Rundgang am BER: „Flughafenchefs sind – besonders in Berlin – vorsichtige Menschen“
Ein nagelneuer Bau für die Bundesregierung, geschäftiges Treiben am zweiten Terminal: Engelbert Lütke Daldrup lud zur Gute-Laune-Tour auf der BER-Baustelle.
Um den BER wird diesmal ein Bogen gemacht, planmäßig. Der stehe ja sonst immer im Fokus, erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup vorneweg. Nein, keine neuen Probleme: „Dort wird Weihnachten sein, wenn das Gebäude in 22 Monaten eröffnet wird, im Oktober 2020.“ Stattdessen führte Lütke Daldrup am Freitag zwei Dutzend Presseleute, Fernsehteams und Radioreporter zu einigen Schönefelder Baustellen, die eins gemeinsam haben: Es steht besser um sie als um den Terminal des künftigen Hauptstadtairports mit dem ganzen Kabelsalat und Entrauchungs-Wirrwar. Es war eine Gute-Laune-Tour, kurz vor Weihnachten 2018.
Klar, dass Lütke Daldrup am Anfang – die strengen Sicherheitskontrollen am Flughafenzaun waren passiert – den Reisebus erst einmal vor dem funkelnagelneuen Regierungsterminal vis-à-vis dem BER herumkurven ließ, 30 Millionen Euro teuer, in nur eineinhalb Jahren für die Bundeskanzlerin, Regierungsmitglieder und Staatsgäste errichtet.
Er könnte sofort genutzt werden, die Flugbereitschaft der Bundeswehr von Tegel nach Schönefeld umziehen. Doch der Bund lässt den Neubau leer stehen, will warten, bis der BER im Oktober 2020 in Betrieb geht, wenn es denn so kommt. Lütke Daldrup verkniff sich zu diesem Schildbürgerstreich des Bundes jeden Kommentar.
Die wichtigste Station war die Baugrube für den zweiten BER-Terminal, der unter dem Projektnamen T2 bis 2020 in Sichtweite des neuen Airports, direkt neben dem Nordpier, errichtet wird. Im September haben die Arbeiten begonnen, 148 Bohrpfähle wurden für die Fundamente in den Boden gerammt und gegossen, zehn bis 16 Meter tief. Es herrscht geschäftiges Treiben, alles sieht nach einer funktionierenden Baustelle aus. Kein Stillleben wie meist am BER daneben.
„Im Winter sollen die Fundamente fertig sein“, sagte Lütke Daldrup. Im Frühjahr 2019 würden dann die Fertigteile für diesen einfachen, funktionalen Bau angeliefert und montiert. Man habe ja die bitteren Lehren aus dem BER gezogen. Vor allem die, dass man hier nicht selbst baut, sondern die Firma Zechbau als Generalunternehmer den Terminal schlüsselfertig für die Flughafengesellschaft errichtet. Und deshalb sei er auch optimistisch, dass das bewilligte Budget von 200 Millionen nicht ausgeschöpft werde.
Es war, weil alles teurer wurde, allerdings großzügig verdoppelt worden. Wann mit der Fertigstellung zu rechnen ist? Nun ja, auch dort gibt es Verzögerungen. Eigentlich sollte der Terminal im März 2020 fertig sein, um nach dem auch hier nötigen Probebetrieb dann gleichzeitig mit dem BER in Betrieb zu gehen. Zwar betonte Lütke Daldrup auch am Freitag das Ziel, gemeinsam mit dem BER auch den Zusatzterminal zu eröffnen. Doch er schränkte schon mal ein.
„Wir brauchen ihn nicht zwingend, aber es wäre schön, ihn zu haben!“ Man bereite sich vorsorglich auf beide Szenarien vor, einen BER-Start „mit und ohne“ Zusatzterminal. Denn, man höre und staune, Lütke Daldrup sagte diesen Satz: „Flughafenchefs sind – besonders in Berlin – vorsichtige Menschen“. Das war wirklich gut.
Kapazität von 22 Millionen Passagieren
In der Sache hatte vorher alles anders geklungen. Denn wenn der BER tatsächlich im Oktober 2020 eröffnen sollte, wofür nach Tagesspiegel-Recherchen angesichts der Verzögerungen bei der Beseitigung Tausender Mängel an Kabeln und Brandmeldeanlage die Chancen etwa 50 : 50 stehen, müssen in Berlin immerhin 37 bis 38 Millionen Passagiere abgefertigt werden. In diesem Jahr werden es am Ende – nach vorläufigen Zahlen in den Alt-Airports Schönefeld (SXF) und Tegel (TXL) – wohl knapp 35 Millionen gewesen sein, das wäre ein neuer Rekord. Wo die 38 Millionen Passagiere in Schönefeld im Jahr 2020 ein- und auschecken sollen? Ohne den neuen Terminal, der für sechs Millionen Passagiere von Billig-Airlines geplant ist?
13 Millionen Passagiere schafft der alte Schönefelder Airport, der ohnehin mindestens bis 2025 parallel zum BER in Betrieb bleiben muss. Für den BER selbst war in den letzten Jahren eine Kapazität von 22 Millionen Passagieren angegeben worden, etwa so viele, wie Tegel aktuell durchschleust. Es bliebe 2020 also eine Lücke von drei Millionen Passagieren.
Muss Tegel also doch länger in Betrieb bleiben? Nein, versicherte Lütke Daldrup. Man habe noch einmal nachrechnen, neue Simulationen für die Kapazitäten des BER erstellen lassen: Und siehe da, es zeichnet sich demnach ab, dass im BER-Terminal doch mehr als 22 Millionen Passagiere abgefertigt werden können, und zwar „komfortabler und bequemer als in Tegel“, versprach Lütke Daldrup. Eine präzise Zahl nannte er nicht.
Leichtbau-Terminal im Schönefelder Airport
Inzwischen ging es rüber zum alten Schönefelder Airport, auf dem wie in Tegel immer Hochbetrieb herrscht. Dort ist gerade ein Leichtbau-Terminal fertig geworden, genauer: ein für 3,6 Millionen Euro errichteter „provisorischer Warteraum“ mit fünf Gates, für tausend Leute, vom Alt-Terminal führt eine Fluggastbrücke hinüber. Der Ersatzbau mit Brandwachen ist nötig, damit der beengte Easyjet-Pier (3A) – kleine Räume, enge Gänge – modernisiert, erweitert, um Kinderspielplätze und Gastronomieangebote ergänzt werden kann.
Über die in wenigen Wochen errichtete Wartehalle, gut 50 mal 50 Meter groß, einfach und praktisch gestaltet, geriet Lütke Daldrup ins Schwärmen: Der holländische Anbieter sei innovativ, es sei eine Stahlkonstruktion, in die Zwischenwände geschoben worden seien. „Das Gebäude ist recycelbar. Es kann zu 70 bis 80 Prozent demontiert und wiederverwendet werden.“ Eine Premiere am BER.