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Berliner Ermittler greifen zunehmend auf Handydaten zurück.
© dapd

Justiz: Handydatenauswertung wird Thema im Bundestag

Vorstoß der Opposition im Bundestag in Sachen massenhafter Funkzellenauswertungen. In Berlin könnten seit 2009 bis zu zwölf Millionen Verbindungen ausgewertet worden sein.

Der Rechtsausschuss des Bundestages will sich am Mittwoch mit der Handy-Überwachung befassen. In einer Anhörung geht es um Anträge von Linkspartei und Grünen. Anlass waren unter anderem eine Million erhobene Verbindungen vermeintlich militanter Demonstranten gegen einen Naziaufmarsch in Dresden 2011.

Die Linksfraktion will die Datenabfrage verbieten, die Grünen wollen sie einschränken. Am Mittwoch hört der Rechtsausschuss dazu Experten an. Die Linken wollen die Möglichkeit, Daten von Handys innerhalb eines bestimmten Zeitraums und Gebiets abzufragen, abschaffen. Ihr Gesetzesentwurf fordert „die ersatzlose Streichung dieser Maßnahme aus dem Katalog möglicher Verfolgungsinstrumente“. Die Funkzellenabfrage greife „massiv“ in die Grundrechte ein, insbesondere in das Fernmeldegeheimnis.

Auch die Grünen beklagen, dass die derzeitige Regelung „nur unzureichend geeignet“ sei, „erhebliche Grundrechtseingriffe zu begrenzen“. Sie fordern unter anderem, dass ein Richter, der die Funkzellenabfrage erlaubt, dies detailliert begründet. Auch soll die Datenabfrage erst beim Verdacht auf schwerere Straftaten als bisher möglich sein.

Unlängst hatte Berlins Innenstaatssekretär Bernd Krömer bekannt gegeben, dass die Polizei mehr Handydaten ausgewertet hat als bisher bekannt. Auf der Suche nach Autobrandstiftern hatte die Polizei nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren in 375 Ermittlungsverfahren insgesamt 4,2 Millionen Mobilfunkverbindungen in Tatortnähe registriert, also Telefonate und SMS. Zusätzlich seien, sagte Krömer, seit 2009 in mehr als 800 weiteren Verfahren Funkzellen und dadurch Kennern zufolge bis zu acht Millionen Verbindungen in der Hauptstadt ausgewertet worden – insgesamt also rund zwölf Millionen. In Berlin entstehen täglich rund 40 Millionen Handy-Verkehrsdaten. Die seit 2009 überprüften Daten machen 0,027 Prozent aller Mobilfunkverbindungen in Berlin aus. Generell wertet die Polizei zunehmend Funkzellen aus, 2009 waren es 355, ein Jahr später 366, 2011 schon 541. Die Ermittlungsmethode wird offenbar unabhängig davon genutzt, ob die Zahl der Taten steigt. So wurden 2009 in 162 Fällen Funkzellen ausgewertet, die sich nicht auf Staatsschutzdelikte bezogen. Ein Jahr später waren es mit 323 schon doppelt so viele Abfragen für nicht politisch motivierte Taten – und das, obwohl 2010 die Kriminalität in Berlin auf dem tiefsten Stand seit 1990 war.

Funkzellenabfragen sind umstritten, weil sie nur nach schweren Taten angewandt werden sollen. „Diese Entwicklung ist nicht verwunderlich. Experten beklagen seit langem, dass dieses Fahndungsmittel zum Standard wird“, sagte Anwalt Sönke Hilbrans, Vize-Chef der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. Juristen kritisieren, dass Ermittlungsrichter den Einsatz oft genehmigt hätten, ohne die Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Ein Staatsanwalt muss die Abfrage bei einem Ermittlungsrichter beantragen.

Dem Polizeipräsidium zufolge hatte keine Funkzellenauswertung direkt zu einem Brandstifter geführt, dennoch wurden sie weiter genutzt. Wie viele Abfragen in Berlin insgesamt durchgeführt werden, ist nicht bekannt. Nicht nur die Polizei, auch andere Behörden fordern solche Daten an, etwa das Bundeskriminalamt. (mit dapd)

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