BER-Desaster: Flughafen-Mieter in akuter Not
Händler verlangen nach der verschobenen Eröffnung finanzielle Entschädigung, aber die Flughafengesellschaft bietet allenfalls Kulanz an. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht keinen Anlass für einen Notfallfonds.
Nach dem Fehlstart des Flughafens BER bangen betroffene Händler und Angestellte weiter um ihre Existenz. Die Flughafengesellschaft führt nach eigenen Angaben Gespräche mit vier Firmen, die sich in akuten finanziellen Engpässen befinden. Konkrete Schadensersatzklagen gebe es noch nicht, sagte Flughafen-Sprecher Ralf Kunkel. Allerdings haben einige Unternehmen nach Tagesspiegel-Informationen bereits einen Anwalt eingeschaltet.
Dem Vernehmen nach bietet der Flughafen keine direkten Finanzhilfen an, sondern zahlt in Einzelfällen geleistete Mietkautionen zurück oder verlängert Mietverträge. Für den Berliner Uhrenhersteller Askania, der von Tegel in den neuen BER-Terminal ziehen wollte, reicht das nicht aus. Vorstandsvorsitzender Leonhard Robert Müller beziffert seine Kosten mit rund 500 000 Euro – ganz ohne Kapitalspritze werde es schwierig. Müller lobt die Flughafengesellschaft trotzdem für ihre Gesprächsbereitschaft. Immerhin seien ihm als Kompensation neue Flächen im Flughafen Tegel angeboten worden.
Betroffen ist auch die Politkneipe „StäV“ (Ständige Vertretung). Gründer Friedel Drautzburg erteilte einem Unternehmer die Lizenz für eine geplante StäV-Filiale am BER. Dieser hat bereits 36 Mitarbeiter fest eingestellt. „Darunter sind Menschen, die aus einer guten Festanstellung heraus gekündigt hatten“, sagt Drautzburg. Der größte Mieter im Terminal, Duty-free-Shop-Betreiber Gebr. Heinemann, hat 80 Mitarbeiter neu eingestellt. Sie würden jetzt überwiegend in den vorhandenen Flughafenshops eingesetzt, sagte eine Sprecherin.
Der Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB) hat eine Vermittlungsaktion gestartet, um Personal vorübergehend an andere Unternehmen auszuleihen. 100 bis 200 Mitarbeitern könnte so geholfen werden, erklärte HBB-Geschäftsführer Nils Busch-Petersen. Aus der Gastronomie gebe es bereits Interesse.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte auf der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses im Abgeordnetenhaus erklärt, er erwarte, „dass in Härtefällen auch geholfen wird“. Zuständig sei aber der Flughafen. Der Senat wolle keinen Notfallfonds auflegen, wie von den Grünen gefordert.
Auch Brandenburg hat keinen eigenen Notfallfonds für Unternehmen aufgelegt, die durch das BER-Desaster in Schwierigkeiten geraten. Beim Brandenburger Wirtschaftsministerium sind bislang fünf Unternehmen mit Problemen bekannt. Dabei soll es sich um Firmen handeln, die von den alten Flughafen-Standorten zum BER umziehen. Für sie kämen verschiedene Mittel zur Rettung infrage wie etwa das Konsolidierungs- und Standortsicherungsprogramm des Landes. „Da muss man schauen, ob das passt“, sagte ein Ministeriumssprecher.
Bei der Investitionsbank Brandenburg (ILB) liegen bislang keine Anträge auf Nothilfe vor. Zudem darf die ILB rechtlich nur produzierenden Unternehmen helfen. Zahllreiche Unternehmen haben sich bereits im Umfeld des BER angesiedelt und wurden auch gefördert. Sie sind offenbar nicht von der Terminverschiebung betroffen.
Anders bei der Bürgschaftsbank Brandenburg. Dort haben sich bereits Händler und Dienstleister gemeldet, die nach der verschobenen BER-Eröffnung über Umsatzeinbußen klagen. Gemeinsam mit den Hausbanken der Firmen handelt das Institut Bürgschaften und Stundungen von Krediten aus. Noch sei die Zahl der betroffenen Unternehmen, die sich gemeldet haben, überschaubar. Einige Firmen müssten erst sehen, welche Auswirkungen das BER-Desaster hat, anderen hätten bereits die Reißleine gezogen und aufgegeben, hieß es bei der Bürgschaftsbank.