Berliner Coronafinanzen: Finanzsenator an die Seitenlinie gestellt
Die Coronakrise trifft auch den Berliner Haushalt hart. Der Finanzsenator hat einen Plan mit Augenmaß, aber keine Unterstützer. Ein Kommentar.
Es werden schwere Zeiten. Die Wirtschaft leidet in der Coronakrise, Steuern brechen ein. Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz rechnet mit einem Defizit von sechs Milliarden Euro – mindestens. Der Sozialdemokrat möchte sparen, Ausgaben kürzen und die für Berlin magische Schuldengrenze von 60 Milliarden Euro nicht reißen.
Seine Genossen halten dagegen: Neben der Coronakrise wollen sie eine soziale Krise vermeiden, Investitionen nicht stoppen, massiv neue Schulden aufnehmen. Alle Anstrengungen des vergangenen Jahrzehnts, die Schuldenlast abzubauen, wären dahin.
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Kollatz' Plan ist ein Plan mit Augenmaß, eine Mischung aus Sparen und Kreditaufnahme. Aber das Parlament wollte ihn nicht
Über den richtigen Weg lässt sich streiten – Kollatz’ Strategie aus Sparen und Kreditaufnahme mit Augenmaß oder der Koalitionsweg der antizyklischen Großintervention, um die Krise abzumildern. Und um Zukunftsaufgaben wie Verkehrswende, Klimawandel, Digitalisierung, Wohnungsnot zu meistern. Der Haushaltsgesetzgeber lässt sich von der Exekutive keinen Sparzwang auferlegen, will die Kontrolle behalten.
Die Bilanz ist vorerst eindeutig. Kollatz’ Nachtragshaushalt: vom Parlament ausgebremst. Seine Sparvorschläge: abgebügelt. Sein Versuch, bei den Bezirken mühsam erarbeitete Überschüsse abzugreifen: trifft auf breite Ablehnung. Kollatz scheitert nicht zum ersten Mal bei seinen Genossen. Doch Krisenzeiten sind anders, wie ein Katalysator. Selbst wenn der Senator später recht behalten sollte, vorerst wurde er an die Seitenlinie gestellt.