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Kellnern und Babysitten, kein Problem für Frank Zander (links), das schafft er auch gleichzeitig, zumal ihm Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) beim Servieren zur Seite stand. Seit 20 Jahren wird diese Feier von Zander, dem Diakonischen Werk und dem Estrel Hotel ausgerichtet. Auch bedürftige Familien mit Kindern waren eingeladen.
© dpa, Jens Kalaene

Weihnachtsfest für Obdachlose in Berlin-Neukölln: Frank Zander holt die Gänsekeule raus

Bereits zum 21. Mal lud der Entertainer Frank Zander Obdachlose und Bedürftige zum Gänsebratenessen ins Neuköllner Estrel-Hotel ein.

Der Mann hinter der Gans steht am Eingang und schüttelt jedem Gast persönlich die Hand. Das ist ihm wichtig, das hat Tradition und wird deshalb am Montag auch zum 21. Male von ihm zelebriert. Frank Zander begrüßt Obdachlose, Hartz-IV-Empfänger und ganze Familien, die finanziell am Limit leben – im Convention Center des Neuköllner Estrel-Hotels zur weihnachtlichen Gänsekeule mit Klößen und Rotkohl, zu Geselligkeit und Musik. Und natürlich gibt’s auch diesmal wieder jede Menge Säcke voller Geschenke. Rund 3000 Menschen sind eingeladen. Vielen sieht man an, dass ihr Alltag nicht leicht ist. Der 21. Dezember ist für sie alljährlich etwas Besonderes. Ein Adventsklassiker, ein Höhepunkt des Jahres.

Hunderte Hände schütteln, da tut selbst Frank Zander irgendwann die Hand weh. Der 73-jährige Sänger und Entertainer, der mit „Hier kommt Kurt“ und vielen anderen Partykrachern, Schunkelliedern und Fußballhymnen seine größten Erfolge feierte, hatte 1995 erstmals die Idee, vor allem für Obdachlose eine kulinarische Bescherung zu organisieren. Anfangs waren es ein paar Hundert, dann begann der große Ansturm, im vergangenen Dezember wurde Jubiläum gefeiert: 20 Jahre, aber bitte mit Rotkohl! Und jetzt, so kurz vor Heiligabend, geht’s mit vollem Schwung weiter.

Doppeldecker-Busse der BVG haben die Gäste aus etlichen Teilen der Stadt gratis zum „Estrel“ an der Sonnenallee kutschiert. In etlichen Wärmestuben wurde seit Langem für das Event geworben. In der zentralen Beratungsstelle für Wohnungslose in Moabit konnte man sich anmelden und erhielt dann ein Einlassbändchen für Bus und Hotel. Und nun stehen sie da, in einer langen Schlange am Eingang.

Eingeladen. Heiko Barbig. Lebt derzeit vom Flaschensammeln.
Eingeladen. Heiko Barbig. Lebt derzeit vom Flaschensammeln.
© Kathrin Merfort

Einstiger Gabelstaplerfahrer schläft jetzt in Tiefgarage

Zum Beispiel Margitta F., 54 Jahre alt, gelernte Schneiderin aus Marzahn. Lebt dort in einer Ein-Raum-Wohnung, jobbte zuletzt in einer Caféteria, ist aber seit acht Jahren arbeitslos, da sie unter Osteoporose leidet. Oder der einstige Gabelstaplerfahrer Heiko Barbig, 51. Er verlor vor etlichen Jahren seine Arbeit, als der Stapler umkippte und sein rechtes Bein schwer verletzt wurde. Danach zog er obdachlos durch Spanien, Italien und Frankreich, bevor er nach Berlin ging. Hier lebt er vom Flaschensammeln. Wo er derzeit schläft? „In der Tiefgarage am Ostbahnhof . . . seit sechs Monaten.“

Nett sehen die runden Tische in der riesigen Halle aus, Plätzchen und Mandarinen in Körbchen, rote Papierdeckchen, Cola und Saftflaschen, aber kein Alkohol. Ein Musikmix aus Rock, Adventsliedern und Schunkelstimmung macht Stimmung. Promis wuseln durchs Gewühle und servieren auf Tabletts „Gans was Gutes“, wie einer der Gäste, ein Bärtiger mit viel zu weitem Pullover, scherzt.

Auch das gehört zur Idee: Wer oft im Scheinwerferlicht steht, soll hier diejenigen bedienen, die ansonsten im Dunkel leben. Innensenator Frank Henkel (CDU) ist da und zeigt, dass er auch kellnerisch Talent hat, wenn er aus der Estrel-Küche die nächste Ladung abholt und später den Kuchen heranschleppt. Sängerin Nicole und die Doppel-Olympiasiegerin im Schwimmen, Britta Steffen, gehören zum Serviceteam. Und natürlich Zeremonienmeister Frank Zander selbst, den bunten Schal wie alle Jahre um den Hals geschlungen, locker plaudernd, aber manchmal auch ein bisschen angespannt. Schließlich sind die Vorbereitungen für das Mahl der Dreitausend kein Zuckerschlecken.

Gemeinsam mit Freunden, seiner Familie und 200 ehrenamtlichen Helfern, die auch im Estrel dabei sind, stemmt er das Event schon monatelang zuvor. Auch zahlreiche Sponsoren machen mit, spenden alltagstaugliche Geschenke wie Schlafsäcke, Zahnbürsten, Rucksäcke.

Teller leer, die Bühnenshow startet. Mit der Rockband „Queen II“, Popsängerin Linda Hesse & Band und, na klar, „Franki“ selbst, wie ihn hier viele rufen. Was er singt? Keine Frage. Zum Finale auf jeden Fall: „Nur nach Hause gehn wir nicht!“

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