Berlin: Großer Abspann für Frank Beyer
Auf der gestrigen Trauerfeier für den Filmregisseur nahmen zahlreiche Prominente Abschied
Seit Jahren, wenn nicht sogar Jahrzehnten, hat wohl kein Tod eines aktiven deutschen Filmregisseurs eine vergleichbare Anteilnahme ausgelöst wie der des „Spur der Steine“-Schöpfers Frank Beyer am 1. Oktober. Dementsprechend prominent waren die Gäste, die sich gestern zur Trauerfeier in der Akademie der Künste eingefunden hatten: Neben vielen anderen sprachen Inge Keller, Carmen-Maja Antoni, Winfried Glatzeder, Sylvester Groth, Henry Hübchen, Manfred Krug und Ulrich Matthes Beyers letzter Lebensgefährtin Karin Kiwus ihr Beileid aus.
Auf das Konto des Verstorbenen gehen nicht nur zahlreiche künstlerische und kommerzielle Erfolge. Das Besondere an ihm brachte Wolfgang Thierse, der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, auf den Punkt: Beyers Karriere, mit ihren Hoffnungen, Triumphen und Niederlagen, war exemplarisch für die eines DDR-Künstlers. Für einen Politiker ungewöhnlich emotional las Thierse aus SED-Protokollen vor, in denen dem Regisseur Undankbarkeit und Uneinsichtigkeit vorgeworfen wurden.
Frank Beyer hatte nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann eine Protestresolution mit unterzeichnet und sich geweigert, diesen Schritt zu widerrufen. Thierse verschwieg auch nicht die größte Demütigung, die Beyer nach der Wende erleben musste, als ihm die Regie des WDR-Fernsehmehrteilers „Jahrestage“ entzogen wurde. Armin Mueller-Stahl, der sich von Los Angeles aus brieflich meldete, machte sogar die beruflichen Probleme für die Verschlechterung von Beyers Gesundheit verantwortlich.
Selbst wenn es so war: Beyer gefiel sich niemals in der Märtyrerrolle und war nach den Worten von Manfred Krug ein Mann, der „seine Ohnmacht vornehm verborgen hat“. In den Monaten vor seinem Tod dachte er daran, eine Komödie zu inszenieren, und pfiff gern Operettenmelodien vor sich hin. Mit seinen Filmen habe er anderen Menschen Mut gemacht: Der Akademiepräsident Klaus Staeck wäre nach eigener Aussage nie in den Westen geflohen, wenn die DDR so ausgesehen hätte wie in „Spur der Steine“.
Beyers aufrechten Gang erklärte sich sein Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase aus der Kindheit in einem sozialdemokratischen Elternhaus, aus dem Verschwinden von Schulfreunden, die Opfer stalinistischer Säuberungen geworden sind, aus der prägenden Freundschaft mit dem Holocaust-Überlebenden Jurek Becker und aus negativen Erfahrungen im kapitalistischen Ausland, wo Beyer ab 1980 arbeiten konnte.
Parteipolitisch ließ er sich nie vereinnahmen. „Zur deutschen Wiedervereinigung“, so Kohlhaase, „hat er sein Gewissen mitgebracht.“ Gedankt wurde es ihm nur in Maßen, den Deutschen Filmpreis fürs Lebenswerk nahm er 1991 mit gemischten Gefühlen entgegen. Im Rückblick besteht kein Grund zur Verbitterung mehr, weil Beyer zu Lebzeiten Filmgeschichte geschrieben hat. Darüber hinaus hatte er ein ausgefülltes Privatleben. Manfred Krug versicherte dem Freund im Himmel: „An dich kann man sich wunderbar leicht erinnern.“
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