Züge im 15-Minuten-Takt: Flughafengesellschaft stellt ÖPNV-Verbindungen zum BER vor
Weil die Straßen überlastet sein werden, muss die ÖPNV-Anbindung des BER massiv ausgebaut werden: Schon zum Start soll es etwa einen Flughafenexpresszug geben.
Die Flughafengesellschaft weiß schon ganz genau, wie viele Passagiere nach der Eröffnung in knapp elf Monaten mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom und zum BER gelangen werden: 59,7 Prozent. Die Zahl, die Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Freitag in Schönefeld nannte, stammt aus der „Verkehrs- und Engpassanalyse“ der IHK.
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Auch weil die Engpässe auf der Straße deutlich absehbar sind, ist der BER auf eine möglichst gute ÖPNV-Anbindung angewiesen. Deren Details präsentierte Lütke Daldrup am Freitag gemeinsam mit Susanne Henckel, der Chefin des Verkehrsverbundes VBB.
Zugleich kündigte der Flughafenchef eine kurzfristige Verbesserung an: Vom Frühjahr an soll neben der überdachten Fußgängerpassage vom alten Bahnhof zum SXF-Terminal für eine Million Euro eine zentrale Bushaltestelle neu gebaut werden. Rechtzeitig zur Eröffnung des BER können sich Buspassagiere dadurch die Umwege zur nächsten Ampel oder durch den Straßentunnel sparen.
Die ÖPNV-Anbindung des BER soll in drei Phasen ausgebaut werden. Bereits zum Start Ende Oktober 2020 werden die bisher auf der Stadtbahntrasse (Zoo – Alex – Ostkreuz) fahrenden Regionallinien RE7 und RB14 um einen halbstündlichen Flughafenexpress (FEX) ergänzt, der vom Hauptbahnhof via Gesundbrunnen und Ostkreuz in den neuen Bahnhof unter dem zentralen BER-Terminal fährt.
Zusammen bilden diese Züge einen Viertelstundentakt. Die Fahrt soll vom Berliner Hauptbahnhof 30 Minuten dauern, vom Ostkreuz 17 Minuten. Damit die Züge auch den Beschäftigten am BER etwas nützen, soll der erste schon gegen 3.15 Uhr früh dort ankommen und der letzte erst in der Nacht abfahren.
Wechsel zwischen Terminals per Bus
Allerdings hält keiner dieser Züge am alten Schönefelder Terminal. Das firmiert dann als „Terminal 5“ und soll zu den Hauptverkehrszeiten im Zehnminutentakt per S-Bahn (die über Waßmannsdorf zum neuen BER-Tiefbahnhof weiterfährt) sowie im Fünfminutentakt per Bus erreichbar sein. Hinzu kommen pro Stunde drei Expressbusse. Etwa acht Minuten soll die Fahrt zwischen beiden Terminals dauern. Wobei Lütke Daldrup davon ausgeht, dass nur wenige Flugpassagiere zwischen den Terminals wechseln müssen, weil jede Fluglinie einem Terminal zugeordnet werde.
Wer aus Berlin umsteigefrei zum alten SXF-Terminal gelangen will, muss die S-Bahn nehmen: Die S9 von der Stadtbahn und die S45 vom Südkreuz fahren jeweils alle 20 Minuten. Den Anschluss an die U7 in Rudow bildet ein auf deren Fünfminutentakt abgestimmter Bus X7, der ebenso wie die S-Bahn beide Terminals ansteuert. Eine Verlängerung der U7 wäre dem Flughafenchef sehr recht, ist aber auch nach mehr als 20-jährigen Debatten bisher nicht in Sicht.
Um den erwarteten Andrang zu bewältigen, fährt der FEX als Doppelstockzug mit vier Wagen. Die einstöckigen RE7 und RB14 werden auf je acht Zugteile verlängert. Während die S9 wie gehabt in voller Länge fährt, also mit vier Doppelwagen, sollen auf der schon jetzt oft überfüllten S45 sogenannte Dreiviertelzüge aus drei Doppelwagen reichen.
Insgesamt sollen zur Hauptverkehrszeit 14 Züge pro Stunde unter dem zentralen Terminal halten, davon ein Intercity. Ob in diesem IC (der zwischen Rostock und Dresden fährt) die VBB-Fahrscheine anerkannt werden, ist nach Auskunft von Henckel bisher ebenso ungewiss, wie die Aussicht auf eine ICE-Anbindung durch die Deutsche Bahn.
Wenn im Dezember 2022 das vom VBB neu vergebene „Netz Elbe-Spree“ startet, erhält der BER umsteigefreie Anschlüsse nach Eberswalde, Oranienburg, Königs Wusterhausen, Ludwigsfelde und Potsdam-Golm.
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Die Fahrzeiten von und nach Berlin sollen sich voraussichtlich 2025 deutlich verkürzen, wenn die Dresdner Bahn eröffnet wird. Dann soll der FEX die Tour zwischen Hauptbahnhof und BER via Südkreuz in 20 Minuten schaffen. Vor allem mit diesem Angebot will die Flughafengesellschaft den Anteil der ÖPNV-Kunden langfristig auf 70 Prozent erhöhen. Die Anbindung des BER sei so gut wie bei keinem anderen Flughafen in Deutschland, sagte Lütke Daldrup – und bezieht in dieses Urteil auch die Rolltreppen ein, die den Terminalbahnhof direkt mit Check-In- und Ankunftsbereich verbinden.
Verkehrsverwaltung kritisiert Taxi-Leerfahrten
Der gesamte Flughafen befindet sich im Tarifbereich C, was zunächst 3,60 Euro fürs Einzelticket bedeutet. Im Auftrag des VBB soll die S-Bahn im Terminal ein Kundenzentrum errichten. Geplant sind außerdem etwa 30 Fahrscheinautomaten – und ein funktionierendes Wlan für Handytickets.
Per Taxi werden in der Anfangsphase etwa 18 und später etwa 15 Prozent der Passagiere erwartet. Seit der Kündigung einer Vereinbarung durch den Landkreis Dahme-Spreewald im Jahr 2012 müssen Berliner Taxis leer zurück in die Stadt und die Taxis aus dem Landkreis LDS leer zurück ins Umland fahren, was wirtschaftlicher und ökologischer Irrsinn ist.
Wie die Berliner Verkehrsverwaltung auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte, wird zurzeit über eine neue Vereinbarung verhandelt, um die Zahl der Leerfahrten zu verringern. Wie viele Taxis täglich über die schon jetzt oft verstopften Magistralen zwischen Berlin und Schönefeld fahren, vermag die Senatsverwaltung nicht zu beziffern.