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Hans-Jürgen Arnsmann vor seiner Werkstatt in der Albestraße in Friedenau
© Kai Portmann

Berlin Tempelhof-Schöneberg: Friedenauer Institution sucht neue Werkstatt

Seit Jahrzehnten ist Hans-Jürgen Arnsmann mit seiner Werkstatt für Bilderrahmung und Glasreparaturen eine feste Größe in Berlin-Friedenau. Doch nun muss er sich eine neue Bleibe suchen.

„Alles langsam übersichtlich machen“, das hat Hans-Jürgen Arnsmann schon länger vor. Doch dazu ist der 1940 geborene Glasermeister bislang nie gekommen. Denn Arnsmann ist viel zu sehr beschäftigt mit seinem zweiten beruflichen Standbein, dem Bauen von Bilderrahmen, als dass er in seiner Werkstatt an der Albestraße 19 in Berlin-Friedenau mal gründlich hätte Ordnung schaffen können.

Aber jetzt ist der Endsiebziger dazu gezwungen, Grund in das zumindest für den Besucher unübersichtliche Gewirr von Holzleisten, Rahmen und Glasplatten zu bringen, das sich rund um einen massiven Arbeitstisch auf etwa 110 Quadratmetern in mehreren Räumen angesammelt hat.

Denn der schmucke Altbau vom Beginn der 1890er Jahre, in dessen Erdgeschoss Arnsmann seit Jahrzehnten sein Geschäft betreibt, ist an einen neuen Eigentümer verkauft worden. Zum Jahresende muss Arnsmann deshalb seine „Werkstatt für Bilderrahmung und Glasreparaturen“ räumen, das Haus wird luxussaniert. Einige Mieter sind bereits ausgezogen.

Wehren will sich Arnsmann nicht gegen die Verdrängung. „Die sitzen am längeren Hebel“, sagt er über den neuen Hauseigentümer, „so eine Firma vom Kudamm“. Und deshalb ist Arnsmann, der direkt gegenüber der Werkstatt auf der anderen Straßenseite wohnt, auf der Suche nach einem neuen Arbeitsraum. Er hört sich um, fragt da und dort, und fährt mit dem Fahrrad viel herum, um vielleicht auch per Zufall eine neue Bleibe für sein Handwerk zu entdecken. „Aber vieles ist auch zu teuer“, sagt Arnsmann. Oder einfach zu weit entfernt von der Albestraße.

Denn hier, im beschaulichen Friedenau, ist der freundliche Herr mit dem markanten Bart eine Institution. Bei gutem Wetter stellt Arnsmann einen Arbeitstisch vor seine Werkstatt und sägt und schneidet unter freiem Himmel.

Von Essen über Zürich und Bayern nach Berlin

Erlernt hat Arnsmann das Glaserhandwerk in seiner Heimatstadt Essen, wo er aber nicht in seinem Beruf alt werden wollte. Erst zieht es ihn 1963 nach Zürich, dann ein Jahr später nach Bayern. In Freising hilft er, die Bleiverglasung einer Barockkirche zu restaurieren, denn „das hat mich da am meisten interessiert“.

Sesshaft wird Arnsmann aber nicht im Süden, „mit dem Urbayerischen bin ich nicht klar gekommen“. Ein Schreiben an die Westberliner Glaserinnung bringt ihn dann zu einem Glaser nach Zehlendorf . Eine seiner Hauptarbeiten ist die Verglasung der katholischen Kirche St. Canisius am Lietzensee, die dann im April 1995 durch das Zündeln von zwei Jugendlichen in Brand gerät und zerstört wird.

1967 macht Arnsmann seinen Meister und findet eine Anstellung bei der Glaserei Karl Neufert in Friedenau, die erst am Friedrich-Wilhelm-Platz sitzt, dann aber später um die Ecke in die Albestraße zieht. Zum Jahresbeginn 1979 übernimmt Arnsmann das Geschäft, das er inzwischen zum weit überwiegenden Teil als Rahmenbauer bestreitet. Diverse Ausstellungskataloge zeugen von Arnsmanns Fertigkeit, die ihm Kundschaft aus ganz Berlin sichert. Die Glaserei ist nur noch ein Nebengeschäft.

Vor zehn Jahren gab es mal einen potenziellen Nachfolger für Arnsmanns Betrieb, doch da wollte er sich noch nicht zu Ruhe setzen. Auch jetzt mit bald 78 Lebensjahren habe er noch keine Lust, Schluss zu machen. „Bis 80 kann ich mir das schon vorstellen“, sagt Arnsmann. Und so wird er sich jetzt weiter umhören und mit dem Rad durch die Straßen fahren, um schnell eine neue Bleibe für seine Werkstatt zu finden.

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