„FragDenStaat“ will Transparenz: Freie Universität soll Giffeys Stellungnahme herausgeben
Bis heute ist unklar, wie sich Franziska Giffey gegen die Plagiatsvorwürfe verteidigte. Jetzt soll die FU zur Freigabe des Gutachtens gezwungen werden.
Im Plagiatsverfahren um die Doktorarbeit von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) geraten die Freie Universität (FU) und deren Präsident Günter M. Ziegler weiter unter Druck. Die Transparenz-Initiative "FragDenStaat" versucht, beim Verwaltungsgericht Berlin die Herausgabe der Stellungnahme zu erklagen, die Giffey zu Verteidigung ihrer Arbeit gegen Plagiatsvorwürfe der Website "VroniPlag Wiki" abgeben hatte. Die Klageschrift liegt dem Tagesspiegel jetzt vor.
Schon seit 2019 bemüht sich der Journalist und Lobby-Control-Vorstand Arne Semsrott, Projektleiter von „FragDenStaat“, darum, die Universität dazu zu bewegen, die Stellungnahme freizugeben. In dem anwaltlichen Gutachten soll sich Giffey laut einem Bericht des "Spiegel" darauf berufen haben, dass ihre damalige Doktormutter - die Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel - ihr eine bestimmte Zitierweise vorgegeben habe. Deshalb könne, so die vom "Spiegel" wiedergegebene Argumentation, von Täuschung keine Rede sein.
Bis heute ist das Gutachten jedoch nicht öffentlich. Die FU lehnte eine Herausgabe nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz bislang ab. Das Papier der Anwälte enthalte personenbezogene Daten, dem Informationsinteresse stünden "schutzwürdige Belange" der Bundesfamilienministerin entgegen, so argumentiert die Universität laut der dem Tagesspiegel vorliegenden Klageschrift.
Auch ein Widerspruch von Semsrott scheiterte im Juni 2020. Er hatte argumentiert, dass die Herausgabe eines Gutachtens möglich sei, indem "schutzbedürftige personenbezogene Daten" notfalls geschwärzt würden.
Die Universität begründete ihre erneute Ablehnung der Klageschrift zufolge damit, dass Franziska Giffey selbst ihre Zustimmung zur Freigabe verweigert habe. Außerdem sei in dem anwaltlichen Gutachten auch die Entstehungsgeschichte der Arbeit nachvollziehbar - wobei es sich dabei insgesamt um personenbezogene Daten handele.
Auch den Schlussbericht wollte die FU nicht veröffentlichen
Semsrott sieht sich und die Öffentlichkeit um ihr Recht auf Information gebracht. "Das Problem ist, dass sich die FU im Zusammenhang mit der Doktortitelfrage wahnsinnig intransparent verhalten hat – und das ist das Gegenteil von guter wissenschaftlicher Praxis", sagte Semsrott dem Tagesspiegel
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"Wenn wir als Öffentlichkeit die Argumente nicht nachvollziehen können, ist auch eine unabhängige Debatte darüber nicht möglich." Dass die Universität und die unter dem Plagiatsvorwurf stehende Ministerin sich dem öffentlichen Interesse verweigerten, sei "der Wichtigkeit des Streits nicht angemessen", sagte Semsrott. "Deshalb ist Transparenz das Gebot der Stunde."
[Den gesamten Bericht der Prüfkommission der Freien Universität können Sie hier als PDF herunterladen. Der Asta der FU hatte ihn öffentlich gemacht.]
Erst Anfang Oktober hatte die Universität den "Schlussbericht des Gremiums zur Überprüfung der Dissertation von Frau Dr. Franziska Giffey" der Studierendenvertretung der FU, dem Asta, zur Verfügung gestellt. Auch dagegen hatte sich die Universität zuerst gewehrt, dann aber nachgegeben. In dem elfseitigen Bericht begründet das Prüfgremium ausführlich, warum es zu einer Rüge statt zum Entzug des Doktorgrades kam.