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Vorsicht Knoten. Wenn sich die Flip-Truppe aus Kanada zum Seilspringen trifft, dann ist das eine bühnenfüllende Angelegenheit – und eine atemberaubende obendrein.
© promo/Andy Phillipson

Neue Akrobatikshow im Chamäleon-Theater: Gehüpft wie gesprungen

Die kanadische Akrobatik-Show „Flip“ feierte Premiere im Chamäleon-Theater in den Hackeschen Höfen. Die tollste Solonummer ist Jade Dussault mit ihren Hula-Hoop-Reifen.

Dolle Sache, dieser Oberkörper. Ein echter Hingucker. Jeder Muskel ist exakt definiert. Erstaunlich, wie sich eine Treppe aus rechten Winkeln unter den Rippenbögen von Hugo Quellet Coté abzeichnet, wenn der Artist an den Strapaten baumelt. So können Körper aussehen, jedenfalls in Kanada. Daher kommen sie nämlich, die sechs Akrobaten des Kollektivs „Flip Fabrique“, deren der Einfachheit halber „Flip“ genannte Show am Donnerstag Premiere im Chamäleon in den Hackeschen Höfen hatte.

Die fünf Männer und eine Frau sind alte Freunde, sie haben vor mehr als zehn Jahren miteinander in Québec die Schulbank gedrückt. Obwohl Herumsitzen bestimmt kein zentraler Unterrichtsstoff auf einer Zirkusschule ist. Stattdessen werfen sie sich bei ihrer Varietéshow gewordenen Wiedersehensfeier dann auch lieber auf die Kernkompetenzen des Cirque Nouveau. Also: Boden- und Luftakrobatik, Jonglage und Clownerie im lässigen Gewand. Kein Sägespänegeruch, keine Flitterkostüme, kein nostalgischer Zirkuszauber, sondern Beatboxing trifft Rhythmische Sportgymnastik. Zu Pop- oder Rockmusik vom Band. Und auf einer nur mit einer Polestange und einer roten, abgeschabten Kletterwand dekorierten Bühne, in die als Sitzplatz, Ablage oder Ausstieg genutzte Fenster geschnitten sind.

Die tollste Solonummer der über lange Strecken als lockere Ensemblespielwiese angelegten Show bestreitet Jade Dussault mit ihren Hula-Hoop-Reifen. Ruckartige tänzerische Bewegungen zu einem rhythmisch retardierenden Beat und die virtuos jonglierten, ulkige visuelle Effekte erzielenden Reifen – das ergibt einen reizvollen Rund-eckig-Kontrast. Dussault ist nach der Zirkusschule, wie ihre erstmals in Berlin auftretenden Ex-Mitschüler auch, in vielen internationalen Shows aufgetreten. Etwa beim Cirque du Soleil oder im Gop Varieté. Trotzdem hat sich die verspielte Truppe einen Touch Straßentheater bewahrt. Zur Klampfe singen, Jeans, T-Shirts, Rastalocken und gelegentliche Verhedderungen bei ihren Seilspringnummern oder Ball- und Keulenverluste beim Jonglieren eingeschlossen.

Umso eindruckvoller sind Timing, Kraft und Körperbeherrschung bei der Bodenakrobatik. Besonders Christoph Hamel und Francis Julien haben Unterarme wie Popeye: Schwupps, katapultieren sie Lockenkopf Bruno Gagnon in die Luft, wo er oben auf der Kletterwand landet. Zack, springt er ihnen aufrecht stehend auf die ausgestreckten Hände. Weia, muss das schwer sein, so leicht wie das aussieht.

Chamäleon-Theater, bis 10. August, Dienstag–Freitag, 20 Uhr, Samstag19 und 22.30 Uhr, Sonntag 19 Uhr.

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