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Raed Saleh und Franziska Giffey sind die neuen Vorsitzenden der Berliner SPD.
© picture alliance/dpa

Streit über Verkehr, Rigaer, Wirtschaft: Giffey setzt in Berlin auf Konflikt mit Linken und Grünen

Seit 100 Tagen ist Franziska Giffey Chefin der Berliner SPD – sie dominiert die Partei. Die Koalitionspartner attackiert sie direkt, auch beim Thema Rigaer Straße.

Sechseinhalb Monate vor der Abgeordnetenhauswahl setzt SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey auf „SPD pur“ - und den Konflikt mit den Koalitionspartnern.

Es gebe „Potenzial für Auseinandersetzungen“ erklärte Giffey am Mittwoch in einem Pressegespräch anlässlich ihrer Wahl zur Landeschefin vor 100 Tagen. Diese müssten gesucht und eigene Standpunkte deutlich gemacht werden, sagte Giffey und lehnte eine Aussage zur von ihr präferierten Koalition ab. „Das wird davon abhängen, wie es im September ausgeht", sagte Giffey und ergänzte: „Wir stehen für SPD pur und wir wollen erkennbar sein.“

Absehbar ist schon jetzt, dass der Streit um die Ausgestaltung der Mobilitätswende - also die Abkehr vom mit fossilen Brennstoffen betriebenen Individualverkehr hin zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie von Fuß- und Radwegen - das Bündnis zwischen SPD, Linken und Grünen weiter belasten wird.

Giffey hält mit „allerhöchster Priorität“ am Ausbau der U-Bahn fest. Passend dazu ist der erste von 24 Wahlkampfterminen in den Bezirken beim Bahn-Bauer Stadler anberaumt. „Dann schauen wir uns mal an, wo die U-Bahnen gebaut werden, für deren Ausbau wir uns einsetzen“, sagte Giffey. Linke und Grüne stehen dem Vorhaben skeptisch bis ablehnend gegenüber.

Kosten für den U-Bahn-Ausbau? Da soll der Bund ran

Wenig Spielraum für eine Lösung vor der Wahl gibt es in der Frage danach, wie die von der SPD im Kern mitgetragenen Verkehrswende bezahlt werden soll. Eine dritte Finanzierungssäule, wie sie die Grünen etwa durch die Einführung einer City-Maut oder eines verpflichtenden ÖPNV-Beitrags fordern, lehnen Giffey und Co-Landeschef Raed Saleh ab. Von einem „Zwangsticket“ ist in den Reihen der SPD die Rede und davon, dass stattdessen ein 365-Euro-Ticket für alle Berliner:innen eingeführt werden soll.

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Auf die Frage, wie der kostenintensive U-Bahn-Ausbau finanziert werden soll, blieben Giffey wie Saleh eher vage. Beide forderten eine größere Beteiligung des Bundes. Wenige Minuten zuvor hatte ausgerechnet Giffey erklärt, Forderungen sowie das Wahlprogramm der Partei müssten finanzierbar und realisierbar sein. Es solle nicht viel versprochen werden, "was man am Ende nicht halten kann", erklärte Giffey. 

Konfliktpotenzial deutet sich darüber hinaus in der Wirtschaftspolitik an. „Die Wirtschaft ist der Partner unserer Stadt. Es gibt nur Wohlstand und Wachstum, wenn wir eine starke Wirtschaft haben“, sagte Giffey und erklärte: „Alle, die hier investieren und Arbeit schaffen wollen, können auf die SPD als Partner zählen.“ Entscheidungen der Vergangenheit, als beispielsweise Google ein geplantes Investment zurückgezogen hatte, werde es mit Giffey nicht geben, so der Tenor. Folgenschwere Debatten über die mögliche Enteignung von Immobilienunternehmen dürften diesem Ziel ebenfalls im Wege stehen.

Rigaer 94: Saleh fordert Zugeständnisse von Linken und Grünen

Konflikte zwischen den Koalitionären sind auch im Bereich der Inneren Sicherheit möglich. Zum andauernden Streit um das Vorgehen in einem zum Teil von Linksextremisten besetzten Haus in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain sagte Giffey: „Es kann nicht sein, dass eine Brandschutzbegehung durch einen amtierenden Bezirkspolitiker so in Frage gestellt wird.“ Mit Bezug auf das umstrittene Vorgehen des Grünen-Baustadtrats Florian Schmidt sagte sie weiter: „Das kann es nicht sein. An einer solchen Stelle muss man klar sein. Niemals in der Welt dürfen wir es zulassen, dass so eine Rechtsbeugung geschieht. Das geht gar nicht.“

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Raed Saleh, Fraktionschef der SPD und gemeinsam mit Giffey Vorsitzender des Landesverbandes, ergänzte: „Ich bin froh, dass mittlerweile auch die Grünen dem eigenen Stadtrat signalisieren, wo die rote Linie ist.“ In Richtung der Koalitionspartner, die Linken hatten sich tags zuvor bei der Senatsentscheidung über die Rigaer enthalten, sagte Saleh: „Themen wie die Rigaer sollten sich nicht allzu oft wiederholen.“ Er unterstütze das Vorgehen von Innensenator Geisel „zu 100 Prozent“ und erklärte: „Ich erwarte, dass die Koalitionspartner sich da bewegen.“

Giffey: Stimmung in linker Berliner SPD „gut und entschlossen“

Mit Blick auf die eigene Partei wiederum zeigte sich Giffey zufrieden. Die Stimmung in der SPD sei „gut und entschlossen“, der für den traditionell linken Landesverband „nicht selbstverständliche Programmansatz“ mit Schwerpunkten auf Innerer Sicherheit und wirtschaftlicher Zusammenarbeit werde getragen und gewinne an Unterstützung.

Nach 400 Hinweise und Anregungen zum Entwurf des Wahlprogramms soll dieses am Montag im Landesvorstand beschlossen und in einen Leitantrag für den Parteitag Ende April gegossen werden. Den Aufwärtstrend ihrer Partei, die in einer Umfrage zuletzt drei Prozentpunkte zulegen konnte, bezeichnete sie als „Zwischenermutigung“, wollte allerdings - anders als Saleh - nicht von einem „Giffey-Effekt“ sprechen.

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