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Von Tag zu Tag: Falsches Etikett

Sigrid Kneist stellt fest, dass nicht immer drin ist, was drauf steht.

Hans-Christian Ströbele ist für viele der Inbegriff des typischen Kreuzbergers. Schon drei Mal hat der grüne Politiker dort das Direktmandat für den Bundestag geholt – zuletzt mit knapp 47 Prozent. In seiner Partei ist er bundesweit der einzige, der nicht über eine Liste ins Parlament einzog. Und kaum jemand zweifelt daran, dass es ihm ein viertes Mal gelingen wird, ein sehr gutes Ergebnis in Friedrichshain-Kreuzberg einzufahren. Wenn im Bezirk was ansteht, ist Ströbele da. Etwa am gestrigen Sonnabend: morgens Protest gegen Neonazis, mittags Demo gegen Mediaspree.

Gerade jetzt im Wahlkampf hat der inzwischen 74-Jährige ein dichtes Programm. Da braucht man Muntermacher. Eines seiner persönlichen Dopingmittel ist Milch. Besonders gerne trank Ströbele jene mit dem Namen „Mark Brandenburg“ auf dem Tetrapak. Da unterstützt man doch gleich die Region, dachte er. Bis er feststellte, dass die Milch gar nicht aus Brandenburg stammte, sondern größtenteils von Kühen aus Nordrhein-Westfalen. Die Täuschung der Verbraucher ärgerte ihn sehr. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Stuttgart jetzt nach einer Klage des „Verbandes sozialer Wettbewerb“ befand. Nur noch in einer Übergangszeit darf die in der Rheinmetropole Köln abgefüllte Milch in Kartons mit dem Logo „Mark Brandenburg“ verkauft werden. Sollte das Unternehmen danach dagegen verstoßen, droht ihm eine Geldstrafe von bis zu 250 000 Euro.

Ströbele freut sich, dass es die Mogelpackung, die etwas verspricht, was nicht drin ist, bald nicht mehr geben wird. Ein Erfolg für den Mann mit dem Etikett des typischen Kreuzbergers. Dabei lebt er gar nicht in Kreuzberg, sondern in Tiergarten. Aber mit dem Etikett lebt er ganz gut.

Sigrid Kneist

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