Attacke in Berlin-Kreuzberg: Feuerwehr erneut angegriffen und beschimpft
Zum wiederholten Male sind in der Nacht zu Sonnabend Rettungskräfte der Feuerwehr angegriffen worden. Die Polizei konnte einen Tatverdächtigen festnehmen.
Es passierte gegen 22.50 Uhr in der Waldemarstraße in Kreuzberg. Ein Rettungswagen der Feuerwehr war unterwegs zu einem Noteinsatz. Doch kurz vor dem Eintreffen am Einsatzort wurden die Rettungskräfte nach Polizeiangaben von einem Mann beschimpft, den sie aber anfangs ignorierten. Als sie sich für ihren Einsatz vorbereiteten, wurden sie "mit sehr lauten Böllern" beworfen, wie die Feuerwehr am Sonnabendmorgen auf Twitter meldete. Diese explodierten laut Polizei direkt unter ihnen. Zudem versuchte der Mann nach Angaben der Polizei "auf einen abgestellten Defibrillator zu urinieren".
Daraufhin riefen die Sanitäter die Polizei und hielten den 37-Jährigen bis zum Eintreffen der Beamten fest. Dabei spuckte der Mann einem der Sanitäter ins Gesicht.
Als die Polizisten eintrafen, nahmen sie den alkoholisierten Mann fest und stellten dessen Identität fest. Eine Atemalkoholmessung ergab einen Wert von ungefähr 1,5 Promille.
Bei einer anschließend freiwillig gestatteten Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Beamten mehrere zu einem Paket zusammen gebundene Böller sowie auch noch mutmaßliche Drogen in seiner Hosentasche, meldete die Polizei. Der Mann wurde in eine Gefangenensammelstelle gebracht und dort nach erkennungsdienstlichen Maßnahmen und einer durchgeführten Blutentnahme wieder entlassen.
Die beiden Sanitäter wurden leicht verletzt und setzten ihren Dienst fort. "Der 37-Jährige muss sich laut Polizei nun wegen einfacher und gefährlicher Körperverletzung, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten.
"Patient zum Glück wohlauf, trotz verspäteter Behandlung", twitterte die Feuerwehr hinterher.
In den Tagen um Silvester war es wie berichtet wiederholt zu teils schweren Angriffen gegen Feuerwehrleute im Einsatz gekommen. Allein in der Silvesternacht wurden acht Feuerwehrleute angegriffen und 57 Einsatzfahrzeuge beschädigt. Das hat eine Debatte um den besseren Schutz von Einsatzkräften ausgelöst.
Die Gewerkschaft der Polizei wertet die jüngste Attacke als weiteren Beleg für einen "unfassbaren Zustand", wie GdP-Sprecher Benjamin Jendro am Sonnabendvormittag mitteilte. "Es gibt immer mehr Leute in dieser Stadt, die denken, sie können Einsatzkräfte folgenlos angreifen". Diese Entwicklung sollte "jedem demokratisch lebenden Menschen zu denken geben" und sei "die Folge von jahrelangen Nachlässigkeiten bei der Bewertung derartiger Angriffe". Es sei Aufgabe der Verantwortlichen, "zu überlegen, wie wir das ändern können und zwar bevor die politische Tatenlosigkeit Menschenleben fordert". Wer Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr angreife, begehe eine Straftat, "die sich nicht nur auf das Leben des Angegriffenen auswirkt, sondern auch spürbare Auswirkungen für andere hat".
Verbände und Gewerkschaften appellieren an Politik
Die Empörung über Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute, Ärzte, Pfleger und Rettungssanitäter wächst: Verbände und Gewerkschaften appellieren an die Politik, mehr dagegen zu unternehmen. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hat wegen zunehmender Gewalt gegen Mediziner, Pfleger und Sanitäter Alarm geschlagen. „Wir erleben derzeit eine totale Verrohung bei einigen Patienten und ihren Angehörigen gegenüber medizinischem Personal“, sagte der Chef der Bundesärztekammer der „Rheinischen Post“ (Samstag). „Das kriegen wir als Ärzteschaft alleine nicht in den Griff.“
Auch in Notaufnahmestellen passiere es immer wieder, dass Menschen wegen der Wartezeiten sehr aggressiv würden. In einigen Krankenhäusern gebe es bereits Sicherheitsdienste, um das Personal dort zu schützen. „Die Politik muss dringend einen Kulturwandel befördern, damit man wieder begreift, dass diese Menschen Retter und Helfer sind“, sagte Montgomery. Der Ärztepräsident verwies darauf, dass die Gewaltbereitschaft auch im Umfeld der Silvester-Feiern deutlich geworden sei. „Da sind Rettungssanitäter und Notärzte angegriffen worden, weil man sie für Repräsentanten der Staatsmacht hält.“
Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) verurteilte den Angriff vom Samstag in Kreuzberg. Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Unsere Kräfte müssen geschützt werden.“ Die Justiz müsse so ausgestattet werden, dass sie die im vergangenen Jahr verschärften Gesetze zu Angriffen auf Rettungskräfte auch durchsetzen könne. (mit dpa)