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Hamburg rudert. Die Binnenalster ist zwar nicht olympiatauglich, gibt aber immerhin schöne sportliche Bilder her.
© picture alliance / dpa

Bewerbung um Olympische Spiele: Hamburg ist Berlin schon einen Schritt voraus

Die Hansestadt setzt auf kompakte Olympische Spiele - alles wirkt durchdachter, fassbarer und konkreter. Und im Gegensatz zu Berlin plant Hamburg schon ein Referendum für die Bürger.

Wer Michael Neumann zum Strahlen bringen möchte, sollte sich mit ihm über die Sportstadt Hamburg unterhalten. Anders als seine Vorgänger versteckt der Innensenator der Hansestadt seine Liebe zum Sport nicht. Schon vor drei Jahren, kurz nach Amtsbeginn, hat der 44 Jahre alte Neumann mit seiner „Dekadenstrategie Sport“ Vorschläge gemacht, wie moderner Metropolensport aus seiner Sicht gestaltet werden sollte. Das Papier enthält Ziele und Pläne der Hamburger Sportpolitik – und konkrete Überlegungen: Welcher Ascheplatz soll in Kunstrasen umgebaut werden? Welche Hallenheizung ruiniert die Ökobilanz? Welcher Tennisplatz ohne Schallschutz empört die Nachbarn? „Solange es in unseren Sporthallen aus den Duschen nur tröpfelt, brauchen wir uns für Olympische Spiele nicht zu bewerben“, sagt Neumann gern. Sollte Hamburg also statt Berlin den nationalen Zuschlag für die Olympischen Spiele 2024 bekommen, wäre das die Krönung seines Masterplans.

Es hat sich viel getan im kleinen wie großen Hamburger Sport. Längst weiß Neumann seinen SPD-Parteifreund Olaf Scholz an der Seite. Der Erste Bürgermeister gilt als Freund und Verfechter der zentralen Idee der Olympischen Spiele in der Hansestadt – kompakte Spiele am Wasser, kurze Wege oder: „Die Stadt als Stadion“. Das kennen Hamburger von Triathlon, Marathon, Radrennen oder Rudern in der City.

Scholz stellt Forderungen an den Sport, die ähnlich denen aus Berlin klingen: Die Spiele sollen nachhaltig und zum Nutzen der Bürger gestaltet sein. Sie sollen ohne Schuldenbelastung finanziert werden. Im Oktober soll die Machbarkeitsstudie des Hamburger Senats vorliegen. Öffentlich und detailliert äußern wollen sich Scholz und Neumann erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) am 31. August.

31 der 35 für Olympia benötigten Stätten gibt es schon

Deutlich sichtbar ist, dass Hamburgs zweite Bewerbung nach 2002 – damals für die Spiele 2012 – auf den Ideen der alten aufbaut. Doch es wirkt alles durchdachter, konkreter, fassbarer als damals. Die Hafencity wächst; Platz für Olympische Spiele wäre jetzt im Nachbarstadtteil „Kleiner Grasbrook“. Dort, auf einer riesigen, teils brachliegenden Fläche zwischen Hafen-City und Wilhelmsburg, soll das olympische Dorf entstehen. Zu Fuß erreichbar sollen das Olympiastadion, das Schwimm- und das Radstadion gebaut werden. Alle Sportstätten mit Ausnahme des Segelreviers in Kiel oder Lübeck und des Military-Parcours in Luhmühlen lägen in einem Radius von 15 Kilometern.

Das noch zu bauende Olympiastadion (mit taxierten Kosten von 300 Millionen Euro ein Knackpunkt der Bewerbung) wäre zu Fuß vom Hauptbahnhof in 20 Minuten zu erreichen. Die schon bestehende U-Bahn-Linie 4 würde um weitere Stationen bis zu Olympischem Dorf und Stadion verlängert. Von der Hafenwirtschaft, die den Kleinen Grasbrook besiedelt, gab es Signale, dass sie sich einen Umzug westwärts vorstellen könnte. Kein Mensch müsste umgesiedelt werden; es gibt dort fast nur Industrie oder Hafenwirtschaft.

31 der 35 für Olympia benötigten Stätten gibt es schon. Viele, wie die Ruderstrecke in Neu-Allermöhe, müssten aber erheblich modernisiert werden. Die Handelskammer rechnet mit Gesamtkosten von etwa 6,5 Milliarden Euro. Eine Milliarde davon soll die Stadt aufbringen. Der Rest, vor allem für die Verkehrsinfrastruktur, fiele auf den Bund.

Hamburg würde wieder ein Stück zusammenwachsen

Die Nachnutzungspläne erscheinen plausibel. Süden und Norden der Hansestadt würden wieder ein Stück zusammenwachsen, denn im olympischen Dorf entstünden viele Wohnungen. Zudem könnte der Olympiastützpunkt vom Dulsberg hierhin wandern; Sportverbände könnten mitziehen. Hamburgs Sport hätte eine Heimat. Das Olympiastadion soll später auf 20.000 Plätze zurückgebaut werden – als künftiges Leichtathletikstadion.

„Eine olympische Bewerbung ist ein Marathonlauf und kein Sprint“, sagt Michael Neumann. In der Tat geht es wohl eher um die Spiele 2028, für die sich Hamburg bewirbt, weil man im deutschen Sport davon ausgeht, dass die Spiele in zehn Jahren an einen der vier amerikanischen Bewerber gehen. Sollte Hamburg als deutscher Bewerber bei der Wahl 2017 scheitern, gibt es die Bereitschaft, es noch einmal zu probieren. Das allerdings ist auch abhängig davon, wie lange Hafenflächen für die olympischen Pläne freigehalten werden können.

Weite Teile der Politik in Hamburg sind eher für als gegen eine Bewerbung; bislang hat nur die Linke ihr „Nein“ formuliert. Eine vernehmbare Gegenbewegung fehlt bislang – wie belastbar die Zahl der 73 Prozent Olympiabefürworter ist, die das „Hamburger Abendblatt“ in einer Umfrage im Juli herausgefiltert hat, sei aber dahingestellt. Erfahrungsgemäß nimmt die Zahl der Gegner zu, je näher das Ereignis samt Folgen und Kosten rückt.

Da man hierzulande kein Großprojekt mehr gegen den Willen der Menschen durchdrücken kann (und Scholz das auch nicht will), plant der Hamburger Senat für den Fall des Zuschlags durch den DOSB ein Referendum im Mai 2015. Dafür müsste aber die Verfassung geändert werden. Es gibt bereits eine Gesetzesinitiative, die diese Verfassungsänderung möglich machen würde – interessanterweise eingebracht von der CDU, nicht von der regierenden SPD.

In Berlin ist ein Referendum noch umstritten und der Weg dorthin unklar.

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