20 Grad am Sonntag: Frühling in Berlin: Gärtnern, Radfahren, Natur erleben
Bei diesem Wetter bekommen Mensch und Natur Frühlingsgefühle. Dabei kann jeder seinen Lieblingsplatz finden. Ein Blick in die Stadt - und Tipps für Naturfreunde.
Endlich sind die längsten Tage des Jahres überstanden. Nämlich jene, an denen man den Frühling für längst überfällig hält und bei jedem Schritt vor die Tür viel inbrünstiger friert, als man es im echten Winter je getan hat. Jetzt ist der Frühling da und ganz Berlin ist heiter. Sonne gab’s schon gestern; ab heute kommt noch Wärme dazu – und alle streben raus.
Gartenmöbel, Sonnenschirme und Rasenmäher warten
Für viele führt der Weg ins Grüne am Baumarkt vorbei, etwa beim Bahnhof Storkower Straße. Es duftet nach Basilikum, Lavendel und frischer Blumenerde. Gartenmöbel, Sonnenschirme, Rasenmäher und Grills warten gleich am Eingang auf Kundschaft. Zum Beispiel auf Martina Och, die endlich den ersten Kaffee auf dem Balkon genießen will. „Dafür müssen wir ihn aber erst richtig begrünen“, sagt sie. Mediterran soll es sein; mit Holzboden, einer kleinen Sitzecke, Kräutern und Erdbeeren. „Ich bin heute morgen aufgewacht, habe raus geschaut und gedacht: Jetzt müssen wir zuschlagen.“
Rosmarin und Geranien sind schon vormittags ausverkauft. Von Letzteren hätten sie fünf große Wagen gehabt, erzählt ein Baumarktmitarbeiter. Die fünfjährige Mira wedelt mit ihrem bunten Windrädchen, während Mama Tina Schneider den Wagen durch die Gänge schiebt und eifrig Vergissmeinnicht und Blumenerde einlädt. „Wir machen jetzt alles neu. Ich wollte schon vor Ostern anfangen, aber erst jetzt ist es ja so richtig schön.“
Für Hobbygärtner: Kartoffeln rein, Gräser runter
Sven Wachtmann, Fachberater im Landesvorstand des Kleingärtnerverbandes, gibt den Kunden recht: „Jetzt kann man ruhig loslegen“, sagt er: Balkonkästen bepflanzen, Gemüse säen oder einsetzen – und im Garten: Stauden schneiden, alte Gräser kappen. Qualitätspflanzen erkenne man an der Wurzel, sagt Wachtmann: Beim Anheben sollten Topf und Erde nicht abfallen. Im Topf dicht gewordene Wurzelballen solle man von Hand lockern, damit sie besser anwachsen.
Während Jungpflanzen die Sonne gut vertragen, rät Wachtmann bei älteren Gewächsen nach der Winterruhe zur Vorsicht: Oleander oder Kaktus können nach Monaten im Flur oder Wintergarten in der vollen Frühlingssonne verbrennen.
Auch in den Fahrradläden hat die Hauptsaison begonnen. „Normalerweise kommen die Kunden schon Ende Februar. Das ist dieses Jahr anders“, sagt Oliver Binder von Zweirad-Stadler in Prenzlauer Berg, wo Andrang herrscht. Es habe wohl am kühlen März gelegen. Und als Osterwunsch sei das Fahrrad wohl nicht mehr ganz so beliebt wie früher.
Neben ihm bereitet sich Familie Bölke für die Sonntagstour am Griebnitzsee vor. „15 Kilometer mit einer Pause an der Eisdiele. Das ist gut zu machen“, sagt André Bölke. Tochter Jessica (9) darf dann ihr neues grün-weißes Rad einfahren. Etwas ängstlich steigt der vierjährige Louis aufs Rad – sein erstes. Den blauen Helm aber hat er schon lieb gewonnen.
Es blüht im Volkspark Friedrichshain
Wer nicht buddelt, radelt oder joggt, sucht sich seinen Lieblingsplatz an der frischen Luft – und hat große Auswahl. Stefanie Becker und Tochter Carlotta (2) zieht es zur Wasserfontäne im Volkspark Friedrichshain. Enten füttern, auf dem Indianerspielplatz tollen und Erdbeereis essen stehen auch noch auf dem Programm. „Es ist schön zu sehen, wie alles langsam zu blühen beginnt. Und die Menschen sind auch so viel freundlicher und besser gelaunt“, sagt Stefanie Becker.
Derk Ehlert, Wildtierexperte beim Senat, hat mehrere Saisontipps für Naturfreunde: Durch den Tiergarten schalle der kickernde Ruf der brütenden Habichte. Über dem Alex vollführen die balzenden Wanderfalken vom Roten Rathaus vormittags großartige Akrobatik. In Zoo und Tierpark sind die Kolonien von Kormoranen und Reihern in den noch kahlen Baumkronen jetzt gut zu sehen. Und abends nagt sich der Biber durch den Schlosspark Charlottenburg.
Auch am Stadtrand ist viel los: Im Norden verspricht Ehlert die lauten Trompetenrufe zweier brütender Kranichpaare am Tegeler Fließ bei Hermsdorf und Lübars. Ein neues Highlight seien die beiden Beobachtungsstände an der Moorlinse in Buch – mit Blick auf seltene Wasservögel. Und im Südosten „ist der Müggelsee sehr empfehlenswert“, weil inzwischen zwei Seeadlerpaare im Müggelwald brüten. Wie man die erkennt? „Wenn nach oben schaut und am Himmel ein Brett von 2,4 Metern segelt.“
Bis Dienstag bleibt es warm
Glücklich, wer dieses Wochenende noch verlängern kann. Der Sonntag wird mit 20 Grad schon gut – aber der Montag mit etwa 22 noch besser, prophezeit Jörg Riemann vom Wetterdienst Meteogroup. Bis einschließlich Dienstag soll die Wärme bleiben, wobei es auch schauern oder kurz gewittern kann. Ab Mittwoch wird es wechselhafter und zum Wochenende hin wohl mit etwa 14 Grad Höchsttemperatur nur so warm, wie es sich für Anfang April eigentlich gehört. Immerhin war der leichte Frost Sonnabendfrüh der vorerst letzte, versichert Riemann. Wer jetzt gärtnert, muss also nicht fürchten, dass alles umsonst war.