Türkisches Verfassungsreferendum: Fast jeder zweite Berliner Türke hat abgestimmt
Bis Sonntagabend konnten Türken im Ausland über Erdogans umstrittene Verfassungsreform abstimmen. Die Beteiligung ist höher als bei den türkischen Parlamentswahlen.
43,4 Prozent der in Berlin und der Region lebenden wahlberechtigten Türken haben sich nach Angaben der Wahlkommission in Ankara am Referendum über die umstrittene Verfassungsreform beteiligt. Diese soll Präsident Erdogan mehr Macht verleihen.
Zu den knapp 139 000 in Berlin Wahlberechtigten zählen außer den in Berlin lebenden Türken und Deutsch-Türken auch Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Bis Sonntagabend konnten sie im türkischen Generalkonsulat in der Heerstraße abstimmen. Von jetzt bis einschließlich Ostersonntag können Wahlberechtigte ihre Stimme nur noch an türkischen Grenzübergängen abgeben. Am Ostersonntag wird dann auch in der Türkei selbst abgestimmt.
Nach Zahlen der obersten türkischen Wahlbehörde YSK haben in Deutschland 0,660 Millionen Menschen abgestimmt. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 46,1 Prozent. Angaben der Wahlkommission in Ankara zufolge waren es sogar 48,73 Prozent. Vergleicht man die Zahlen mit denen der türkischen Parlamentswahl 2015, zeigt sich, dass sich mehr Menschen am Referendum als an der Wahl beteiligt haben. Damals hatten 40,8 Prozent mitgewählt.
Mutlu bedauert Spaltung durch polarisierenden Wahlkampf
Die Mobilisierung der Erdogan-Anhänger als auch ihrer Kritiker und die angespannten deutsch-türkischen Beziehungen scheinen demnach eine höhere Wahlbeteiligung verursacht zu haben. In Deutschland haben sich prozentual mehr Menschen beteiligt als im Ausland insgesamt. Dort lag die Wahlbeteiligung bei 44,5 Prozent (YSK).
Der Berliner Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Grüne) führt die Beteiligung auf die aufgeheizte Stimmung unter den Deutsch-Türken auch in Berlin zurück. „Der stark polarisierende Wahlkampf aus der Türkei hat die Türkei-stämmigen Menschen in Europa, besonders in Holland, Deutschland und Belgien tief gespalten“, sagte Mutlu dem Tagesspiegel. „Diese Spaltung ist schlecht für die Integration, sie schadet allen Seiten und sollte in Zukunft unterlassen werden.“ Zudem bedauere er, dass die Abstimmung in den türkischen Konsulaten nicht durch unabhängige Wahlbeobachter begleitet worden sei.