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Ursula Haverbeck am Montag vor Gericht.
© REUTERS

Amtsgericht Berlin-Tiergarten: Haftstrafe für uneinsichtige Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck

Die 88-Jährige Ursula Haverbeck ist in Berlin zu sechs Monaten Haft verurteilt worden, weil sie den Holocaust als Lüge bezeichnet. Es ist nicht ihre erste Verurteilung.

Der Antisemitismus sei eine Krankheit, die unheilbar sei, schrieb der polnische Journalist Leo Pinsker Anfang des 20.Jahrhunderts. Und wurde noch deutlicher: „Die Judophobie ist eine Psychose und als Psychose ist sie hereditär.“ Ob Ursula Haverbeck, eine bereits mehrfach verurteilte Holocaustleugnerin, Antisemitin ist, wurde am Montagmorgen zwar nicht vor dem Amtsgericht Tiergarten verhandelt. Dafür aber Aussagen der 88-Jährigen, die in der Regel exklusiv von Antisemiten getätigt werden.

Etwa diese: „Der Holocaust ist eine der größten Lügen der Geschichte.“ Gesagt haben soll sie das im Januar 2016 auf einer Veranstaltung in Lichtenrade. Damit nicht genug: Auch die Gaskammern von Auschwitz, so soll sie damals gesagt haben, seien „nicht echt“. Haverbeck wies die Vorwürfe am Montag zurück. Ihre Äußerungen seien lediglich Zitate aus einem Buch des israelischen Politaktivisten Gilad Atzmon gewesen, das sie in Berlin vorgestellt habe.

Anwalt fordert Vertagung

Richterin Anke Ploner wirkte skeptisch. Sie selbst habe das Buch gelesen und die entsprechenden Zitate nirgends finden können. Doch Haverbeck insistiert: „Die sind da drin!“ Allerdings widersprach ihr auch der einzige Zeuge im Prozess, ein freier Journalist aus Hamburg. Und seine Worte wogen schwer: denn er war damals vor Ort, um für das NDR-Politikmagazin Haverbecks Auftritt zu filmen. Sie habe an dem Abend gleich mehrere rechtsextreme Autoren zitiert und sich deren Aussagen vollständig zu eigen gemacht, sagte er – „das war eindeutig.“ Beim Publikum sei es gut angekommen: „Es gab viel Applaus.“

Haverbecks Anwalt Wolfram Nahrath hatte seinerseits zuvor versucht, den Prozess vertagen zu lassen. Als Begründung führte er in seinem 23-seitigen Antrag unter anderem an, dass eine Verurteilung wegen Holocaust-Leugnung nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuches dem Grundgesetz widerspreche. Richterin Ploner möge deshalb den Ausgang von entsprechenden Prozessen abwarten, die derzeit am Verfassungsgericht anhängig seien. Doch die Richterin lehnte ab: dafür sehe sie keinen Anlass.

Sechs Monate - ohne Bewähung

Letztlich folgte Ploner auch nicht Haverbecks Beteuerungen, dass sie lediglich andere Autoren zitiert habe, ohne sich ihre Äußerungen zu eigen zu machen. „Es besteht aus meiner Sicht kein Zweifel daran, dass die Aussagen so gefallen sind“, sagte sie. Sie verurteilte Haverbeck deshalb zu einer Haftstrafe von sechs Monaten - ohne Bewährung - und blieb damit nur knapp unter der Forderung von Staatsanwalt Nicolas Behrend, der neun Monate Haft gefordert hatte.

Weil die Angeklagte bereits mehrfach zuvor verurteilt worden war, sah die Richterin keine Möglichkeit, statt einer Haft- eine Geldstrafe anzusetzen. „Ich erkenne hier eine gewisse Uneinsichtigkeit“, sagte Ploner.

Tatsächlich war die 88-Jährige zuletzt im November 2016 wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Das Amtsgericht im niedersächsischen Verden verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gegen sie. Haverbeck hatte zuvor in mehreren Beiträgen in der Zeitschrift „Stimme des Reiches“ den Holocaust geleugnet. Auch in ihrem Schlusswort vor Gericht sprach Haverbeck damals von einer „Auschwitz-Lüge“ und betonte, das Konzentrationslager sei kein Vernichtungslager, sondern ein Arbeitslager gewesen, wo keine Menschen vergast worden seien.

Bereits im Oktober 2016 hatte das Amtsgericht Bad Oeynhausen die Frau wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe von elf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Im September verhängte das Amtsgericht Detmold eine achtmonatige Haftstrafe gegen sie, und im November 2015 war Haverbeck vom Amtsgericht Hamburg zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Alle diese Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Ob Haverbeck wegen der jüngsten Verurteilung in Berlin nun tatsächlich ins Gefängnis kommt, bleibt allerdings abzuwarten – denn noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.

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