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Am Rosa-Luxemburg-Platz soll an den Doppelmord von Erich Mielke erinnern.
© dpa

Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte: Gedenktafel soll an Polizistenmord von Erich Mielke erinnern

Der Polizistendoppelmord vom damaligen Bülowplatz im August 1931 ist eine der bekanntesten Bluttaten der Weimarer Republik. Einer der Täter war – Erich Mielke.

Die Aufgaben der Mörder waren klar verteilt: „Du Schweinebacke, du den Husar, du den anderen!“ Dann krachten acht bis zehn Schüsse, und die drei Polizisten sackten zu Boden: die in der Gegend um den Tatort am heutigen Rosa-Luxemburg-Platz häufig eingesetzten, den Tätern vertrauten Paul Anlauf („Schweinebacke“) und August Willig („Husar“), schließlich der ihnen unbekannte Franz Lenck; er war sonst im Gewerbeaußendienst tätig und nur an diesem 9. August 1931 dort im Dienst. Anlauf konnte nur noch Abschiedsworte röcheln, Blut quoll unter seinem Tschako hervor.

Lenck konnte seine Pistole ziehen, schleppte sich in den Vorraum des „Babylon“-Kinos, wo auch er starb. Nur Willig überlebte, trotz Kugeln in Bauch und Arm. Weitere Schüsse fielen, aus der Gruppe der Angreifer wie auch von herbeigeeilten Beamten. Ein unbeteiligter 16-Jähriger starb sofort, ein weiterer Mann erst nach einigen Tagen, weitere Menschen erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Bekannte Bluttat aus der Weimarer Republik

Der Doppelmord vom Bülowplatz, wie das Areal um die Volksbühne damals hieß, ist eine der bekanntesten Bluttaten aus der Endphase der Weimarer Republik, als sich Kommunisten, Nationalsozialisten und die Polizei in oft tödlicher Feindschaft gegenüberstanden. Politisch motivierte Anschläge und Morde waren Alltag, die Tat vom 9. August 1931 ragte aber schon deswegen auch in der Erinnerung heraus, weil mit Erich Mielke, dem späteren Minister für Staatssicherheit, ein später führender Repräsentant der DDR als Täter direkt beteiligt war. Derzeit erinnert am Tatort nichts an den Doppelmord. Das die beiden Polizisten glorifizierende Denkmal, das die Nationalsozialisten auf dem von ihnen so getauften Horst-Wessel-Platz aufgestellt haben, ist nach Kriegsende weggeräumt worden.

Nach der Tat. Für die 1931 ermordeten Polizisten gab es einen Trauerzug durch die Stadt. Tausende Berliner schauten zu.
Nach der Tat. Für die 1931 ermordeten Polizisten gab es einen Trauerzug durch die Stadt. Tausende Berliner schauten zu.
© Bundesarchiv

Nun aber soll die von materialisierter Erinnerung freie Zeit enden: Die CDU Mitte betreibt seit zweieinhalb Jahren das Anbringen einer Gedenktafel – ein Anliegen, das jetzt die Unterstützung der SPD fand und in einem Antrag ans Bezirksamt formuliert wurde, unlängst dank beider Fraktionen in der BVV mehrheitlich beschlossen, wie Thorsten Reschke, Vorsitzender der CDU-Fraktion, mitteilte. Man denke für die Tafel an einen Ort in der Nähe des Kinos, zur Finanzierung wolle man Spenden sammeln. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Lengsfeld meldete sich zu Wort, begrüßte die Tafel als „wichtiges Zeichen für die Demokratie und für unsere Polizei als Stütze der Demokratie“ und äußerte Unverständnis über „die Ablehnung aus Reihen der Linkspartei und der Grünen“.

"Für einen erschossenen Arbeiter zwei Schupos!"

Am Tag des Doppelmords fand in Preußen ein – scheiternder – Volksentscheid zur Auflösung des Landtags statt, das politische Klima war hochgradig erhitzt. Wandschmierereien des Roten Frontkämpferbunds waren aufgetaucht: „Für einen erschossenen Arbeiter fallen zwei Schupo-Offiziere!“ Und am Vortag des Entscheids war auf dem Bülowplatz ein Arbeiter bei Ausschreitungen von der Polizei erschossen worden. Diese befand sich also in erhöhter Alarmbereitschaft, patrouillierte immer wieder über den Platz, so auch am Abend die Beamten Anlauf, Lenck und Willig, als die Schüsse fielen.

Bei den Ermittlungen stießen die Behörden rasch auf den Parteiselbstschutz der KPD, doch erst im Juni 1934 kam es zum Prozess vor dem Schwurgericht. Neben Haftstrafen ergingen vier Todesurteile, von denen nur eines vollstreckt wurde. Zwei Verurteilte starben in der Haft, einer überlebte die NS-Zeit.

Die schon im Prozess benannten Todesschützen aber waren nach Moskau entkommen: Erich Ziemer, der im Spanischen Bürgerkrieg fiel, und Erich Mielke, der spätere Minister für Staatssicherheit der DDR. Erst 1991, 60 Jahre nach der Tat, konnte er für die Tat in Berlin vor Gericht gestellt werden. In dem Verfahren erging 1993 ein Urteil über sechs Jahre Haft. Nach Verbüßen von zwei Dritteln der Strafe wurde Mielke Ende 1995 entlassen. Am 21. Mai 2000 starb er.

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