Landgericht Berlin: Gilt der Mietspiegel nun - oder gilt er nicht?
Nach zwei neuen Urteilen fordern Experten Richtlinien des Bundes zur Aufstellung von Mietspiegeln. Bundesjustizminister Maas gerät unter Zugzwang
Kurios ist es schon, das Urteil des Landgerichts in einem dieser typischen Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Hausverwalter über die angemessene Miete für eine Wohnung. Die 18. Kammer gab dem Vermieter in dem aktuellen Streit Recht, weil der Mieter nach Auffassung der Richter selbst Zweifel an der Gültigkeit des Mietspiegels geäußert haben soll. Dabei hatten die Mieter den Mietspiegel aus dem Jahre 2013 gerade als Beweismittel herangezogen um zu zeigen, dass die verlangte Mieterhöhung viel zu hoch und deshalb nicht angemessen sei. Der Hausverwalter hatte seinerseits die Mieterhöhung mit einem Gutachten begründet, das wiederum den Berliner Mietspiegel infrage stellt: Dieser sei nicht wissenschaftlich erhoben und deshalb nicht "qualifiziert" zur Feststellung der ortsüblichen Miete.
Landgericht bestätigt Amtsgericht: Mietspiegel gilt nicht
Deshalb war das Urteil des Landgerichts mit großer Spannung erwartet worden, zumal die Richter in der ersten Instanz der Auffassung des Gutachters gefolgt waren und die Mieterhöhung für zulässig erklärten. Das Landgericht lässt dieses Urteil nun bestehen. Der Mieter habe eben nicht beweisen können, dass "sich die ortsübliche Miete allein anhand des Mietspiegels im Sinne eines qualifizierten Mietspiegels bestimmen müssen".
Erneut erweist sich der Berliner Mietspiegel mit diesem Urteil als stumpfe Waffe bei der Ermittlung der angemessenen Miete. Setzt sich dieser Trend in der Rechtsprechung durch, drohen gewaltige Mietsprünge auch bei bereits länger laufenden Mietverträge. Diese waren bisher unter anderem durch die Mietspreisbremse der Bundesregierung geschützt.
Gutachter haben leichte Hand, höhere Mieten zu begründen
Nunmehr müssen Gutachter zwar auch die ortsübliche Miete ermitteln, sie müssen allerdings nur Beispiele von teuren Wohnungen in der Nachbarschaft aufführen, um kräftige Mieterhöhungen zu begründen. Oft sind das Wohnungen, die vor nicht allzu langer Zeit neu vermietet wurden und deshalb teurer sind als Wohnungen von langjährigen Mietern. Der Mietspiegel gibt wiederum einen Durchschnittswert aus einer größeren Anzahl von Objekten wieder, wobei deren Auswahl und die Berechnungsmethode von Arbeitsgruppen unter Beteiligung von Mietern und Vermietern ermittelt wird.
Die Einigung auf den Mietspiegel ist also ein Kompromiss, der Rechtsstreitigkeiten vorbeugte. Weil die Wohnungsnot aber die Mieten nach oben schießen lässt besonders bei der Neuvermietung von Wohnungen, will so mancher Hauseigentümer auch bei den Altverträgen von der Lage profitieren - und deshalb ist die Aushebelung des Mietspiegels willkommen.
Ob der Mietspiegel qualifiziert ist oder nicht, will auch das Landgericht nicht entscheiden
Dazu beigetragen hat das Landgericht mit seinem Urteil nicht. Zwar hat er den Vermietern Recht gegeben und den Weg zur Mieterhöhung geebnet - aber das haben die Richter nun aufgrund der Begründung der Mieter in diesem konkreten Fall so befunden. Ausdrücklich weisen sie darauf hin, dass es "keiner Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Sachverständigen in dem dazu vom Amtsgericht eingeholten Gutachten" bedürfe und damit auch keine Auseinandersetzung darüber, ob der Mietspiegel nun qualifiziert ist - oder eben nicht. Denn nach Auffassung der Richter sollen die Mieter selbst auch Zweifel an der hinreichenden Qualifizierung des Mietspiegels in diesem konkreten Fall geäußert haben.
"Die wollen sich herumdrücken", sagt der Mieterverein
Das Landgericht hat sich "um die Bewertung des Mietspiegels herumdrücken wollen", sagte der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild. Dem Grundsatz nach stelle das Gericht den Mietspiegel nicht infrage.
Bundespolitik fordert gesetzliche Regelung
Dennoch fordert der Mietrechtsexperte der CDU-Fraktion im Bundestag Jan-Marco Luczak "klare bundeseinheitliche Kriterien für Mietspiegel". Gesetzlich definiert werden müssten die Anforderungen an die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit Blick auf die Anzahl der Wohnungen, die Wohnungsmerkmale, den Zeitraum der Überarbeitung und das Verhältnis von Bestands- und Neuvertragsmieten. Die schwierige Festlegung der ortsüblichen Vergleichsmiete dürfe nicht allein Mietern und Vermietern aufgebürdet werden.
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