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Berlin: Gehen wir seiltanzen im Park

Beim Trendsport Slacklining geht es um Balanceakte auf dem Gurtband

Seiltanz im Zirkus? Das war gestern. Heute balancieren die modernen Seiltänzer zwischen Bergklippen oder Hochhäusern. Oder betreiben Slacklining – ursprünglich eine Übungsmethode der Kletterer auf einem Gurtband, um den Gleichgewichtssinn zu trainieren. Urplötzlich aber verselbstständigte sich das Ganze und wurde zur Trendsportart bei Großstadthipstern. Sie üben beispielsweise im Volkspark Friedrichshain, wo sie ihre Bänder zwischen Bäumen und Bänken spannen. Gerade macht sich ein Freizeitartist auf den rund 50 Meter langen „Weg“ über die eine gute Körperlänge tiefer liegende Sandgrube. Die Spaziergänger halten den Atem an.

Auch Georg, 22 Jahre alt, übt sich im Slacklining, allerdings aus einer wesentlich kürzeren Strecke zwischen zwei Eichen. Er ist seit einem Dreivierteljahr dabei: „Slacklining bedeutet für mich, zur Ruhe zu kommen“, sagt er. Abschalten vom Alltag. Die eigene Mitte finden, auch psychisch, darauf komme es an.

Slacklining als Meditation? „Ja schon“, findet auch Experte Thomas Huber, der im Bergsteigerabenteuer „Am Limit“ mitgewirkt hat. „Wenn man nervös ist, geht überhaupt nichts.“ Was die Beliebtheit des Sports anbetrifft, geht aber offenbar richtig viel: „Das wird der absolute Renner, so etwas wie die neue Form der Skateboarder“, ist Huber überzeugt. Die Slackline, in alpiner oder urbaner Höhe gespannt, wird im Fachjargon zur Highline. Eine solche will Thomas Huber in diesem Sommer erstmalig begehen: Das Seil soll zwei Berchtesgadener Kamintürme in 200 Metern Höhe verbinden. Bruder Alexander war schon im 2344 Meter hohen Tiroler Kaisergebirge auf der Highline. Das Risiko der Profis in schwindelerregenden Höhen wird durch den potenziellen Fall ins Sicherungsseil abgefedert.

Mit Vereinsmeierei haben die Gleichgewichtskünstler indes nichts am Hut. „Weltweit gibt es keinen einzigen Club“, ist sich Thomas Huber sicher. Und das werde auch so bleiben, denn die Slackliner seien eine „freakige Gesellschaft“ und brauchten keine Vereinigung. Immerhin: In Internetforen wird gefachsimpelt, und im vorigen Sommer gab es das erste internationale Slacklining überhaupt.

Ist Slacklining gefährlich? „Nicht mehr als schwimmen gehen“, ist der Berliner Georg überzeugt. Immerhin halte ein ordentlich gespanntes Band mehr als eine Tonne aus, ein Gewicht, das der Körper beim Fall nicht ansatzweise entwickele. Und dann heißt es vor allem: klein anfangen, oder besser: niedrig. Wer die ersten Schritte aufs Band wagt, sollte bei Höhen von einem Meter starten.

Ansonsten sind dem Trendsport keine Grenzen gesetzt: „Es gibt alle möglichen Tricks. Du kannst Handstand machen, springen oder jonglieren“, sagt Georg. Oder mit dem Schirmchen wie beim Seiltanz im Zirkus hin und her laufen, fügt er hinzu. Also doch Seiltanz? Nein, Tricklining nennen die Slacker das dann. ddp

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