Görlitzer Park in Berlin: Freiwillige sollen Schüler vor Dealern schützen
Anwohner und Passanten fühlen sich im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg zunehmend von Kriminellen bedrängt. Ein Begleitdienst soll das Sicherheitsgefühl erhöhen, schlägt eine Initiative vor.
Wer in den Görlitzer Park will, der kommt an ihnen nicht vorbei. Männer, die Drogen verkaufen, stehen an jedem Eingang, mal allein, mal in Gruppen. Nahezu jeder Passant wird angesprochen. Zügig weitergehen und auf den Boden schauen hilft nur bedingt. „Was guckst du so traurig“, ruft einer hinterher.
„Ich arbeite hier seit zwei Jahren und in dieser Zeit hat sich das Problem mindestens verdreifacht“, sagt Michael Schulze, der auf dem Kinderbauernhof im Park das Ferienprogramm betreut. Sei er früher auf dem Weg zur Arbeit dreimal angesprochen worden, passiere dies jetzt zehnmal. Wenn die Bauernhof-Kinder am Abend nach Hause gehen, wollen sie, dass einer der Erwachsenen sie zum Ausgang begleitet.
Polizei: Solange es Drogenkonsumenten gibt, gibt es auch die Straßendealer
Einem Mädchen, das gerade beim Kochen hilft, sitzt der Schreck noch in den Knochen. Bei einer Polizeirazzia in der vergangenen Woche flüchtete sich ein Dealer auf das Gelände des Bauernhofes. Dabei rempelte er die Zehnjährige, vermutlich unabsichtlich, an. „Ich hatte Angst, dass er mich als Geisel nimmt“, sagt sie.
Nach Angaben der Polizei sind körperliche Übergriffe im Park zwar die große Ausnahme, es gebe aber bei vielen Parkbesuchern ein subjektives Gefühl von Unwohlsein. „Sie fühlen sich bedroht, fürchten, von Drogendealern angequatscht oder bedrängt zu werden“, sagte ein Polizeisprecher. 59 Razzien gab es allein im ersten Halbjahr, dabei seien 428 Personen überprüft worden, 170 Platzverweise ausgesprochen, es gab ebenso viele Strafanzeigen, 79 Personen wurden festgenommen. Dennoch sagt der Polizeisprecher: „Das Problem ist allein mit polizeilichen Maßnahmen nicht in den Griff zu bekommen“. Solange es Drogenkonsumenten gebe, werde es auch Handel geben.
Anwohnerinitiative beklagt fehlende Unterstützung der Eltern
Anwohnerinitiativen versuchen seit langem, den Park sicherer und attraktiver zu machen. Die Gruppe „Unser Görli“ schlägt vor, morgens und nachmittags im Park Freiwillige einzusetzen, die Schüler, die auf eine Grundschule jeweils auf der anderen Seite des Parks gehen, beim Durchqueren des Geländes begleiten. „So ähnlich wie Schülerlotsen, aber das müssen natürlich Erwachsene sein“, sagt Thomas Bauermeister, der sich bei der Initiative engagiert. Die Idee sei von Eltern gekommen, jetzt werde bei den Grundschulen in der Nähe des Parks, der Fichtelgebirgsgrundschule am Görlitzer Ufer und der Rosa-Parks-Schule in der Reichenberger Straße angefragt, ob es dafür Unterstützung und Bedarf gebe. „Aber wie das so ist, es schimpfen immer viele, aber aktiv werden dann nur wenige“, fügt Bauermeister hinzu.
Gastronom fordert Politiker zum Handeln auf
Auch Fred Jacob vom Restaurant Edelweiss engagiert sich in der Initiative. „Der Park ist eigentlich nur noch ein Drogenumschlagplatz, kein Erholungsgebiet mehr“, sagt er. Seit sieben Jahren betreibt er das Lokal, seit vierzehn Jahren wohnt er in der Nähe. „Privat würde ich nicht in den Park gehen“, sagt er. Er findet, dass die Politiker eine Lösung finden müssen. Der Drogenhandel ziehe weitere Probleme nach sich, etwa die zunehmende Verschmutzung und Verwahrlosung. „In Reiseführern wird der Görlitzer Park als Anarcho-Park angepriesen, da denken viele, sie können hier machen, was sie wollen“.
Doch auch die zuständigen Politiker wirken ratlos. Eigentlich habe das Problem mit der generellen Drogenpolitik zu tun, da könne der Bezirk nichts ausrichten, sagt Stadtrat Hans Panhoff (Grüne), der im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg für Grünflächen zuständig ist. „Wir bemühen uns allerdings, den Park zu verbessern und auch an das Verantwortungsgefühl der Nutzer zu appellieren.“ So soll der Platz um den ehemaligen Pamukkale-Brunnen unter Einbeziehung der Bürger neu gestaltet werden, zudem seien die Wege mit einem neuen Belag versehen worden, so dass sie auch für Familien mit Rad oder Rollschuh fahrenden Kindern besser nutzbar seien. Auch die Beleuchtung sei verstärkt worden. „Die Lampen sind immerhin bis jetzt noch nicht beschädigt worden.“