Architekturbüro gmp in der Kritik: Große Bauten, hohe Kosten
Die Flughafengesellschaft sieht die Architekten, die Aufsicht führten, als Verantwortliche für das Desaster um den Eröffnungstermin. Tatsächlich ist es bei anderen Berliner Großprojekten schon früher zu Problemen gekommen.
Am Flughafen ist man sich sicher: Die Pleite mit der verschobenen Eröffnung sei vor allem durch das Architekturbüro gmp (Gerkan, Marg und Partner) verursacht worden. Das Büro, das auch für die Bauaufsicht zuständig ist, habe zu spät darauf hingewiesen, dass der Termin 3. Juni nicht mehr zu halten ist, heißt es. Gmp lehnte es ebenso wie das mitbeteiligte Architekturbüro JSK ab, sich zu äußern und verwies auf die Zuständigkeit des Flughafens für Auskünfte.
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Dass es besondere Probleme mit der Entrauchungsanlage gibt, war seit Wochen bekannt. Die Planer hätten zugegeben, dass es Probleme gebe, aber stets versichert, die Schwierigkeiten rechtzeitig in den Griff bekommen zu können, heißt es. Auch auf Nachfragen. Erst als man in der Flughafengesellschaft festgestellt habe, dass in letzter Minute weitere Aufträge für Einbauteile der Entrauchungsanlage vergeben worden waren, sei man misstrauisch geworden und habe am Donnerstag der vergangenen Woche eine Krisensitzung angesetzt, in der die Planer nach hartnäckigem Nachfragen dann eingestanden hätten, dass der Termin nicht mehr zu halten sei, heißt es. Am Wochenende folgten dann weitere hektische Sitzungen, bis am Montagnachmittag endgültig feststand, dass die Eröffnung verschoben werden muss.
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„Der Flughafen macht es sich zu einfach, die Schuld nun allein bei den Architekten abzuladen“, sagt aber ein Branchenexperte, der nicht genannt werden will. Es sei Aufgabe der Projektleitung zu kontrollieren, ob die Arbeiten den jeweils vorgesehenen Stand erreicht haben. Zwischentermine einzuhalten sei fast wichtiger als auf den Endtermin zu schielen. Er hat kein Verständnis dafür, dass Flughafengeschäftsführer und Projektleiter Manfred Körtgen parallel zu seiner Arbeit auf der Baustelle an der Uni Kassel promoviert hat. In der Freizeit könne man sicher machen, was man wolle, aber sich zu entspannen, sei auch sinnvoll.
Dem Brandenburger Ministerpräsidenten und Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft Matthias Platzeck (SPD) zufolge war die Promotion Körtgens bei dessen Einstellung bekannt. Körtgen habe dies bei der Bewerbung angegeben, daher sei auch keine Sondergenehmigung nötig gewesen.
Nicht nur, weil der Flughafen wohl auch selbst den Überblick über die Baustelle verloren habe, sei es nun schwierig, Schadenersatzansprüche durchzusetzen, sagte der Großprojekt-Experte weiter. „Pönalisierte Termine“ , bei denen es bei einem Verzug Abzüge gibt, würden in der Regel nur mit Baufirmen abgeschlossen, nicht aber bei Ingenieurleistungen.
Warum der Flughafen aus dem bereits 2010 erforderlichen Verschieben des Termins vom 30. Oktober 2011 auf den 3. Juni 2012 keine Konsequenzen gezogen zu haben scheint, ist noch unklar. Auch damals hatten die Planer um gmp beteuert, nach der Insolvenz eines Ingenieurbüros, das für den Innenausbau – einschließlich der Entrauchungsanlage – des Terminals zuständig war, sei der Zeitplan nicht gefährdet.
Auch damals hatte es lange vorher Zweifel am pünktlichen Ende der Arbeiten gegeben. Daraufhin war ein Gutachter eingeschaltet worden, der die Bedenken schließlich bestätigte. Der Termin wurde um sieben Monate verschoben. Trotzdem hat man anscheinend in der Flughafengesellschaft nun erneut zu lange den Aussagen der Planer vertraut. Auch im Aufsichtsrat scheint man erneut nicht besonders nachgehakt zu haben. „Die Aussagen, wir schaffen es, waren glaubhaft“, sagte ein Insider.
Meinhard von Gerkan und sein Team waren bisher vor allem dafür bekannt, dass sich die Kosten ihrer Berliner Projekte in der Bauphase kräftig erhöhen. Am 2001 eröffneten Tempodrom hatten sie sich mit 33 Millionen Euro fast verdoppelt. Am Ende schoss der Senat Geld zu, was den damaligen Stadtentwicklungssenator Peter Strieder schließlich zum Rücktritt zwang. Auch der von gmp entworfene Hauptbahnhof wurde erheblich teurer und kostete am Ende mehr als eine Milliarde Euro. Die Projektleitung hatte die Bahn übernommen, Projektleiter Hany Azer brachte den Bau zum vom damaligen Bahnchef Hartmut Mehdorn verordneten Termin 2006 zum Ende – auf Kosten des verkürzten Daches und einer schlichteren Untergeschoss-Decke.
Dass die Flughafengesellschaft selbst die Projektleitung beim Bau der neuen Anlagen übernommen hat, war anfangs nicht geplant. Die Verantwortung sollte bei einem Generalunternehmer liegen. Nachdem bei einer Ausschreibung 2007 die Angebote statt bei erwarteten 630 Millionen Euro bei rund einer Milliarde Euro gelegen hatten, hob man das Verfahren auf und übernahm selbst die Gesamtregie. Hierin sieht nun der Anwalt Ralf Leinemann die Ursache für das Desaster. Seine Kanzlei hatte damals den Baukonzern Hochtief vertreten, der zu den ausgeschlossenen Anbietern gehörte. Dadurch habe man ein Jahr Zeit verloren, wie sich nun auch zeige. Am Ende werde der Terminal rund eine Milliarde Euro kosten – so viel, wie ursprünglich bei der Ausschreibung gefordert worden war.