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Die neue Präsidentin der Akademie der Künste und erste Frau auf diesem Posten, Jeanine Meerapfel 2011 bei Dreharbeiten.
© Frank Rumpenhorst/dpa
Update

Erste Frau an der Spitze: Filmemacherin Jeanine Meerapfel wird neue Akademie-Chefin

Mit einem Frauenanteil von nur 22 Prozent ist die Berliner Akademie der Künste immer noch ein Männerverein. Jetzt übernimmt erstmals ein Frauenduo das Ruder - mit der Filmemacherin Jeanine Meerapfel als Präsidentin und der Autorin Kathrin Röggla als ihrer Stellvertreterin.

Die Filmemacherin Jeanine Meerapfel führt als erste Frau seit mehr als 300 Jahren die Berliner Akademie der Künste. Die 71-jährige Deutsch-Argentinierin wurde am Samstag bei der Mitgliederversammlung in Berlin zur Nachfolgerin des langjährigen Präsidenten Klaus Staeck gewählt, wie die Akademie mitteilte. Vizepräsidentin wurde die 43 Jahre alte Schriftstellerin Kathrin Röggla („wir schlafen nicht“). Der Plakatkünstler Staeck und seine Stellvertreterin Nele Hertling durften laut Satzung nach drei Amtszeiten nicht erneut antreten.

Die neue Präsidentin Meerapfel gehört seit 1998 der renommierten Künstlergemeinschaft an, seit drei Jahren war sie stellvertretende Direktorin im Bereich Film- und Medienkunst. Bekannt wurde sie mit Filmen wie „Malou“, „Annas Sommer“ und „Der Deutsche Freund“. 

Die 1696 gegründete Akademie hat die Aufgabe, die Künste zu fördern und die Politik in kulturpolitischen Fragen zu beraten. Nach dem spektakulären Rücktritt des früheren Präsidenten Adolf Muschg hatte Staeck der Institution seit 2006 wieder Profil verliehen. 

Mitglieder wählen auch zwölf Posten im Senat

Bei der Mitgliederversammlung wurden auch die anderen zwölf Posten im Senat wieder beziehungsweise erstmals gewählt. Es sind in der Sektion Bildende Kunst Wulf Herzogenrath und Birgit Hein, in der Abteilung Baukunst Michael Bräuer und Wilfried Wang, in der Musik Manos Tsangaris und Enno Poppe, bei der Literatur Ulrich Peltzer und als Neuzugang Kerstin Hensel sowie in der Sektion Film- und Medienkunst ebenfalls als neuer Direktor Rosa von Praunheim und Jutta Brückner. Die Abteilung Darstellende Kunst besetzt ihre Direktorenämter erst bei der Mitgliederversammlung im November.

Noch in seinen letzten Statements als scheidender Präsident der Berliner Akademie der Künste gab sich Klaus Staeck dezidiert politisch. So hat der 77-Jährige kurz vor der Neuwahl seines Nachfolgers vor einem kulturpolitischen Einknicken gegenüber fundamentalistischen Fanatikern gewarnt. Nach den religiös verbrämten Attentaten in Paris und Kopenhagen bleibe die Lage bis auf Weiteres angespannt, sagte Staeck. „Doch ein Zurückweichen oder gar Selbstzensur wären die falsche Reaktion, denn die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst sind das Herzstück unseres Rechtsstaates und der Demokratie“, betonte er.

Meerapfel wird sich an dem politischen Staeck messen müssen

Die neue Präsidentin wird sich an Staeck zunächst messen lassen müssen, der sein Amt immer wieder für Einmischungen in die Politik nutzte. Kunst müsse nichts, aber sie könne etwas bewegen, „wenn sie sich produktiv mit der Politik reibt“, so Staeck. Die heftigsten Auseinandersetzungen fänden derzeit „um die Bewertung der Zumutungen des zwischen den USA und der EU auszuhandelnden Freihandelsabkommens TTIP statt“.

Jeanine Meerapfel aber wird eigene Akzente setzen. Sie kündigte bereits an, das gesellschaftspolitische Engagement der Akademie fortzusetzen. Die Argentinierin mit deutschen Wurzeln kam 1964 als Filmstudentin in das Land ihres Vaters. Aufgewachsen ist sie in Buenos Aires, wohin ihre Eltern vor den Nationalsozialisten fliehen mussten. An der Ulmer Hochschule für Gestaltung entstanden ihre ersten Kurzfilme. Zwischen 1970 und 1980 arbeitete Meerapfel als Filmkritikerin, nachdem sie bereits in Buenos Aires eine Journalistenschule besucht hatte und dort als Redakteurin tätig gewesen war.

1990 übernimmt sie eine Professur an der Kölner Kunsthochschule für Medien. Als Regisseurin arbeitet Meerapfel stark biographisch. 1980 dreht sie ihren ersten Spielfilm, „Malou“: die Geschichte einer Argentinierin mit deutschen Wurzeln, die der Geschichte ihrer Eltern in einem badischen Dorf nachgeht. (mit dpa)

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