Bundesgartenschau im Havelland: „Für die Region hat sich die Buga gelohnt“
Brandenburgs Oberbürgermeisterin Tiemann sieht in der Bundesgartenschau einen Erfolg - trotz des Defizits von zehn Millionen Euro.
Frau Tiemann, war die Bundesgartenschau ein Reinfall?
Für die Havelregion war die Buga ein Riesenerfolg. Eine Million Menschen haben in 177 Tagen diese Region besucht, die sonst nie im Rampenlicht steht. Das sind so viele wie zur letzten Buga in Hamburg. Es kamen viele, die von der Region noch nie etwas gehört hatten. Das Havelland ist bekannter geworden, die Region wird noch lange davon profitieren. Schon jetzt zeigt sich das an den Buchungen für Hotels und Pensionen für das nächste Jahr.
Dennoch, in der Kasse klafft nun ein Zehn-Millionen-Defizit. Erst die Party, nun der Kater?
Man sollte das genauer betrachten. Wir hatten für die Durchführung der Bundesgartenschau, für die Pflanzen, die Veranstaltungen, das Personal zur Bewachung, also alle temporären Maßnahmen, ein Budget von rund 35 Millionen Euro geplant. In diesem Rahmen sind wir geblieben. Aber ganz klar: Wenn ein Drittel weniger Besucher kommen, hat man auch geringere Einnahmen in dieser Größenordnung. Da ist natürlich auch Traurigkeit.
Es sollten 1,5 Millionen Besucher werden. Es hieß vorher immer, das sei konservativ kalkuliert. Woran lag es, dass fast 500 000 weniger kamen, immerhin ein Drittel?
Darüber grüble ich auch noch. Das wollen wir sorgfältig untersuchen und auswerten. Um eine objektive Analyse zu machen, zu den Gründen der geringeren Besucherzahlen wie auch zu den Effekten der Buga, wollen wir externen Sachverstand hinzuziehen. Die 1,5 Millionen resultierten aus den Erfahrungen der letzten Bugas und Empfehlungen der Deutschen Bundesgartenschaugesellschaft. Aber noch mal: eine Million Gäste. Das ist wirklich nicht wenig, sondern viel.
Haben Sie zu wenig in Berlin und Hamburg die Werbetrommel gerührt?
Ich denke nicht, dass es daran lag. Das Medienecho vor allem in Berlin, aber auch in Hamburg, war gewaltig. Allerdings hatten wir irgendwann den Punkt, dass alle Hotels und Pensionen weit und breit ausgebucht waren. Und da hätte die beste Werbung nichts mehr genutzt, weil natürlich diese Buga mit ihren fünf Standorten nicht an einem Tag zu bewältigen ist.
Es war Deutschlands erste Landschafts-Buga, mit fünf Standorten, in zwei Bundesländern. Ist womöglich das Konzept doch von vornherein nicht tragfähig?
Es war eine besondere Herausforderung, nicht frei von Risiken. Dennoch: Für unsere Region war es die einzige Chance, eine Bundesgartenschau durchführen zu können. Ich bleibe dabei: Man darf nicht nur auf das Defizit im Veranstaltungshaushalt schauen. Für die Region hat sich die Buga ausgezahlt.
Dennoch, die fünf Standorte waren weit entfernt, ohne Shuttle-Verbindung. Hat das abgeschreckt?
Wer hier war, mit dem Fahrrad, auf dem Wasser, mit der Bahn, wer sich auf den Weg von Brandenburg an der Havel nach Havelberg gemacht hat, sah das nicht so. Natürlich ist die Entfernung ein objektive Herausforderung. Ich bin mir trotzdem sicher, am Verkehrskonzept lag es nicht.
Was bleibt von der Buga?
Es sind die nachhaltigen Investitionen, die schöneren Stadtbilder. Wir hatten dringend erforderliche Investitionen für die Buga vorgezogen. In der Stadt Brandenburg ist das Bahnhofsgebäude samt Vorplatz komplett erneuert worden. Und die Johanniskirche, vorher eine Ruine, steht nun wieder der Kirchgemeinde und für Veranstaltungen zur Verfügung. Es sind in die Region etwa 100 Millionen Euro investiert worden. Das alles bleibt.
Trifft es Sie persönlich, wenn sich nun die Kritiker und Skeptiker bestätigt fühlen?
Nein, warum sollte es das? Die Bundesgartenschau ist ein Riesenerfolg. Auch die Menschen in dieser Region, die es sonst nicht leicht hat, haben das so erlebt. So waren die Reaktionen der Gäste fast durchweg positiv. Einige haben gesagt: Dieser Wasserreichtum! Ihr lebt da, wo andere Urlaub machen! Was das gerade für diese Region bedeutet, kann man noch gar nicht ermessen. Meine Beobachtung, die Bürger sind selbstbewusster und stolzer auf ihre Heimat geworden.
Dennoch, zehn Millionen Euro Miese sind viel Geld, allein sechs Millionen für Ihre Stadt. Wie wollen Sie das bezahlen?
Wir haben den Auftrag, in den Haushalten Reserven zu suchen. Wir haben ordentliche Ergebnisse in den kommunalen Unternehmen, die auch von der Buga profitiert haben. Wir werden eine Lösung finden.
Brandenburg war schon vorher hoch verschuldet. Hoffen Sie, dass das Land einen Teil der Buga-Verluste abnimmt?
Das wäre wünschenswert. So war es bei den anderen Bundesgartenschauen in Brandenburg bisher auch. Und diese Buga war auch im Interesse des Landes, ist touristisch das bedeutendste Landesereignis in diesem Jahr gewesen.
Brandenburg steht bisher an der Spitze des Widerstandes gegen die Kreisgebietsreform, bei der die Havelstadt wie auch Cottbus und Frankfurt an der Oder in Großkreisen aufgehen sollen. Die Landesregierung lockt mit einer Teilentschuldung. Wird die Buga zum Totengräber der Kreisfreiheit?
Auf keinen Fall! Die Stadt Brandenburg wird 2016 erstmals einen ausgeglichen Haushalt haben, daran ändert auch das Defizit der Buga nichts. Nicht die Kreisfreiheit, sondern die chronische Unterfinanzierung der kreisfreien Städte im Land Brandenburg ist das Grundübel.
In der Lausitz gab es bereits Überlegungen für eine Seenland-Buga, also in den Gemeinden um geflutete Tagebauseen. Würden Sie das trotz des Millionenlochs den Kollegen dort noch immer empfehlen?
Auf jeden Fall, eine Bundesgartenschau trägt dazu bei, dass eine Region zusammenrückt. Eine Gartenschau im Seenland könnte für die Lausitz der Motor für eine touristische Entwicklung sein.
Die Fragen stellte Thorsten Metzner.