Erneute Prüfung der FU Berlin: Giffey offenbar vor Aberkennung des Doktortitels – Grünen-Fraktionschefin fordert Konsequenzen
Wird Franziska Giffey der Doktortitel entzogen? Einem Bericht zufolge soll sich das Prüfgremium der FU im Abschlussbericht dafür ausgesprochen haben.
Im Fall des offenbar bevorstehenden Entzugs des Doktortitels für Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin und SPD-Spitzenkandidatin zur Abgeordnetenhauswahl, hat die Berliner Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek Konsequenzen gefordert. „Es ist jetzt ihre Chance zu zeigen, ob sie die politische Größe besitzt, zu ihren Versprechungen aus der Vergangenheit zu stehen“, sagte Kapek dem Tagesspiegel mit Bezug darauf, dass die Freie Universität (FU) Giffey den Doktortitel aberkennen könnte.
Giffey hatte in früheren Äußerungen erklärt, vom Ministerinnenamt zurückzutreten, sollte die Universität ihr den akademischen Titel entziehen. Gegenüber dem Tagesspiegel ruderte die Sozialdemokratin in der vergangenen Woche jedoch zurück: "Ich habe mich dazu ganz klar geäußert: Das Verfahren, in dem ich das gesagt habe, ist abgeschlossen. Das ist beendet", sagte Giffey im Podcast "Eine Runde Berlin" des Tagesspiegel Checkpoints.
Kapek äußerte sich auch zu Stimmen aus der SPD, die die FU für das Verfahren kritisierten. Der SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier etwa bescheinigte der Universität einen "Vertrauensverlust ihrer wissenschaftlichen Reputation". Die grüne Co-Fraktionsvorsitzende Kapek nannte solche Einlassungen eine „problematische Umkehrung von Ursache und Wirkung“ in der Plagiatsaffäre. „Hätte sie von Anfang an hundert Prozent korrekt zitiert, hätte es das Verfahren gar nicht erst gegeben“, sagte sie mit Bezug auf Giffey.
Franziska Giffey steht wohl vor der Aberkennung ihres Doktortitels. Wie das Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ aus Kreisen der Freien Universität (FU) erfahren haben will, soll sich die Prüfungskommission dafür ausgesprochen haben, ihr den Titel zu entziehen.
Das Prüfgremium hatte seinen Abschlussbericht in der vergangenen Woche vorgelegt - und eigentlich wollte die FU über dessen Inhalt keine Informationen veröffentlichen. Die Universität erklärte damals: „Nähere Informationen zum laufenden Prüfverfahren und zum Bericht des Prüfgremiums werden vor Bekanntgabe des Schlussergebnisses nicht veröffentlicht.“
Auch die Mitglieder des Prüfgremiums würden bis zum Ende des Verfahrens geheim gehalten. Damit solle laut der Universität die Unabhängigkeit des Verfahrens sichergestellt werden. Nun scheint es jedoch, als sei das Ergebnis trotz größter Bemühungen um Geheimhaltung nach außen gedrungen.
Eine Sprecherin von Familienministerin Giffey sagte am Abend lediglich: "Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, das noch nicht abgeschlossen ist. Die Ministerin ist von der Freien Universität um Stellungnahme gebeten worden. Dies und ein Ergebnis bleiben abzuwarten.“
FU Berlin: Dauer des Prüfverfahrens steht noch nicht fest
Die Prüfungskommission hatte Giffey bei Vorlage des Berichts am 5. Mai vier Wochen Zeit gegeben, Stellung dazu zu beziehen. Von dieser Frist verbleiben nunmehr also noch etwa drei Wochen. Ein FU-Sprecher bekräftigte die Position der Universität am Dienstag. Einen Termin für die endgültige Entscheidung durch das Präsidium der Universität nannte er nicht. Wie lange das Prüfverfahren nach einer Stellungnahme dauern werde, stehe noch nicht fest.
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Die Bundesfamilienministerin hatte im vergangenen November bekanntgegeben, im Zuge der Plagiatsaffäre freiwillig auf ihren Titel zu verzichten. Sie habe sich zu dem Schritt entschieden, um weiteren Schaden von ihrer Familie und ihrer politischen Arbeit sowie ihrer Partei abzuwenden. Ihre Arbeit als Ministerin werde sie fortsetzen, sagte Giffey damals - obwohl sie zuvor ihren Rücktritt als Ministerin in Aussicht gestellt hatte, falls ihr der Titel aberkannt werden würde.
Erste Plagiats-Vorwürfe 2019, Fall 2020 erneut aufgegriffen
Die Freie Universität hatte zuvor, ebenfalls im November 2020, angekündigt, die Dissertation von Giffey erneut zu prüfen. Im Januar wurde deshalb durch den zuständigen Promotionsausschuss des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften erneut ein Gremium eingesetzt.
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Anfang 2019 hatte die Universität wegen möglicher Plagiate ein Prüfverfahren eingeleitet. Trotz der festgestellten Mängel habe nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden können, dass es sich bei der Dissertation um eine eigenständige wissenschaftliche Leistung handelte, teilte die FU damals mit. Deshalb entzog sie Giffey den Doktortitel nicht, sondern sprach lediglich eine Rüge aus.
Nach einem Gutachten des renommierten Rechtswissenschaftlers Ulrich Battis entschied das Präsidium der FU, den Fall noch einmal zu prüfen. Die Universität kam zu dem Schluss, dass im Schlussbericht des Prüfungsgremiums für Giffeys Dissertation nicht dargelegt wurde, ob es sich um einen minderschweren Fall handele.
Staatsrechtler Battis: Leak hat keine Folgen fürs Verfahren
Ist das zweite Verfahren nun rechtlich angreifbar, weil das Votum des Prüfgremiums bekannt wurde, sodass es neu aufgerollt werden muss? Nein, sagt Staatsrechtler Battis auf Anfrage des Tagesspiegel: „Es ist jetzt zwar fehlerbehaftet, aber das hat keine Auswirkung.“
Wäre er Giffeys Anwalt, würde er jetzt zwar vielleicht „trompeten, dass das kein faires Verfahren ist“. Battis hält das aber für wenig stichhaltig: „Da ist nichts zu machen.“ Letztlich würde auch bei vielen anderen Urteilen immer wieder etwas vorab durchsickern, ohne dass diese dadurch infrage gestellt sind. Battis verfasste zwar für die FU die Expertise zur Rüge nach der ersten Prüfung, vertritt die Uni im laufenden Verfahren aber nicht.