Atommüll in Deutschland: Großteil Brandenburgs geologisch für Endlager geeignet
Ein Bericht zeigt; Auch Teile Brandenburgs und Gebiete am Stadtrand von Berlin kommen geologisch ganz grundsätzlich für ein Endlager infrage.
Weite Teile Brandenburgs sind aus Sicht von Experten grundsätzlich geologisch für ein Atommüll-Endlager geeignet. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung hat am Montag in einem Zwischenbericht insgesamt 17 Teilgebiete im Land aufgelistet. Darunter sind Landkreise im Süden, Osten, Westen und Norden sowie drei kreisfreie Städte.
Das Endlager soll unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin - also vor allem Granit - entstehen. In einer Übersichtskarte markieren die Autoren des Berichts große Teile der in Frage kommenden Fläche als Tongestein-Boden, darunter im Westen, Nordwesten und Südosten. Unter anderem im Süden werden auch Gebiete mit Steinsalz ausgewiesen, darunter in der Niederlausitz. Gebiete mit kristallinem Wirtsgestein gibt es demnach ebenfalls im Süden an der Grenze des Landes zu Sachsen. Die Teilgebiete überlagern sich teilweise.
2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden. Der Bericht listet erst einmal alle Regionen in Deutschland auf, „die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen“, so schreibt es das entsprechende Gesetz vor.
Deswegen sind es noch ziemlich viele und teils auch recht große Gebiete. Konkreter wird es erst in den kommenden Jahren. In Deutschland wird im Jahr 2022 das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet.
In dem Zwischenbericht der Bundesgesellschaft sind die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Havelland, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und der Kreis Ostprignitz-Ruppin aufgelistet, die für eine Endlagerung hochradioaktiver Abfälle grundsätzlich geeignet sind. Auch die kreisfreien Städte Potsdam, Cottbus und Brandenburg an der Havel sind aufgeführt.
Neben Brandenburg halten die Experten auch Gebiete in anderen ostdeutschen Bundesländern für geeignet, darunter Sachsen und Sachsen-Anhalt. Unter anderem sind auch Teile am Rande von Berlin, etwa in den Bezirken Reinickendorf, Spandau und Treptow-Köpenick sowie Teilflächen am Stadtrand in Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln in einer entsprechenden Karte zu den Teilgebieten farblich markiert. Dies liegt an Tongesteinsschichten, die im Untergrund liegen. Weite Teile Berlins sind dabei nicht farblich markiert.
Nur geologische Kriterien betrachtet
Allerdings wurden bislang nur geologische Kriterien betrachtet, die die Langzeitsicherheit betreffen. Kriterien wie die Siedlungsdichte wurden bislang nicht herangezogen. "Ein heute ausgewiesenes Teilgebiet ist noch lange kein Endlager", sagte BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz am Montag in Berlin.
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Insgesamt umfassen die von der Bundesgesellschaft ausgewiesenen Teilgebiete eine Fläche von rund 194.000 Quadratkilometern, die günstige geologische Voraussetzungen für ein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle aufweisen, wie die BGE mitteilt. Dies sind rund 54 Prozent der Fläche der Bundesrepublik. In der Summe wurden 90 Teilgebiete benannt. Der Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist nicht darunter.
Karten der BGE zeigen, dass vor allem der Norden Deutschlands, die ostdeutschen Bundesländer sowie Bayern und Baden-Württemberg betroffen sind. „Die Chance, in Deutschland den Standort für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle zu finden, der Sicherheit für eine Million Jahre bietet, steht sehr gut. Das zeigen die 90 Teilgebiete überall im Land“, sagt Stefan Studt, Vorsitzender der Geschäftsführung der BGE.
Teilgebiete sind jene Gebiete in Deutschland, die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in einem der drei Wirtsgesteine erwarten lassen.
Umwelt-Staatssekretär Tidow: Keine Aussage zu tatsächlicher Einigung der Tonschichten in Berlin
Von der Umweltverwaltung in Berlin hieß es am Montag: "Mit dem Zwischenbericht der BGE liegt eine erste Untersuchung für ganz Deutschland vor, die auf rein geologischen Kriterien und Mindestanforderungen für einen künftigen Endlager-Standort beruht. Am nordwestlichen und am südlichen Stadtrand von Berlin befinden sich Tonschichten, die laut Bericht aus rein geologischer Sicht die Mindestanforderungen zu erfüllen scheinen."
