Krise nach der Wahl in Friedrichshain-Kreuzberg: Funkstille zwischen Grün-Rot-Rot
Die Grünen haben die Verhandlungen mit Linken und SPD über die Bildung des neuen Bezirksamtes vorübergehend gestoppt. Grund ist der Streit um die Wiederwahl der grünen BVV-Vorsteherin.
Die grün-rot-rote Harmonie in Friedrichshain-Kreuzberg ist schwer gestört. Nach der gescheiterten Wahl ihrer Kandidatin als BVV-Vorsteherin haben die Grünen die Verhandlungen mit Linken und SPD vorläufig unterbrochen. Einen neuen Termin für die Fortsetzung der Gesprächen gibt es bisher nicht.
Am vergangenen Mittwoch war die konstituierende Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung im Rathaus Kreuzberg vorzeitig abgebrochen worden, nachdem die Wiederwahl der Grünen-Politikerin Kristine Jaath zur BVV-Vorsteherin auch im zweiten Wahlgang gescheitert war.
Die Fraktionen von Linken und SPD hatten der Grünen-Kandidatin die erforderliche Mehrheit verweigert, obwohl Bündnis 90/Die Grünen als stärkste Fraktion das Vorschlagsrechts für das Amt haben. Dabei hatten Grüne, Linke und SPD bei ihren Verhandlungen über die Fortsetzung ihrer Zählgemeinschaft vereinbart, "auf Augenhöhe" die gemeinsame politische Linie für die kommenden Jahre festzulegen und die Bildung des neuen Bezirksamtes "einvernehmlich" zu regeln.
Ein Krisengespräch zwischen Grünen, Linken und SPD blieb ergebnislos
"Wir haben im Vorfeld klar kommuniziert, dass wir Bedenken gegen die Kandidatin haben", sagte SPD-Fraktionschef Andy Hehmke. Jetzt sei es an den Grünen zu entscheiden, "ob sie an ihrer Kandidatin festhalten oder einen neuen Personalvorschlag machen". Bei den Grünen allerdings kam das anders an.
„Wir waren mehr als überrascht über den Ausgang der Wahl“, sagte Grünen-Kreisvorstand Werner Graf am Dienstag. Am Abend zuvor waren die drei Verhandlungspartner zum Krisengespräch zusammengekommen, allerdings blieb es beim Austausch der unterschiedlichen Positionen, eine Einigung gab es nicht.
Wie es weitergeht, ist offen. Ein neuer Termin für Gespräche wurde nicht vereinbart. Die Grünen haben die Verhandlungen mit Linken und SPD über die Bildung des neuen Bezirksamtes „vorläufig ausgesetzt“, wie die grüne Verhandlungskommission den Parteimitgliedern in einer E-Mail mitteilte.
Jetzt ist die Parteibasis gefragt. Die Parteimitglieder versammeln sich am kommenden Dienstag turnusmäßig zur Sitzung der Bezirksgruppe, bei dem Treffen wird über das weitere Vorgehen voraussichtlich beraten. Die umstrittene Grünen-Politikerin Kristine Jaath zeigt sich ebenfalls irritiert: Von Linken und SPD sei nie offen Kritik an ihrer Amtsführung geäußert worden. "Dabei gibt es die Gelegenheit zur Aussprache nach jeder Sitzung der Bezirksverordneten", so Jaath. Nach den turbulenten BVV-Sitzungen im Zusammenhang mit der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule sei ihr vorgeworfen worden, nicht konsequent genug gegen Störer auf den Besuchertribünen vorgegangen zu sein und das Hausrecht als BVV-Vorsteherin nicht ausreichend durchgesetzt zu haben - doch diese Kritik sei nur aus den Reihen der CDU-Fraktion gekommen. Linke und SPD hätten ihres Wissens nach "sicher nicht" nach der Polizei gerufen, um das Hausrecht durchzusetzen.
Die 54-Jährige ist seit 2011 BVV-Vorsteherin. Ob sie an ihrer Kandidatur festhält, will sie gemeinsam mit der Partei entscheiden. "Das wichtigste ist, dass wir eine funktionierende BVV zustande bekommen". Trotz der verfahrenen Lage zeigte sich Grünen-Parteivorstand Werner Graf zuversichtlich, dass bis zur nächsten BVV-Sitzung, die am 30. November stattfinden soll, eine Lösung gefunden wird, mit der Grün-Rot-Rot doch noch gelingt.