Fremdenfeindliche Beleidigung: Grundschulklasse in S-Bahn rassistisch beschimpft
Auf dem Weg zu einem Faschingsausflug wurde eine Schulklasse mit zehn- bis elfjährigen Kindern von einem Fahrgast beschimpft: "Türkenpack ab nach Auschwitz". Die Lehrer aus Kreuzberg wollen Anzeige erstatten.
Für die 18 Kinder einer Kreuzberger Schulklasse sollte es ein entspannter Ausflug zu Fasching werden. Aber was die zehn- bis elfjährigen Schüler der E.-O.- Plauen-Grundschule und ihre beiden Pädagogen am Montagmittag in der S-Bahn erlebten, trübte die Stimmung gewaltig. Sie waren unterwegs vom Ostbahnhof zum Alexanderplatz, um am Rosenmontag gemeinsam zu bowlen, als sie Opfer wüster rassistischer Beschimpfungen eines Fahrgastes wurden. Laut schimpfte der Mann mittleren Alters „Scheißtürken“, „Türkenpack ab nach Auschwitz“ und „sollte man vergasen“. Der Großteil der Schüler hat einen Migrationshintergrund, die meisten Jungen und Mädchen sind türkischstämmig. Der Zug war voll, andere Fahrgäste schritten nicht ein. Die Pädagogen rieten den Kindern, den Mann zu ignorieren: „Schaut einfach nicht hin!“ Es waren nicht die einzigen Beleidigungen, die die Klasse in dem Zug hörte. Schon zuvor hatte sich eine Frau rassistisch geäußert. Anders als der Mann murmelte sie aber nur leise vor sich hin: „Das ist ja gar nicht mehr deutsch hier. Deutschland den Deutschen.“
Die Pädagogen habe auch erschüttert, dass sie keinerlei Hilfestellung auf dem Bahnhof erhielten, sagt Direktorin Dagmar Döntgen-Dreissig. Als die Klasse am Alexanderplatz ausstieg, wandte sich ein Lehrer an den Zugführer, da sonst kein S-Bahn-Personal zu erreichen war. Dieser sah sich jedoch nicht in der Lage, den Zug stehen zu lassen, damit der Mann festgenommen werden kann. Er müsse weiterfahren. Der Zugführer verwies auf die Bundespolizei. Einer ihrer Beamten am Alexanderplatz empfahl den Pädagogen, Anzeige gegen unbekannt zu erstatten.
Für die E.-O.-Plauen-Grundschule, an der rund 90 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund haben, ist dies der erste Vorfall dieser Art. „So etwas ist uns noch nicht passiert“, sagt die Schulleiterin. Man habe jetzt die Polizei kontaktiert, damit das Ganze auch für die Kinder aufgearbeitet werden kann. Zudem will die Schule Anzeige erstatten.
Bei der S-Bahn hieß es gestern, dass man den Vorfall sehr ernst nehme und schnell aufklären wolle. „Den betreffenden Mitarbeiter konnten wir noch nicht befragen, da er wegen seines Schichtdienstes derzeit nicht erreichbar ist“, hieß es in einer Stellungnahme. Klar sei, „dass wir rassistische Beleidigungen nicht dulden“. Ein Triebfahrzeugführer solle in solchen Fällen sofort den Lagedienst Sicherheit informieren, damit mobile Sicherheitskräfte der Bahn oder die Polizei die Personalien feststellen können. Man werde ermitteln, „ob der genannte Kollege nach Abfahrt des Zuges entsprechend gehandelt hat“. Die Zugfahrt solle dann unterbrochen werden, wenn Übergriffe eine Gefahr für Leib und Leben darstellen. Ein direktes Eingreifen sei für die Bundespolizei schwer, wenn der Zug bereits abgefahren ist, sagte deren Sprecher Meik Gauer. Auf jeden Fall solle ein solcher Vorfall angezeigt werden. „So etwas darf man nicht dulden und hinnehmen“, sagt Gauer. Die Äußerungen erfüllen den Straftatbestand der Volksverhetzung. In diesen Fällen übernimmt die Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes die Ermittlungen.
Ein S-Bahn-Sprecher verwies zudem darauf, dass sich auch die S-Bahn an der bundesweiten Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer rechtsextremer Gewalt beteiligen werde. Am Donnerstag um 12 Uhr werden dann auch die S-Bahnzüge, die zu diesem Zeitpunkt im Bahnhof stehen, dort für eine Minute bleiben.
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