Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg: Gemeinde startet Spendenaktion für Sanierung
Die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg muss saniert werden. 500 000 Euro fehlen dem Gotteshaus der friedlichen Revolution. Nun sollen Paten helfen – und Prominente.
Plötzlich lag der Ziegel vor dem Kircheneingang. Die Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg bröckelt. Im Altarraum des Gotteshauses sind große Wasserflecken sichtbar, auf dem Dach fängt ein Baum an zu wachsen, die Rosette am Nordfenster der Kirche ist sichtbar beschädigt. Der 1893 errichtete Sakralbau, der 1989 eine der Keimzellen der friedlichen Revolution in der DDR war, muss dringend saniert werden. „Unser Problem ist vor allem das Material, das man zu DDR-Zeiten für Reparaturarbeiten verwandt hat“, sagt Pfarrer Christian Zeiske. Denn hochwertige Baumaterialien waren für die Kirche damals oft nur schwer erhältlich, es musste improvisiert werden: Gemeindeglieder ersetzten fehlende Ziegel durch Beton, der in das Mauerwerk gegossen und dann ziegelfarben angestrichen wurde. An den Fenstern wurden in den 60er Jahren Metalgitter angebracht. „Reingedübelt“, sagt Pfarrer Zeiske. „Man hatte damals vielleicht Angst vor Steinwürfen auf die Kirchenfenster, es war ja die Zeit, in der die Kirche besonders unter Druck stand.“ Heute sind es die Gitter, die das Mauerwerk sprengen könnten. Und die Kirche hat ein Fugenproblem: Der schlechte Mörtel hält nicht mehr, manche Steine liegen nur noch lose aufeinander.
Nun ist eine Sanierung nicht mehr zu umgehen. Zwar ging es mancher Brandenburger Dorfkirche in den vergangenen Jahren noch deutlich schlechter als der Gethsemanekirche – doch die herabfallenden Steine machen deutlich, wie ernst die Lage ist. Ein kleiner Haufen liegt bereits im Garten vor der Kirche, und an einigen Stellen mussten Netze angebracht werden, um Passanten zu schützen.
Die äußeren Gesimse und Pfeiler müssen neu aufgemauert werden, die Ziegel werden eigens dafür nach historischem Vorbild gebrannt. Auf 1,6 Millionen Euro schätzt die Evangelische Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord die Kosten der Sanierung, sagt Geschäftsführer Frank Esch. „Gut 500 000 Euro werden wir durch Spenden aufbringen müssen.“ Dabei hoffen die Gemeindeglieder auch auf die Erinnerungen an die friedliche Revolution: Denn seit den 1980er Jahren trafen sich in der Kirche Bürgerrechtler und Oppositionsgruppen, und im Herbst 1989 stand das Gotteshaus plötzlich im Focus der Weltöffentlichkeit. Am 7. Oktober hatten sich Demonstranten vor Staatssicherheit und Volkspolizei in die Kirche geflüchtet, anschließend wurde die Kirche zu einer Art Zentrale der Bürgerrechtsbewegung. „Damals hat die Kirche vielen Menschen ein Dach über dem Kopf geboten“, sagt Pfarrer Zeiske. „Jetzt, wo unser Dach marode ist, hoffen wir auf Solidarität.“
Dazu kommen die jungen Familien aus dem Prenzlauer Berg, die der Gethsemanekirche schon lange den Ruf einer besonders lebendigen Gemeinde eingebracht haben. Sonntags sind die Gottesdienste gut besucht, und in diesem Jahr muss die Kirchengemeinde zum ersten Mal seit den 1950er Jahren wieder zwei Konfirmationsgottesdienste feiern: Bei einem Jahrgang von 60 Jugendlichen reicht auch das 1200 Besucher fassende Gotteshaus nicht mehr für alle Freunde, Verwandte und Gratulanten aus.
Um das nötige Geld für die Sanierung zusammenzubekommen, hat die Gemeinde eine Spendenaktion gestartet: „Gethsemane stützen“ lautet das Motto, unter dem es übers Jahr verteilt vier Benefizveranstaltungen in der Kirche gibt. Am 2. Juni kommt der Schriftsteller Wladimir Kaminer zu einer Lesung, im Oktober gastiert der RIAS-Kammerchor, im November der Konzertchor der Staatsoper unter den Linden. „Oft sind das Künstler, die in unserer Kirche schon früher aufgetreten sind“, sagt Zeiske. „Weil ihnen die Gethsemanekirche als Ort wichtig ist, spenden sie die Einnahmen aus den Konzerten für die Sanierung.“
Dazu verkauft die Gemeinde Steinpatenschaften: Wer etwa 125 Euro gibt, kann damit den Austausch eines Formziegels im Gesims der Kirche finanzieren. Und die Namen aller Geber werden im Foyer der Kirche veröffentlicht, wo auch ein aus kleinen Ziegelsteinchen gebildetes Spendenbarometer zeigt, wie weit die Gemeinde noch von den benötigten 500 000 Euro entfernt ist. Noch ist der Weg lang – doch Zeiske und Esch sind optimistisch, dass das große Ziel erreichbar ist.
Wladimir Kaminer liest am 2. Juni ab 18 Uhr für die Sanierung der Gethsemanekirche, Stargarder Straße 77, Prenzlauer Berg, Eintritt 16,50 Euro, ermäßigte Karten im Zentralbüro und an der Abendkasse. Weitere Infos unter www.ekpn.de.
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