Cinema for Peace: Feinde für den Frieden
Cinema for Peace hat „The Interview“ nominiert– und viele verärgert. Pussy Riot treten diesmal auf.
Der Film „The Interview“ ist längst ein Lehrbeispiel. Der Versuch, einen Film durch Drohungen aus den Kinos zu verbannen, hilft ihm völlig ungeachtet seiner sonstigen Qualitäten erst recht zur Verbreitung und zu Zuschauern, die er sonst nie bekommen hätte.
Nun also das nächste Kapitel. Das schlägt Jaka Bizilj bei der Gala „Cinema for Peace“ auf, die am Montagabend im Konzerthaus am Gendarmenmarkt stattfindet. Nachdem die Nordkoreaner irrtümlich angenommen hatten, der Film solle auf der Berlinale laufen, worauf deren Chef Dieter Kosslick selbst beim Botschafter das Missverständnis ausräumte, gab Bizilj kurz darauf bekannt, dass „The Interview“ für den „Cinema for Peace Award for The Most Valuable Movie of the Year“ nominiert sei. So erfolgreich er darin ist, Stars für seine Gala zu akquirieren, so geübt ist er auch, sich Feinde zu machen. Das gilt durchaus nicht nur für fremde Mächte. Der Einsatz für den Frieden hat halt seinen Preis.
In früheren Jahren hatte Dieter Kosslick immer wieder Anstoß daran genommen, dass Jaka Bizilj, statt sich auf die Gala zu konzentrieren, mit eigenen Preisen versuchte, ein Parallelfestival zur Berlinale hochzuziehen. Angesichts der uneinholbaren Berlinale-Erfolge sieht er das inzwischen gelassener. Zusammen mit Isa Gräfin von Hardenberg und Volker Schlöndorff gehörte der Berlinale-Chef Anfang des Jahrtausends zu den Initiatoren der Gala, die ursprünglich einfach nur ein festlicher, vergnüglicher Abend im Rahmen der Filmfestspiele sein sollte.
Am Vorabend des Irak-Krieges machte Dustin Hoffman im Februar 2003 noch ziemlich spontan den politischen Anfang mit einer flammenden Antikriegsrede, die Legende wurde. Nachdem Bizilj die Mitinitiatoren verdrängt hatte, machte er immer wieder Schlagzeilen mit politischen Statements von Stars, die diese Bühne offenbar gerne nutzten. Politik und Pathos scheinen eine unwiderstehliche Anziehungskraft zu haben auf Filmstars. Darin übten sich über die Jahre für unterschiedliche gute Zwecke unter anderen Sharon Stone, Angelina Jolie, Leonardo DiCaprio, Sean Penn und im Vorjahr eben Pussy Riot. Von Kosslick einst als „Trittbrettfahrer“ bezeichnet, zeigte Bizilj immer wieder ein Händchen dafür, schwelende politische Themen zum Ruhme von Cinema for Peace einzusetzen, indem er die Gala zum Einsatz für Menschenrechte umwidmete.
Kürzlich ließ er nun einen Sprecher verlautbaren: „Es ist inakzeptabel, dass Unrechtsstaaten wie Nordkorea Meinungs- , Presse- und künstlerische Freiheit in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigen.“ Zwecks weiterer Missionsarbeit wollte er den Botschafter einladen, „um einen möglichen Dialog zu offerieren“. Das klingt einerseits wie ein eher naiver Einsatz gegen eine der letzten kommunistischen Diktaturen der Welt. Andererseits könnte es sich auch um eine Provokation handeln, um durch erwartbare neue Drohungen der Nordkoreaner zusätzliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Trotz wiederholter Nachfragen hat er sich bislang nicht zu Reaktionen auf seinen Vorstoß geäußert. Dass er wegen eines E-Mail-Problems schwer erreichbar sei, wie eine Mitarbeiterin sagte, ist aber wohl keine Folge. Hauptdarsteller James Franco ist auch zur Gala geladen. Zu einer Aktion, die DVD mit Ballons von Süd- nach Nordkorea zu schicken, an der sich Cinema for Peace beteiligen will, hat der Schauspieler freilich bereits die skeptische Frage aufgeworfen, ob es da überhaupt DVD-Rekorder gibt.
In dem früheren kalifornischen Gouverneur Arnold Schwarzenegger wurde immerhin ein starker Mann als Hauptredner gewonnen – allerdings zum Thema „Klimaschutz“. Zum ersten Mal soll es auch einen Konzertauftritt von Pussy Riot geben.
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