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) gegen die kostspieligen Pläne seines politischen Gegenspielers, Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), die Rede. Nußbaums Sprecher kommentierte sie so: Man „befürwortet ausdrücklich das Mietenbündnis“, doch die Wohnungsbaugesellschaften müssten dazu „wirtschaftlich stark genug sein“.
Das Mietenbündnis dürfte nicht die letzte fiskalpolitische Zumutung sein. Auf einer Veranstaltung in der Friedrich-Ebert-Stiftung ließ Müller auch Sympathie für eine neue Wohnungsbauförderung erkennen. Er schwenkt damit auf den Kurs der SPD-Fraktion ein, die schon vor einer Woche den Senat dazu aufgefordert hatte, die Liegenschaftspolitik zur Bekämpfung des Wohnraummangels einzusetzen. Und die stellvertretende Fraktionschefin Ülker Radziwill hatte dem Tagesspiegel gesagt: „Wir werden auch über Fonds nachdenken müssen, um den Wohnungsneubau mit staatlichen Geldern zu unterstützen.“ Hamburg, das seine Wohnungspolitik am Montag vorstellte, könnte da als Vorbild dienen.
„Wenn wir künftig den Bau von 2000 Wohnungen fördern wollen, ist das auch bei uns ein Schreck für den Finanzsenator“, sagte Hamburgs Staatsrat Michael Sachs. Zumal die Kosten dafür „bei 100 bis 120 Millionen Euro“ liegen. Die „haushalterische Wirkung“ sei aber geringer: Weil eine landeseigene Förderbank die Mittel bereitstellt, sei gleichsam nur deren Bilanz betroffen. Eine solche Bank gibt es in Berlin auch.
„Die Frage ist, was wir uns leisten können“, bremste Müller Nachfrager aus. Wer den Wohnungsbau neu ausrichten wolle, führe letztlich einen „harten Verteilungskampf“. Denn was hier eingesetzt wird, „geht zulasten anderer Ressorts“. Da klingt bei Müller fast schon Sympathie für den Finanzsenator durch, der bei jedem politischen Projekt die Darlegung von dessen Refinanzierbarkeit durch Einsparungen an anderer Stelle fordert.
Dagegen wird in Hamburg nicht nur mächtig gefördert, sondern auch Druck auf Investoren ausgeübt: Wer einen Neubau errichtet, muss bei 30 Prozent aller Wohnungen die Kriterien des sozialen Wohnungsbaus einhalten. Geschickt kombiniert die Stadt auch Einflussnahme in der sozialen Frage bei Subventionen für Sanierungsmaßnahmen: Eigentümer müssen der Stadt dafür das Recht einräumen, sanierte Wohnungen an Haushalte mit geringeren Einkünften zu vergeben. Vorbildlich außerdem: Die Stadt hat einen Wohnungsbau-Koordinator benannt, einen Streit schlichtenden Ombudsmann, als Ansprechpartner für Bauherren, Planer und Mieter. Der Handlungsdruck ist in Hamburg hoch: Sozialmieten liegen dort über dem Durchschnitt des Berliner Mietspiegels. Und sogar um Wohnungen zu Mieten von acht Euro pro Quadratmeter kalt anbieten zu können, muss gefördert werden.
Wie groß die Not auch in Berliner Innenstadtlagen ist, zeigte Andreas Geisel (SPD), Bezirksbürgermeister von Lichtenberg. Studenten, die zu alt oder müde vom Treiben im partyfreudigen Friedrichshain sind, ziehen nach Lichtenberg. Deshalb gebe es dort so gut wie keine freien Wohnungen mehr. Lichtenberg hat nun mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privaten Investoren ein Bündnis geschlossen: Hürden bei Genehmigungen sollen wegfallen, Grundstücke für den Wohnungsbau identifiziert werden und ein „Entwicklungsplan Wohnen“ für den Bezirk wurde aufgestellt. Dadurch sollen jährlich 1000 Wohnungen entstehen.
Für Stadtentwicklungssenator Müller ist das der richtige Weg. Außerdem müssten größere Projekte entstehen, „1000 Wohnungen auf einen Schlag am Tempelhofer Damm“ etwa. Denn: „Die Stadt wächst, die Menschen kommen und auch der Flächenverbrauch wächst.“
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