Civey-Umfrage zur Berlin-Wahl: Grüne ziehen an CDU vorbei, SPD auf Platz drei
Vorteil Jarasch: Meinungsforscher von Civey sehen die Grünen acht Monate vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl vorn. Eng ist das Rennen um den dritten Platz.
In acht Monaten, am 26. September, wird in Berlin das Abgeordnetenhaus neu gewählt. Die Spitzenkandidaten der im Landesparlament vertretenen Parteien bringen sich allmählich in Stellung, auch wenn vom Wahlkampf, vor allem wegen Corona, noch nicht viel zu spüren ist.
Wo stehen die Parteien derzeit in der Wählergunst, wie sind ihre Ausgangspositionen für die nächsten, die Wahl entscheidenden Monate? Und wie hat sich für Regierung und Opposition in dieser Legislaturperiode der Meinungstrend in Berlin entwickelt?
Momentan haben die Grünen, nachdem sie der CDU für einige Monate die Spitzenposition überlassen mussten, wieder die Nase vorn. Die Umweltpartei kommt nach einer repräsentativen Umfrage der Meinungsforscher von Civey für den Tagesspiegel auf einen Stimmenanteil von 22,1 Prozent. Gefolgt von den Christdemokraten mit 19,4 Prozent, während sich SPD und Linke mit 16,8 und 16,7 Prozent ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz liefern.
Dahinter kommt die AfD, die in der aktuellen Sonntagsfrage für die Abgeordnetenhauswahl auf 10,8 Prozent kommt. Die Freien Demokraten, die im vergangenen Jahr in den Umfragen zeitweilig unter die Marke von fünf Prozent gerutscht sind und deshalb um den Wiedereinzug in das Landesparlament bangen mussten, haben sich mit sieben Prozent leicht erholt.
Im Großen und Ganzen spiegelt sich in dieser Umfrage der Bundestrend wider, sieht man davon ab, dass die Union auf der Bundesebene weit vor den Grünen liegt. Da am 26. September auch die Bundestagswahl stattfindet, setzen wohl beide Parteien in Berlin darauf, dass ihre guten Werte im Bund dann auch auf die Abgeordnetenhauswahl abfärben. Die Berliner SPD wiederum hofft, sich vom anhaltend schlechten Meinungstrend auf Bundesebene noch rechtzeitig abkoppeln zu können. Ob alle diese Erwartungen realistisch sind, werden wir erst am Wahlabend wissen.
AfD büßt 3,5 Prozentpunkte seit der Wahl 2016 ein
Aber wie haben sich die Parteien in Berlin in der gesamten Regierungszeit von Rot-Rot-Grün seit der Abgeordnetenhauswahl im September 2016 geschlagen? Ziehen wir erst einmal die Gesamtbilanz: Die CDU konnte – im Vergleich des letzten Wahlergebnisses mit der jüngsten Umfrage – knapp zwei Prozentpunkte zulegen. Die Sozialdemokraten haben fast fünf Prozent der Wählerstimmen verloren, während die Grünen etwa sieben Prozent zulegen konnte. Die Linken stehen momentan ein Prozentpunkt besser da als bei der letzten Wahl, die AfD verlor rund 3,5 Prozent und die FDP blieb stabil bei sieben Prozent. Der große Gewinner sind demnach die Grünen, der große Verlierer die SPD.
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Recht stabil in der Wählergunst zeigten sich in dieser Legislaturperiode in allen Umfragen Linke, FDP und AfD. Das könnte auf eine relativ treue Wählerbasis hinweisen, die nicht ohne Weiteres zu anderen Parteien oder ins Nichtwählerlager wechselt. Anders die Berliner Grünen, deren Umfragewerte seit der letzten Wahl zwischen „zu Tode betrübt“ und „himmelhoch jauchzend“ schwankten. Seit mehr als zwei Jahren gelang es allerdings nur der CDU, die Grünen von der Poleposition wenigstens zeitweilig zu verdrängen. Jetzt sind die Klimaschützer wieder vorn.
Interessant ist, dass die Trendkurven der Grünen einerseits und der SPD sowie der CDU andererseits gegenläufig sind. Grob gesagt: Geht die Umweltpartei nach oben, tauchen die anderen ab. Offenbar ziehen die Grünen in ihren guten Zeiten Wählergruppen von den Sozial- und Christdemokraten zu sich herüber, die in Schwächephasen wieder zurückwandern.
Die langfristigen Meinungstrends in Berlin folgen übrigens weitgehend den Umfragen auf Bundesebene. Allen Erfahrungen nach weichen die Ergebnisse von Landtagswahlen auch nur dann klar von Bundestagswahlen ab, wenn es einzelnen Parteien gelingt, sich mit herausragendem Spitzenpersonal attraktiv für die Anhänger der anderen Parteien zu machen.
In Berlin ist es zuletzt der SPD bei der Abgeordnetenhauswahlen im Jahr 2011 mit Klaus Wowereit gelungen, erkennbar über dem Bundestrend der eigenen Partei zu bleiben. Davor waren es die CDU-Spitzenkandidaten Eberhard Diepgen bei der Wahl im Jahr 1999 und Richard von Weizsäcker im Jahr 1981.