[Eine interaktive Karte der BGE mit einer Übersicht zu den ermittelten Teilgebieten finden Sie hier.]
Dazu teilte Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow mit: "Eine Aussage zu einer tatsächlichen Eignung der Tonschichten in Berlin und im Berliner Umland als Standorte für ein Endlager ist damit nicht verbunden und auch keine Festlegung, dass diese Gebiete weiter untersucht werden."
Das weitere Verfahren sieht laut Umweltverwaltung so aus, dass der Bundestag am Ende der ersten Untersuchungsphase entscheide, welche Gebiete weiter untersucht werden. "Spätestens in der zweiten Untersuchungsphase werden auch planungswissenschaftliche Abwägungskriterien und damit raumplanerische Aspekte zum Tragen kommen und es wird eine Rolle spielen, ob Tonschichten in einer dicht besiedelten Metropolregion liegen", so die Umweltverwaltung.
Endlager-Suche neu gestartet
Dazu erklärte Staatssekretär Tidow, das gesetzlich geregelte Auswahlverfahren setze auf wissenschaftliche Kriterien, wodurch sichergestellt werde, "dass der Standort für ein Endlager für Atommüll in einem wissenschaftsbasierten, partizipativen und transparenten Verfahren ermittelt wird. Diesem Verfahren fühlen wir uns verpflichtet und nehmen in diesem Sinne diesen allerersten Zwischenbericht zur Kenntnis."
Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte am Montag: „Eine Vorfestlegung auf einen Standort ist mit dem Zwischenbericht nicht verbunden. Es ist richtig, das Verfahren wissenschaftlich und nicht politisch zu führen. Deutschland steht in der Verantwortung, das Kapitel Atomkraft mit dem sicherst möglichen Endlager abzuschließen.“
Der Fraktionschef der Berliner SPD, Raed Saleh, teilte am Montag mit: "Ich halte es für ausgeschlossen, dass man ein Atommüll-Endlager unter der größten und dichtest besiedelten deutschen Stadt baut."
Nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben wurde die Endlager-Suche komplett neu gestartet. Ausgehend von einer „weißen Landkarte“, auf der erst mal jeder Ort grundsätzlich in Frage kommt, werden mögliche Standorte nun nach wissenschaftlichen Kriterien nach und nach eingegrenzt. Am Ende soll dann aber die Politik die Entscheidung über den Standort treffen - basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Über verschiedene Formate können sich Bürger, Gemeinden und Organisationen in den Prozess einbringen.
Grüne: „Die Endlagersuche hat nur dann eine Chance auf Erfolg, wenn die Menschen von Anfang an dabei sind.“
Die Grünen in Brandenburg fordern bei der Endlagersuche ein Verfahren, das auf wissenschaftlichen Grundlagen basiert - und nicht auf politischen. Transparenz und Bürgerbeteiligung seien bei dem Auswahlprozess ganz entscheidend, betonte die Landesvorsitzende Julia Schmidt. „Die Endlagersuche hat nur dann eine Chance auf Erfolg, wenn die Menschen von Anfang an dabei sind.“
Ähnlich äußerte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Brandenburg, der eine ernstgemeinte Beteiligung der betroffenen Regionen forderte. „Niemand will Atommüll in seiner Region haben, diese Haltung ist vollkommen nachvollziehbar“, erklärte der Vorsitzende Carsten Preuß. Die Auswahl dürfe deshalb nur nach wissenschaftlich gesicherten Kriterien erfolgen. Er kritisierte, dass in dem Bericht nicht alle Daten und Informationen freigegeben sind, und forderte dazu entsprechende gesetzliche Verordnungen.
Auch CDU-Fraktionschef Jan Redmann verlangte, bei der Auswahl des Standortes für ein Endlager den „tatsächlich sichersten Standort ohne politische Beeinflussung“. Außerdem trage Brandenburg mit Braunkohle und Windkraft im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits überproportional die Lasten der Energieversorgung, argumentierte er. Seine Forderung: Genauso geeignete Standorte in anderen Ländern sollten stärker in den Blick genommen werden. Die Freien Wähler forderten, für die Endlagerung nicht nur dicht besiedelte Regionen, sondern auch stark vom Tourismus abhängige Regionen auszulassen. (mit dpa)