Flughafen: Letzter Anflug Tempelhof
In 13 Tagen schließt der Flughafen Tempelhof – nicht zum ersten Mal, diesmal aber wohl endgültig. Unsere tägliche Serie "Countdown für Tempelhof" begleitet Sie in den letzten Tagen des beliebten Berliner Flughafens.
Das Aus für Tempelhof berührt viele Menschen, die sich nicht vorstellen können, ohne den Flugbetrieb zu leben. Dabei war der Flughafen schon mehrfach am Ende. Eingestellt worden war der Luftverkehr zum ersten Mal bereits am 30. August 1939. Als Vorbereitung auf den Krieg war fast die gesamte Flotte der Lufthansa, deren Heimatbasis Tempelhof war, mit den Besatzungen in die Luftwaffe eingegliedert worden. Am 31. August flogen die Lufthansa-Piloten nochmals Reichstagsabgeordnete in die Stadt, damit Adolf Hitler ihnen am 1. September erklären konnte, dass der Krieg gegen Polen eröffnet sei. Erst vom 7. März 1940 an gab es wieder planmäßige Flüge. Gegen Kriegsende nahm der Linienverkehr drastisch ab, und am 21. April 1945 verließ die letzte planmäßige Maschine den Flughafen. Die Anlagen sollten auf Befehl Hitlers zerstört werden, doch der damit beauftragte Major Rudolf Böttger widersetzte sich dem Befehl und tötete sich.
Nach dem Krieg durften nur noch Flugzeuge der drei Westalliierten USA, England und Frankreich nach West-Berlin fliegen. Obwohl während der Luftbrücke auch der Flughafen Tegel ausgebaut worden war und es in Gatow den Flughafen der Engländer gab, wurde Tempelhof zum „Zentralflughafen“ der Stadt. Weil die DDR bis zum Transitabkommen von 1972 Reisende auf den Autobahnen und in den Zügen zwischen West-Berlin und Westdeutschland zum Teil erheblich schikanierte und die Flugtickets durch Subventionen der Bundesregierung zudem relativ billig waren, boomte der Flugverkehr. 1971 zählte man in Tempelhof 5,5 Millionen Passagiere.
Der innerstädtische Flughafen war damit aber am Ende. Schon damals fanden die Passagiere in Flughafennähe keine Parkplätze mehr, und – was viel gravierender war – die Start- und Landebahnen konnten nicht verlängert werden, was für die neuen Düsenflugzeuge erforderlich war. Der Tempelhof-Architekt Ernst Sagebiel wird zwar für das fortschrittliche Gebäude, das er entworfen hat, bis heute gerühmt, an eine Verlängerung der Start- und Landebahnen hatte er aber nicht gedacht. Wegen der dichten Wohnbebauung ist dies nicht möglich.
Für den Verkehr mit Düsenflugzeugen wurde deshalb Tegel ausgebaut. Der gesamte zivile Verkehr wurde am 1. Juli 1975 dorthin verlagert. Tempelhof blieb Militärflughafen der US-Air-Force, die aber in der Regel nur wenige Flüge absolvierte. In Tempelhof herrschte weitgehend Ruhe. Zivilen Verkehr gab es dann wieder Anfang der 80er Jahre mit der „Tempelhof Airways U.S.A.“. Deren kleine Flugzeuge wurden vor allem für Geschäftsreisen gemietet. Erst nach der Wende wurde Tempelhof wieder allgemein für den zivilen Flugverkehr reaktiviert. Die Passagierzahlen stiegen wieder – bis 1995 die Lufthansa nach Tegel wechselte. Danach ging es bergab. Zuletzt zählte Tempelhof 2007 nur noch rund 350 000 Fluggäste. Auch der Tempelhof Airways hatte der Flughafen kein Glück gebracht. Die Gesellschaft musste 1991 Konkurs anmelden. Klaus Kurpjuweit
Countdown für Tempelhof – unsere tägliche Serie. Morgen lesen Sie: Hinterm Flugfeld geht es weiter.