Luftverkehr: Flughafen-Chefplaner Körtgen soll wegen BER-Debakels gehen
Analysen, Ausschüsse, Konsequenzen – nach der Verschiebung der Schönefeld-Eröffnung wird es in der kommenden Woche spannend. Und auch ein möglicher neuer Termin kursiert.
Das Debakel um die geplatzte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld hat personelle Folgen. Nach Tagesspiegel-Informationen aus der Brandenburger Landesregierung soll Manfred Körtgen, Geschäftsführer Betrieb der Flughafengesellschaft, seinen Posten räumen. Darüber wolle der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft am Mittwoch beraten, hieß es am Sonntag. Das Vertrauen in Körtgen sei erschüttert.
Angekreidet wird dem Manager, nicht deutlich genug auf die Terminrisiken hingewiesen zu haben, obwohl es spätestens seit Dezember klare Hinweise auf ernsthafte Probleme bei der Brandschutzanlage gab. Inzwischen ist von chaotischen Zuständen und lückenhaften Plänen die Rede. Die Flughafengesellschaft sucht deshalb einen Projektmanager, der als externer Gutachter die Leitung einer Task-Force Brandschutz übernimmt. Dieses Team solle Zugriff auf alle Informationen haben und die Koordination übernehmen. Am Sonntag fanden dazu Gespräche statt, diese Woche soll der neue Brandschutzkoordinator öffentlich vorgestellt werden. Von seiner Einschätzung soll es abhängen, wann der Flughafen tatsächlich eröffnen kann. Auch darüber will der Aufsichtsrat am Mittwoch beraten.
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Ende Oktober gilt derzeit als realistisch, Airlines schließen aber einen Termin im November oder auch erst im kommenden Jahr nicht aus. Die Fluggesellschaften waren schon seit Wochen über die mangelnden Baufortschritte alarmiert. „Wir haben an einer Mängelliste gearbeitet, um alle Beteiligten zu sensibilisieren, wie viele Probleme es noch gibt“, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), Michael Engel, dem Tagesspiegel.
Wenn sich der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft am Mittwoch trifft, geht es auch um einen neuen Eröffnungstermin von BER. Bei einigen Fluggesellschaften, aber auch in Brandenburgs Landesregierung wird inzwischen ein Termin am 28. Oktober als realistisch erachtet – pünktlich zum Flugplanwechsel. Auch ein späterer Zeitpunkt im November oder sogar 2013 ist möglich.
Im Aufsichtsrat werden diese Woche personelle Konsequenzen gezogen: Nach Tagesspiegel-Informationen wird sich die Flughafengesellschaft von Technikvorstand Manfred Körtgen trennen. Zunächst war ein Wechsel in der Führung abgelehnt worden, um nicht noch mehr in Verzug zu geraten. Inzwischen ist der Ärger über die Geschäftsführer der Flughafengesellschaft – neben Körtgen ist das Rainer Schwarz – gewachsen. Dabei geht es nicht darum, dass Körtgen nebenbei seine Doktorarbeit schrieb und genau im Frühsommer 2010 abschloss, als die auf Oktober 2011 angesetzte Eröffnung zum ersten Mal verschoben werden musste. Vielmehr fühlen sich die Aufsichtsratsmitglieder vom Technikvorstand getäuscht, weil er stets trotz aller Probleme und entgegen allen Warnungen eine Eröffnung Anfang Juni für machbar erklärte. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte bereits am Sonnabend Konsequenzen angedeutet.
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Auch auf politischer Ebene beginnt die Aufarbeitung. Schwarz sollte ursprünglich am Mittwoch im Verkehrausschuss des Abgeordnetenhauses befragt werden. Das musste jetzt wegen der gleichzeitigen Aufsichtsratssitzung verschoben werden. Ob auch Untersuchungsausschüsse einberufen werden, ist unklar. Die Opposition im Brandenburger Landtag will die Regierungserklärung von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am 21. Mai abwarten; auch er war am Sonntag kurz auf der Baustelle, wollte sich aber auf keinen Termin festlegen.
Die Opposition im Abgeordnetenhaus will Wowereit und Schwarz gleich mehrfach anhören. „Die letzte Regierungserklärung reicht nicht aus“, sagte Grünen- Fraktionschefin Ramona Pop am Sonntag. Daher will die Opposition die beiden im Hauptausschuss, im Wirtschaftsausschuss und in der Plenarsitzung am 24. Mai mit den Fragen konfrontieren, kündigen neben Pop auch Linken-Fraktionschef Udo Wolf und Piraten-Fraktionsgeschäftsführer Martin Delius an.
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Chefplaner Körtgen, der gehen soll, galt schon als Notlösung, als er 2004 geholt wurde: Er war der einzige Bewerber. Für andere renommierte Planer hatte das Flughafenprojekt stets einen schlechten Ruf. Körtgen wird nun das Desaster um die Eröffnung angelastet – und damit auch die Blamage für die Region.
Mittwoch will der Aufsichtsrat analysieren, was schiefgegangen ist. Derzeit bereiten Mitarbeiter die Akten auf. Insider sprechen von „kollektiver Selbsttäuschung“ – und zwar auf allen Ebenen, auch beim Aufsichtsrat und der Politik. Eigentümer der Flughafengesellschaft sind Berlin, Brandenburg und der Bund. Demnach waren bereits die sieben Monate zu kurz bemessen, um die die Eröffnung von Oktober 2011 auf Juni 2012 verschoben worden war. Bereits im Sommer 2010 gab es einen Bauverzug von vier Monaten. Dabei war der Brandschutz schon immer und auch bei der Entscheidung für den Junitermin „ein kritischer Punkt“, wie Geschäftsführer Schwarz nun einräumt.
Im Dezember wurde der Aufsichtsrat über die Probleme informiert; Brandschutzklappen waren ohne Zulassung verbaut worden. Damals versprach Körtgen, der Junitermin sei zu halten. Auf der Baustelle wurde die Hektik größer. Noch mehr Kräfte wurden herangezogen, Bauarbeiter standen sich im Weg, die Abläufe gerieten komplett durcheinander. Hinzugezogene Unternehmen, die das Projekt retten sollten, stießen in den Plänen aufs reinste Chaos. Seit März stand fest, dass das System nicht vollautomatisch betrieben werden kann. Körtgen kam schließlich auf die Idee, 700 Mitarbeiter einzustellen, um die Anlage zu bedienen – was die zuständige Baubehörde ablehnte. Am 20. April, als von zwei Monaten Bauverzug die Rede war, verließ sich der Aufsichtsrat auf Körtgen, der auf Verhandlungen mit den Behörden über Alternativkonzepte verwies. Dabei gab es noch nicht einmal einen Termin für die Tüv-Prüfer. Die Flughafengesellschaft sieht zudem Versäumnisse bei den Planern des Architekturbüros gmp. Baufirmen beschwerten sich bei über 60 Planänderungen. Erst nach langen Gesprächen räumte gmp ein, dass der Zeitplan nicht zu halten ist. Seiten 1 und 8
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