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Berlin: Ferien mit der Brechstange

Nicht nur in Friedenau herrscht Angst vor Einbrechern. Die Polizei setzt jetzt auch Zivilkräfte ein.

Berlin - In Friedenau haben Anwohner Angst vor Einbrechern. Einige von ihnen haben sich zusammengeschlossen und mahnen sich gegenseitig zu mehr Vorsicht. Es werden in den Straßen wie der Rheingaustraße schon Handzettel verteilt, einem Mann wurde das Auto gestohlen, die Sorgen sind groß. Und das nicht nur im Südwesten der Stadt.

Warum, zeigt ein Blick in die Polizeistatistik: Seit 2005 hat sich die Zahl der Einbrüche in Berlin verdoppelt. Im ersten Halbjahr 2013 gab es der Polizei zufolge aber keinen weiteren Anstieg mehr, die Zahlen stagnieren jedoch auf hohem Niveau. Im Jahr 2013 setzt die Berliner Polizei bei der Tatverhinderung und der Täterermittlung einen Schwerpunkt, und das offensichtlich mit Erfolg. So sind mehr Fahnder im Einsatz. Einbruchskommissariate könnne jetzt auch Beamte in Zivil einsetzen, hieß es bei der Polizei. Von 2011 auf 2012 wurden in Berlin 26 Prozent mehr Einbrüche angezeigt, im vergangenen Jahr gab es eine Zunahme um 12 Prozent. Übers Jahr schwanken die Zahlen stark. Insgesamt gab es vergangenes Jahr 9785 Einbrüche in Wohnungen und 2613 in Häuser und Villen (s. Grafik).

Dass aber die Ferienzeit, in der die Mieter und Villenbesitzer nicht zu Hause sind, als eine statistisch besonders auffällige Zeit gilt, ist dennoch ein Trugschluss. Tatsächlich gibt es in Wintermonaten mehr Einbrüche, weil es da früher dunkel ist und die Täter dann schon unbehelligt ans Werk gehen können, wenn die Opfer noch am Arbeitsplatz sitzen.

Immer mal wieder suchen sich die Täter gezielt Orte aus, an denen sie wertvolle Beute vermuten. Wie in dem südwestlichen Ortsteil mit seiner eher wohlhabenden Klientel. Im Rudower Blumenviertel gab es mal so einen Tatschwerpunkt. „Einbrecher wollen möglichst schnell zuschlagen und nicht auffallen“, sagt Polizeisprecher Martin Dams. Wenn sie innerhalb weniger Minuten nicht durch Tür oder Fenster kommen, flüchten sie in der Regel wieder. „Die Täterklientel legt es nicht darauf an, mit Menschen in Berührung zu kommen“, sagt der Polizeisprecher.

Schwerer als der materielle Schaden durch Einbrüche in Berlin – 2012 stieg der im Vergleich zum Vorjahr von 34,6 auf 41 Millionen Euro – ist der ideelle Verlust. Wenn beispielsweise private Fotos zusammen mit dem Laptop weg sind oder man weiß, dass der Einbrecher in der Unterwäsche oder Privatunterlagen herumgewühlt hat. „Ich bin zwar eher ein cooler Typ, aber mich hat das sehr belastet,“ erinnert sich eine Rudowerin. „Mein Mann hat zwar nach dem Einbruch die Fenster stark gesichert, aber letztlich sind wir doch aus Steglitz weggezogen.“

Den Tätern würde die Polizei gern öfter auf die Schliche kommen und appelliert an die Menschen, wachsam zu sein und bei ungewohnten Geräuschen im Haus nicht etwa wegzuhören. Im ersten Halbjahr 2013 gingen zehn Prozent mehr Anrufe von Nachbarn bei der Polizei ein, auch das erhöhte die Erfolgsquote der Ermittler. Allein im Jahr 2012 konnten 67 Prozent aller Einbrecher, die gestellt wurden, durch Hinweise aufmerksamer Nachbarn festgenommen werden. Die Aufklärungsquote sank aber, sie lag zuletzt bei rund sieben Prozent. Das hat laut Ermittlern auch etwas damit zutun, dass die Beamten in den Vorjahren etwa durch Ermittlungsschwerpunkte wie brennenden Autos gebunden waren. Jetzt ist die Polizei aber wieder stärker wegen Einbrüchen aktiv, auch die Kooperation mit der Staatsanwaltschaft sei verbessert worden. Zudem soll mit anderen Ländern intensiver kooperiert werden. Denn wenn Verdächtige festgenommen werden, sehen sich die Beamten oft ähnlichen Tätertypologien gegenüber, die auch soziale Nöte oder gesellschaftliche Schieflagen zeigen. Osteuropäische Banden sind gut organisiert und schaffen die Beute über die Autobahn schnell nach Rumänien oder in ähnlich arme Länder, wo die Waren bei Reichen im Land viel Geld einbringen. Drogenabhängige brechen vielfach verzweifelt und auf Entzug in eher anonyme Mietshäuser ein.

Der wichtigste Schutz gegen Einbrecher ist Prävention, appelliert die Polizei. In den Beratungsstellen, auf den Internetseiten gibt es Beispiele und seitenweise detaillierten Tipps mit exakten DIN-Angaben und zertifizierten Anbietern von Sicherheitstechnik. Und manchmal sind es ganz einfache Dinge, die Einbrechern das Handwerk legen. So sollte ein Hausbesitzer keine Regentonnen stehen lassen – sie können als Kletterhilfe dienen.

Annette Kögel

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