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Weiße Wand, blaues Dach. Das Hostel in Wedding trägt außen noch die Farben von Hertha.
© Doris Spiekermann-Klaas

Hertha-Domizil am Gesundbrunnen: Früheres Hertha-Vereinsheim lädt jetzt als Hostel ein

Jahrelang verrottete das Vereinsheim von Hertha BSC in Wedding. Jetzt wurde hier ein Hostel eröffnet. Heute beginnt für den Bundesligisten die Rückrunde – zu sehen gibts hier die Spiele aber erst im Sommer.

Am Eingang des Gesundbrunnen-Centers hält ein älterer Herr mit Gehstock vor einem auf dem Boden sitzenden Punk an. Er fragt: „Wissen Sie, wo hier das Hertha-Haus ist?“ Der Punk wedelt mit den Händen in der Luft herum und zeigt in Richtung Jülicher Straße. Da, inmitten grauer Plattenbauten steht ein kleines Haus mit blauem Dach und einer bewegten Geschichte: Das alte Vereinsheim der Hertha, das einstige „Hertha-Domizil“ ist in Wedding wieder Gesprächsthema.

1924 erbaut, ging es nach dem Zweiten Weltkrieg an Hertha über und war Treffpunkt, Kneipe und Geschäftsstelle in einem. Dort wo heute die Plattenbauten stehen, war damals noch das alte Hertha-Stadion, die „Plumpe“ genannt; im Jahr 1974 abgerissen. Seit der Verein seinen Sitz ins Olympiastadion verlegte, rottete auch das kleine Haus mit dem blauen Dach vor sich hin. Ein schwerer Brand zerstörte das Sparrendach aus Holz fast vollständig, die Fenster wurden zugenagelt und das Gelände mutierte langsam zu einem großen Bauloch voller Schutt und Müll.

Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Die Außenfassade strahlt weiß, das glänzende blaue Dach ist repariert und über der Eingangstür hängt ein leuchtendes Schild: „Hostelo Berlin“. „In Berlin wird immer alles abgerissen, aber an das Alte denkt niemand“, sagt Burcu Orcak, 24, Geschäftsführerin des Hostels, das vor Kurzem für Besucher geöffnet wurde. Sie sitzt im Café im Erdgeschoss und trinkt einen Cappuccino. Ihr Vater Ercan Orcak hat das einstige Hertha-Domizil und die umliegenden Grundstücke gekauft, um den Stadtteil neu zu beleben, wie er sagt. In die Renovierung des Hauses hat er 1,5 Millionen Euro investiert. „Keiner wollte hier bauen“, sagt er. Als das Haus 2010 versteigert wurde, war er der einzige Interessent. Der Denkmalschutz wurde aufgehoben, danach wurde vier Jahre lang renoviert. Jetzt steht anstelle der Ruine ein buntes Hostel mit 25 Zimmern und einem Café. Ein Restaurant und eine Cocktailbar im Keller sollen auch bald in Betrieb genommen werden. Noch riecht es im Haus nach frischer Farbe.

Die Familie Orcak kommt aus der Baubranche, auch Burcu ist Bauingenieurin und kennt das Gebäude daher vom Dach bis zum Fundament. „Ein Haus ist wie ein Kind“, sagt sie. „Dieses hier war eben verlassen, ein Findelkind.“ Als die Orcaks das Grundstück des „Hertha-Domizils“ kauften, wussten sie noch gar nicht, was einmal daraus werden sollte. Erst spät fiel die Entscheidung für ein Hostel, auch um junge Menschen in den Bezirk zu locken. „Ich hoffe, dass Cafés und Bars nachziehen“, sagt Vater Ercan Orcak. Direkt neben dem Hostel bauen die Orcaks derzeit ein Boarding-House, auf der anderen Seite sollen Studentenwohnheime entstehen. „Wir wollen noch lange hier bleiben“, sagt der Sohn Ercan Orcak. Zurzeit beschäftigen sie drei Angestellte, doch schon bald sollen mehr dazukommen. Schon während der Bauphase gab es ein großes Interesse der Anwohner daran, was sich dort tut. „Wenn ich in einem Café saß, habe ich immer gehört, wie die Menschen wild darüber spekulierten, was wohl aus dem Haus wird“, sagt Burcu Orcak. „Die wussten ja nicht, wer ich bin.“

Sie selbst hat das Haus immer nur leer gesehen und war erstaunt, wie viele Fußballfans am Tag der Eröffnung bei ihnen vorbeischauten. „Wir haben von Hertha nicht viel in unserem Hostel angebracht, aber die Geschichten laufen quasi durch unser Café“, sagt Burcu Orcak. Alte Herthafans bringen Fotos vorbei und erinnern sich daran, wie das Haus zu den Zeiten aussah, als es hier statt nach Kaffee und frischer Farbe nach Männerschweiß und Bier roch. „Das hat uns gewundert, die Leute, die bei uns reinschauen, sind meist über 40 Jahre alt“, sagt Burcu Orcak. Für März sind sie jetzt schon ausgebucht. Auch deshalb, weil viele Anwohner ihrem Besuch das Hostel empfehlen. „Bisher gab es nur positive Rückmeldungen aus dem Viertel“, sagt Ercan Orcak. Er ist natürlich auch Herthafan, seine Schwester hat früher selbst Fußball gespielt. Im Sommer werden sie deshalb auf der Terrasse auch Fußballspiele übertragen. So rollt der Ball wenigstens auf dem Bildschirm zurück in den Weddinger Ortsteil Gesundbrunnen. Und für den einst dort residierenden Verein beginnt heute die Rückrunde in der Bundesliga – allerdings in Bremen.

Dieser Artikel erscheint im Wedding-Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Pascale Müller

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