Rechtsextremismus: Haben Rudower Brandstifter auch Imbiss angezündet?
Die Neonazis, die in Rudow zwei Brandanschläge auf Häuser von Migranten verübt haben sollen, sind möglicherweise auch für den Anschlag auf einen türkischen Imbiss im Berliner Umland verantwortlich.
Die Polizei prüft derzeit einen Zusammenhang zwischen beiden Taten. In Blankenfelde hatten Unbekannte am 20. April – dem Geburtstag Adolf Hitlers – den Kiosk von Haci Demir am Bahnhof angezündet. Die Tat geschah nur 90 Minuten nach dem Anschlag auf den türkischen Unternehmer Bayram Yildirim in Rudow. Die Täter sind bis heute nicht gefasst. Doch nach der Aufklärung der beiden Brandanschläge von Rudow „werden wir mit den Berliner Kollegen sprechen“, hieß es im Potsdamer Polizeipräsidium.
Die Ausführung der Taten soll ähnlich sein: Es wurden jeweils Flaschen mit Benzin benutzt. Wie berichtet, hat die Polizei am Dienstag den 16-jährigen Markus P. und den 18-jährigen Robert H. festgenommen, sie sitzen jetzt in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Mord vor. Ein weiterer 18-Jähriger, der in unmittelbarer Nähe zu den Rudower Tatorten wohnt, blieb auf freiem Fuß. Der polizeibekannte Julian B. soll zwar an der Vorbereitung beteiligt gewesen sein, nicht aber an den Taten selbst.
Nach Angaben von Antifagruppen soll es zudem eine enge Verbindung zwischen den Rudower Neonazis und den „Freien Kräften Teltow-Fläming“ geben. Die Rudower Szene wird von linken Beobachtern so beschrieben: Die Rechten seien sehr jung, und die Gegend, in der sie wohnen, sei sehr ruhig. Offenbar zu ruhig für das knappe Dutzend junger Männer, die sich im Süden Neuköllns zur „Division Rudow“ zusammengeschlossen hat. Die 16 bis 25 Jahre alten Aktivisten seien der militante Teil der „Aktionsgruppe Rudow“, die aus 30 Rechtsextremen aller Altersgruppen bestehe, erklärt Anne Benzing, die bei der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus“ für Neukölln zuständig ist.
Die beiden kürzlich in Haft genommenen Verdächtigen waren in Berlin offenbar gut vernetzt. Sie sollen auch bei kleineren Aktionen zusammen mit Treptower und Lichtenberger Neonazis gesehen worden sein. „Eine sehr aktionistische Clique“, sagt Anne Benzing. Nach Auskunft der Expertin gehört die „Division Rudow“ zum Spektrum der „autonomen Nationalisten“, die sich auf öffentlichen Veranstaltungen teilweise vermummen und spontan Krawalle provozieren.
Das „Antifaschistische Bündnis Südost“ hat unter anderem ein Foto ins Internet gestellt, auf dem Robert H. auf einem Neonazikonzert zu sehen sein soll, das 2007 in Schöneweide stattgefunden haben soll. Dieses Konzert gilt in der Szene als Beweis, dass es 2007 sehr wohl Neonazikonzerte gegeben hat. Wie berichtet, hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) Ende vergangenen Jahres mitgeteilt, dass in Berlin „2007 keine rechtsextreme Musikveranstaltung“ stattgefunden habe.
Alle drei Tatverdächtigen sind im Süden Neuköllns aufgewachsen. Anders als im Norden des Bezirks leben in Rudow nur wenige Berliner nichtdeutscher Herkunft. Unter Anwohnern galt das Blumenviertel, in dem die Anschläge verübt wurden, als sicher. Doch der Schein des ruhigen Viertels trüge, sagen ehemalige Rudower. Schon vor 20 Jahren wohnten in der Gegend Mitglieder der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP), einem Neonazi-Verein, der 1995 vom Bundesinnenministerium verboten worden war.