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Vor dem Hellersdorfer Flüchtlingsheim wird seit Tagen demonstriert.
© dpa

Asylbewerberheim Hellersdorf: „Flüchtlinge müssen ein Gesicht bekommen“

Die Proteste vor dem Asylbewerberheim Hellersdorf dauern an. Im Interview spricht die ehemalige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Barabara John, über die Ursachen des Widerstands und wie Flüchtlinge besser integriert werden können.

Frau John, vor dem Hellersdorfer Flüchtlingsheim gibt es seit dessen Eröffnung massive Proteste. Einige Asylsuchende sind aus Angst dort weggegangen. Unternimmt Berlin zu wenig, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen?

Es geht nicht darum, Willkommensschilder aufzustellen. Es geht um eine faire Aufnahme. Und auch darum, keine verbalen Angriffe gegen Menschen zu richten, die ein Recht wahrnehmen, das die Deutschen ihnen grundgesetzlich garantiert haben. Aber Berlin muss den Flüchtlingen Deutschkurse anbieten und auch gemeinnützige Arbeit, so lange das Arbeitsverbot, das ich für falsch halte, noch in Kraft ist. Flüchtlinge müssen ein Gesicht bekommen und nicht nur eine Zahl sein. Schon allein die persönliche Begegnung verbessert das Verhältnis. Diese isolierten Heime, wo die Leute nichts miteinander zu tun haben, sind eine große Gefahr.

Als frühere Ausländerbeauftragte hatten Sie zu Ihrer Zeit auch schon mit Hardlinern wie dem damaligen Innensenator Heinrich Lummer zu kämpfen. Hat sich denn die Situation verändert?

Für Einwanderer hat sich das Klima entspannt, seit auch der Politik klar ist, dass sie hierbleiben, dass sie gebraucht werden und ihre Integration besser gelingt, je akzeptierter sie sind. Für Asylbewerber ist es nach wie vor schwierig. Allerdings nicht mehr so feindselig, wie es in den 90er Jahren besonders in den neuen, aber auch in den alten Bundesländern war.

Ihr damaliger Parteichef Helmut Kohl hielt bereits Anfang der 80er Jahre Ausländer für nicht mehr „assimilierbar“. Reichen die Integrationsbemühungen aus?

Unter den Flüchtlingen sind auch viele Armutsflüchtlinge, häufig mehr als politisch Verfolgte. Für sie ist die Zeit der Asylprüfung entscheidend. Ein Asylverfahren darf nicht viele Monate oder gar Jahre dauern. Dann kann auch gleich die Integration einsetzen. Mit Arbeitserlaubnis, Sprachkursen und allem Weiteren. Für die, die nicht als schutzbedürftig gelten, ist dann eine Rückkehr unvermeidlich.

Hängt der große Widerstand in Hellersdorf auch mit der DDR-Vergangenheit zusammen, als es dort kaum Flüchtlinge gab?

Nein, es ist glasklar, dass die NPD so kurz vor den Wahlen ihre Suppe kochen will und sich dafür einen Ort gesucht hat, wo es Aufregung um ein Asylbewerberheim gibt. In Lichtenberg, auch ein Ostbezirk, leben viel mehr Einwanderer und die Stimmung ist nicht so feindlich.

Barbara John (CDU) war von 1981 bis 2003 Ausländerbeauftragte des Berliner Senats. Derzeit ist sie Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der Opfer des NSU.
Barbara John (CDU) war von 1981 bis 2003 Ausländerbeauftragte des Berliner Senats. Derzeit ist sie Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der Opfer des NSU.
© dpa

Warum nicht?

Im vergangenen Jahrzehnt wurde dort eine hervorragende Integrationspolitik gemacht. Der Kontakt zur Bevölkerung ist stärker, also ist auch das Verhältnis zueinander normaler. Das ist fast schon eine Gesetzmäßigkeit.

Barbara John (CDU) war von 1981 bis 2003 Ausländerbeauftragte des Berliner Senats. Derzeit ist sie Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der Opfer des NSU.

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