Berlin: Fehlalarm: Jeden Tag rast die Feuerwehr zum Potsdamer Platz
Jeden Tag das gleiche Spiel, manchmal sogar zwei, drei mal: Feueralarm am Potsdamer Platz! Die Feuerwehr rast herbei - und fährt gleich wieder zurück.
Fast immer haben empfindliche Rauchmelder falschen Alarm geschlagen. Die Feuerwehr kritisiert vor allem Daimler-Chrysler, weil es dort die meisten Fehlalarme gibt: "Das kotzt uns an", sagte ein Beamter. Feuerwehrchef Broemme kündigte an, dass die Firma künftig zahlen müsse, wenn die hohe Zahl der Alarme nicht reduziert werde. Der Konzern räumte ein, dass es "eine gewisse Häufung von Fehlalarmen" gibt. Bis zum 1. September sollen nun Mängel in der Meldeanlage beseitigt werden. Im Luxushotel Hyatt wurden zu empfindliche Melder einfach abgeschaltet.
500 Einsätze etwa habe es im vergangenen Jahr am Potsdamer Platz gegeben, sagte Albrecht Broemme: "Viel zu viel." Zu einem vergleichbar großen Komplex wie dem Flughafen Tegel rücke man nur ein bis zwei Mal pro Jahr umsonst aus. Hauptgrund für die vielen Alarme sei die extrem empfindliche Einstellung der Brand- und Rauchmelder. Nach Eröffnung der Hochhäuser wurden sie zunächst auf die empfindlichste Stufe gestellt, räumt Daimler-Chrysler ein. So heulen bei der Feuerwehr die Sirenen, wenn ein Koch mit einer dampfenden Pfanne die Kantinenküche verlässt, im Hotelzimmer heiß geduscht oder in den Tiefgaragen gefegt wird. Nichts ist zu absurd, als dass nicht einer der 8500 Melder bei Daimler-Chrysler darauf anspringt - den Feuerwehrleuten fehlt mittlerweile die Motivation, noch an einen echten Alarmruf zu glauben. Ein Beamter erzählt ein Beispiel von einem zu heftig fegenden Handwerker: "Wir rasen hin, sehen an der Meldetafel, aha, zweites Untergeschoss Tiefgarage, rennen runter - und dann steht da einer in einer Staubwolke, weil er den Fußboden fegt. Fahren wir also zurück. Sind wir in der Wache, heult die Sirene erneut. Da fegte der selbe Mann im dritten Untergeschoss ..." In der Leitstelle heißt es, dass "wir zu 99,99 Prozent umsonst fahren".
Der Konzern nennt vier Ursachen: "Unachtsamkeit, Mutwille, systembedingte Auslösungen und Bauarbeiter." Wie viele falsche Meldungen es im ersten Halbjahr gegeben habe, will Daimler lieber nicht sagen. Man habe ein "Konzept erarbeitet, das jetzt Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ab 1. September wird die Zahl der Fehlalarme signifikant reduziert", verspricht Daimler-Sprecher Mark Münzing. Vor allem solle die Empfindlichkeit aller 8500 Melder herabgesetzt werden. Dies jedoch kritisierte ein Brandexperte gegenüber dem Tagesspiegel als gefährlich, sinnvoll sei nur, bessere Detektoren einzubauen. Gute Geräte würden heutzutage sehr wohl Wasserdampf von Brandqualm unterscheiden. Außerdem will Daimler eine "Erkundungszeit" zwischen Alarmeingang und Weitergabe an die Feuerwehr schalten. Eine derartige Wartezeit von maximal drei Minuten hält die Feuerwehr für sinnvoll.
Das Luxushotel Hyatt hat schon kurz nach der Eröffnung alle nicht gesetzlich vorgeschriebenen Melder einfach abgeschaltet. Die Fehlerquote war immens. Ob in einem Zimmer Zigarre geraucht wurde oder die Tür zur Dusche offen stand - die roten Autos fuhren mit Blaulicht zum Hyatt. "Das ist super zurückgegangen", lobt die Feuerwehr. Die Anlage sei so empfindlich gewesen, weil die US-Kette freiwillig die strikten amerikanischen Feuerbestimmungen beim Bau beachtet hatte. "Nun ist Ruhe", sagt Broemme. Einen anderen Weg habe man für das Forum-Hotel am Alex gefunden, das nach der Wende von einem US-Konzern übernommen wurde. Dort wurde die Anlage so geschaltet, dass der Alarm nur noch weitergeleitet wird, wenn neben dem einen Melder ein zweiter anspricht.
Das Beste wäre eine eigene Wache "Mitte" am Potsdamer Platz, sagt die Feuerwehr seit Jahren. Doch der Plan sei bislang nicht vorangekommen, bedauert Broemme. So rasen die Wagen weiterhin von der weit entfernten Rankestraße an - fast jeden Tag.
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