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Wo ist Berlin für Fußgänger gefährlich?
© Kai-Uwe Heinrich

Berliner Straßenverkehr: „Fußgänger hupt man nicht an!“

Stadtplaner Martin Aarts kritisiert den Straßenverkehr und die Gefährdung der Fußgänger. Wie sind Ihre Erfahrungen? Welche Kreuzungen sind am schlimmsten?

Er ist einer der renommiertesten Stadtplaner Europas: Martin Aarts war jahrelang Chef der Stadtentwicklung in Rotterdam und trieb die Wandlung der schmuddeligen Hafenstadt zur Metropole von Weltrang voran. Seit September lebt Aarts am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg. Im Pankow-Newsletter teilt er wöchentlich seine Beobachtungen und Analysen mit. Diesmal kritisierte er den Straßenverkehr und die Gefährdung der Fußgänger.

Herr Aarts, fühlen Sie sich in Berlin und in Ihrem Kiez sicher?
Angst vor Kriminellen habe ich am Helmholtzplatz noch keine Sekunde gehabt. Die größte Bedrohung in Berlin ist für mich, bei einer grünen Ampel rechtzeitig auf die andere Seite zu laufen. Die Aggressivität im Berliner Straßenverkehr hat mich am meisten erstaunt, seit ich hier lebe. Ich dachte von meinem Besuchen immer, Berliner sind entspannte Leute. Aber im Alltag sieht das anders aus.

Erzählen Sie.
Ich bin als Fußgänger häufig bei Grün auf die Straße gegangen, dann wurde sofort wieder Rot, und die Autofahrer fingen an zu hupen. Ich glaube nicht, dass die mich umgefahren hätten, aber allein das Hupen hat mich schockiert.

Was schockiert Sie daran?
Ich finde das unverschämt. In Holland haben Fußgänger immer Vorrang, selbst wenn sie bei Rot gelaufen sind. Denn man darf mit dem Auto keine Fußgänger töten. Auch das Hupen ist bei uns komplett verschwunden. Da hupt niemand mehr, und schon gar nicht wegen Fußgängern! Das ist mental quasi verboten.

Finden Sie eine bestimmte Fußgängerampel besonders gefährlich?
Das ist überall in der Stadt so. Meine Frau war gerade hier zu Besuch, ich sagte zu ihr: Jetzt musst du rennen, die Fußgängerampeln sind hier nur ganz kurz Grün. Sie meinte: Ach Quatsch! Und dann sah sie: Oh, das stimmt ja. Auf der Schönhauser Allee ist es besonders schlimm. Die Kreuzung Eberswalder Straße ist komplett verrückt. Es wird Grün – bamm! – die Fußgänger rennen los wie beim 100-Meter-Sprint, und wer nicht schnell genug ist, wird angehupt. Das ist Wahnsinn.

Das Gespräch führte Christian Hönicke.

Martin Aarts, 66, ist einer der renommiertesten Stadtplaner Europas. Er verwandelte Rotterdam von einer hässlichen Industriestadt in eine moderne Metropole von Weltrang.

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