„Rolle statt Knolle“: Fahrradaktivist zwingt Polizei, Falschparker schneller abzuschleppen
Es ist wie David gegen Goliath, Lennart gegen das Präsidium. Ein Aktivist kämpft für freie Radwege. Jetzt bekam er einen bemerkenswerten Brief von der Polizei.
Seit zwei Jahren engagiert sich Lennart Buggert dafür, dass die Polizei gegen Falschparker an Kreuzungen und Radwegen schärfer vorgeht. Sein Motto: „Rolle statt Knolle“ – also Abschleppwagen statt Knöllchen. Jahrzehntelang haben Polizei und Ordnungsamt die Augen zugedrückt bei Falschparkern.
Dies ist vorbei. Jetzt ist der „Regelfall des Umsetzens“ präzise geregelt. Das hat Buggert bereits im vergangenen Jahr erkämpft. Aber nicht alle Polizisten halten sich daran, wie der Pankower erleben musste. Manche reden sich weiter gerne mit ihrem „Ermessensspielraum“ heraus und verteilen nur Knöllchen.
Auf Buggerts neuerliche Beschwerde reagierte die Polizei nun mit einem bemerkenswert offenen Schreiben: Die Beamten hätten an dem Abend nicht „die notwendige Professionalität erkennen lassen“, die Vorgesetzten seien informiert worden. So deutlich gibt das Präsidium höchst selten zu, dass Beamte falsch gehandelt haben. Und deutlich schreibt das Präsidium auch, dass Buggert fachlich recht hat: „Ihre differenzierten Kenntnisse über die polizeilichen Vorschriften sind bemerkenswert und in der Sache korrekt.“
Ans Personal ging eine Nachricht, um an die richtige Vorgehensweise zu erinnern: „Alle Dienststellen der Direktion 1 wurden erneut auf die Vorgaben hingewiesen.“
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Buggert hatte einen konkreten Fall geschildert, dass sich Polizeibeamte des Abschnitts 15 (Prenzlauer Berg) im März geweigert hatten, Autos abzuschleppen, die im Umfeld der Max-Schmeling-Halle auf Kreuzungen parkten. „Der Grundgedanke und behördliche Wille, konsequent gegen das verkehrswidrige Parken einzuschreiten und Umsetzungen zu veranlassen, wurde fälschlicherweise nicht ausreichend berücksichtigt“, heißt es in dem Schreiben. Denn diese Vorgaben hatte ja Buggert erstritten, und zwar im Jahr 2019.
Sind Radfahrer selbst schuld an Unfällen?
Auf eine ähnliche Beschwerde hin hatte das Polizeipräsidium ihm geantwortet, dass Radfahrer selbst schuld seien an Unfällen, nicht die Halter der falsch geparkten Autos. Nachdem der Tagesspiegel über das bizarre, dreiseitige Schreiben berichtet hatte, schaltete sich Polizeipräsidentin Barbara Slowik ein. Über Twitter kassierte sie das Schreiben ihrer Behörde: „Die darin vertretene Sichtweise teile ich so nicht.“
In dem Tweet kündigte Slowik zudem an, die polizeiinterne Regelung zum Abschleppen von Pkw konkretisieren zu lassen. Diese Neuregelung folgte dann wenige Wochen später, offiziell verkündet vom Präsidium. Nun gilt beim „Umsetzen von Fahrzeugen“ ein „polizeilich konsequentes Einschreiten“, und zwar beim Halten und Parken in zweiter Reihe, auf Radverkehrsanlagen, auf Busspuren und an Kreuzungen. Die Meldung schließt so: „Diese Änderungen sind heute allen Dienststellen bekannt gegeben worden.“
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Offenbar wurden sie aber auf dem Abschnitt 15 nicht gelesen. In seiner Beschwerde berichtet Buggert, dass die Polizisten an dem Abend behaupteten, die Anweisung des Präsidiums nicht zu kennen. Ein Beamter begründete seine Weigerung, einen Abschleppwagen zu holen, mit den Worten, er „sehe die Sache etwas anders“.
60 Prozent mehr abgeschleppte Autos
In der Vergangenheit wurden Buggert und auch andere Aktivisten, die sich zu einer „Abschleppgruppe“ zusammengeschlossen haben, mehrfach von Polizisten als „Hilfs-Sheriff“ beschimpft.
Durch die Arbeit der Abschleppgruppe hat sich die Zahl abgeschleppter Autos deutlich erhöht. Im Jahr 2019 wurden 36.900 Fahrzeuge umgesetzt, fast 60 Prozent mehr als im Jahr 2018 (23.400). Diese Zahlen hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) im Januar genannt. Im gleichen Monat hatte der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses beschlossen, Falschparken verstärkt zu verfolgen und zu ahnden.