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Gasag-Fahrzeuge
© Uwe Steinert

Erdgasspeicher: Gasag lässt die Erde in Spandau beben

Unter dem Grunewald liegt ein riesiger natürlicher Erdgasspeicher der Gasag. Jetzt soll das Lager vergrößert werden. Ist das ungefährlich?

Orangefarbene Kabel ziehen sich im Abstand von 160 Metern durch den Süden Spandaus und den Grunewald. Dazu rumpelt eine Karawane von drei jeweils 18 Tonnen schweren und zehn Meter langen Ungetümen durch die Stadt. Alle 40 Meter stoppt der Konvoi, gewaltige Vibratoren lassen dann die Erde erzittern.

Menschen spüren die zwölf Sekunden dauernden Erschütterungen nur direkt neben den Rüttelfahrzeugen. Die im 40-Meter-Abstand angebrachten Geophone an den Kabeln messen dagegen die Ausbreitung der Vibrationen bis in mehrere Kilometer Tiefe. So entsteht ein dreidimensionales Bild der Bodenverhältnisse. Das wird, wie berichtet, benötigt, weil die Gasag künftig die volle Kapazität des natürlichen Speichers unter dem Grunewald nutzen will. Unter dichten Ton-, Salz- und Kalkschichten lagern hier seit 1992 in rund 800 Metern Tiefe 750 Millionen Kubikmeter Erdgas. 1,1 Milliarden sollen es künftig werden.

Etwa von Staaken bis zur Stadtautobahn, von Ruhleben bis nach Gatow reicht das Untersuchungsgebiet. Für die Messungen werden hier immer zwölf jeweils sieben Kilometer lange Kabel ausgelegt.

„Wir sind voll im Zeitplan, und haben etwa ein Viertel des Gebietes abgearbeitet“, sagt Gasag-Projektleiter Matthias Stark. Von Süden kommend nähert man sich jetzt den großen Spandauer Wohngebieten. In den kommenden Tagen werden die ersten Kabel an der Heerstraße gelegt. Besondere Herausforderungen stellen das Messegelände und der Bereich um das Olympiastadion dar. Hier muss der Einsatzplan mit Veranstaltungen koordiniert werden.

Die Bewohner des rund 42 Quadratkilometer großen Untersuchungsbereiches wurden bereits im Dezember informiert. Obwohl es bei der Verteilung der 100 000 Flyer durch eine Fremdfirma offenbar Pannen gab, verzeichne die zusätzlich eingerichtete Telefonnummer (01801/42 72 42) nur zwei bis drei Anrufe täglich, sagte Gasag-Sprecher Klaus Haschker. Bei den Messungen begleitet ein Info-Mobil die Rütteleinsätze.

Bei den Anwohner gibt es unterschiedliche Reaktionen. Während man in Grunewald auf neugieriges Interesse gestoßen sei, habe es in einer Wohnsiedlung nördlich von Gatow harsche Ablehnung, gegeben, berichtet Paul D. Stras. Er leitet den Einsatz der rund 100 Mitarbeiter der zum TÜV-Nord gehörenden Essener Spezialfirma DMT. In zwei Fällen seien Messleitungen zertrennt worden.

Stras hat mit Vibrationsmessungen bereits nach Erdöl und -gas in Österreich gesucht. Und nach heißen Quellen unter der historischen Altstadt von Speyer, ohne dass dort auch nur eines der denkmalgeschützten Gebäude beschädigt wurde. Wann immer möglich, werde zu Gebäuden ein Mindestabstand von mehr als zehn Metern gehalten, sagt Matthias Stark. Dennoch gebe es bisher drei Meldungen über Putzrisse. Bausachverständige prüfen jetzt, ob ein Zusammenhang mit den Arbeiten besteht.

Auch am Havelboden sind die Kabel gelegt. Hier werden die Vibrationen von einem Spezialboot aus durch Druckluft erzeugt. In unzugänglichem Gelände müssen die Schwingungen durch die Zündung von winzigen Sprengladungen in Bohrlöchern ausgelöst werden. Die Zahl konnte auf 18 Bohrungen ausschließlich im Feuchtgebiet Tiefwerder beschränkt werden. Bis Anfang April sollen die Messungen abgeschlossen sein.

Rainer W. During

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