Wegen Doppelabiturs: Gymnasien lassen Unterricht tagelang ausfallen
Einige Tausend Berliner Familien müssen dieses Jahr ihre Ferienplanung vom Rest der Stadt abkoppeln: Wegen des Doppelabiturs werden an vielen Gymnasien Schüler der unteren Klassen keinen Unterricht haben.
Viele Gymnasien haben sich dazu entschlossen, ihren Schülern drei oder sogar fünf Tage früher freizugeben, um in dieser Zeit Ruhe für hunderte mündliche Prüfungen zu haben. Zusätzlich wird noch im April/Mai mit massenhaftem Unterrichtsausfall gerechnet, weil sich die schriftlichen Prüfungen und Korrekturen des doppelten Abiturientenjahrgangs sonst kaum bewältigen lassen.
Das Problem war absehbar, aber noch hat niemand einen Überblick, wie die rund 90 Gymnasien verfahren, da ihnen kein starres Schema für die Organisation vorgegeben wurde. Zudem haben manche Schulen noch nicht entschieden, wie viele freie Tage sie überhaupt geben wollen. Allerdings hat die Bildungsverwaltung festgelegt, dass die Eltern bis Ende Januar „über diese Ausnahmesituation und die damit verbundenen Konsequenzen“ informiert werden sollen. Tatsache ist, dass statt üblicherweise 11.000 rund 18.000 Abiturienten prognostiziert werden. Zudem müssen zeitgleich rund 20.000 Zehntklässler Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss ablegen.
Zu den Gymnasien, die ihre Eltern frühzeitig über die Konsequenzen dieses Prüfungsmarathons informiert haben, zählt das Tegeler Humboldt-Gymnasium. „Wir haben die Familien im September vorgewarnt und vor Weihnachten alles verbindlich bekannt gegeben“, berichtet Direktor Bernd Kokavecz. An seiner Schule haben die fünften bis neunten Klassen bereits eine Woche vor den Osterferien frei, weil rund 460 Prüflinge betreut werden müssen: Dazu gehören neben den Abiturienten noch rund 150 Zehntklässler mit ihren aufwendigen Präsentationsprüfungen.
Ähnlich verfährt das Werner-von-Siemens-Gymnasium in Nikolassee. Schulleiter Ulrich Janotta hat dieses Jahr 240 Abiturienten statt – wie üblich – 120 bis 140. Auch hier wissen die Eltern seit Dezember, dass in der Woche vor den Ferien kein Unterricht stattfindet. Allerdings wird auf Wunsch der Eltern für die Fünftklässler ein Englischworkshop angeboten. Die Elftklässler bekommen an zwei Tagen Berufsorientierung. Janotta vermutet, dass „die meisten Gymnasien mindestens drei Tage dichtmachen“.
Unterrichtsausfall ist "unabwendbar"
Zu den Gymnasien, die weniger Unterricht ausfallen lassen, gehört das Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasium. „Wir schicken die Klassen fünf bis acht einen Tag zum Wandern“, sagt Schulleiter Ralf Treptow. Die Neuntklässler nehmen als „Gäste“ an den Präsentationsprüfungen der Zehntklässler teil, um zu erleben, wie so etwas abläuft. Abgesehen davon gibt es nur einen weiteren Tag frei, obwohl an der Schule 195 Abiturienten und 120 Zehntklässler betreut werden müssen.
Jochen Pfeifer vom John-Lennon-Gymnasium in Mitte wirbt um Verständnis für die sehr unterschiedlichen Lösungen. Es hänge sehr stark von den baulichen und personellen Bedingungen einer Schule sowie von den jeweiligen Kursangeboten und Kombinationen ab, wie viele Tage der Unterricht ausfallen müsse. Er selbst gibt nur drei Tage vor Ostern frei, obwohl er 210 Abiturienten hat.
Bei Landeselternsprecher Günter Peiritsch sind bislang kaum Beschwerden wegen des Unterrichtsausfalls eingegangen. Das kann sich noch ändern, denn nach den Osterferien geht es mit den freien Tagen weiter. So wird es am Droste-Hülshoff- Gymnasium vor Himmelfahrt drei Tage keinen Unterricht geben. Dies bedeutet, dass insgesamt vom 12. bis 20. Mai schulfrei ist, denn nach Himmelfahrt haben sowieso alle Schulen einen „Brückentag“, berichtet Direktorin Elke Wittkowski.
Die Bildungsverwaltung hat zwar erwartet, dass Unterricht ausfallen wird. Allerdings wohl nicht in dem Ausmaß. In ihrem Rundschreiben zum „Abitur 2012“ ist lediglich von „Unterrichtsausfall in einzelnen Lerngruppen oder Klassenstufen“ die Rede, der „unabwendbar“ sein könnte , sowie davon, dass Familien „im Zusammenhang mit den Feiertagen im Mai“ eine „Chance für private Planungen“ haben.
Die Gymnasien sehen keinen anderen Ausweg: Da die Sommerferien in diesem Jahr schon Mitte Juni und damit extrem früh beginnen, haben sie kaum Spielraum für ihre Planungen. Anders ist die Situation an den Gesamtschulen: Da sie kein „Turboabitur“ anbieten müssen, haben sie auch keinen Doppeljahrgang.