Berliner Fahrradmarkt: Gebraucht, geschaut, gekauft
In Kreuzberg will sich ein Flohmarkt für Fahrräder etablieren. Das könnte klappen, denn Diebesgut hat keine Chance, und die Preise sind günstig.
Auf fast jedem Berliner Flohmarkt findet man sie: Erstaunlich günstige Fahrräder von zweifelhafter Herkunft oder – am anderen Ende der Skala – klapprige Rostträger, deren stolzer Verkaufspreis sogar noch die zu erwartenden Reparaturkosten in den Schatten stellen. Der Berliner Fahrradmarkt will hier eine solide Alternative werden und öffnete am Sonnabend zum zweiten Mal in Kreuzberg seine Stände.
Wer seinen alten Drahtesel verkaufen möchte oder ein günstiges gebrauchtes Rad sucht, ist hier an der richtigen Adresse. Auf dem Rad-Flohmarkt wechseln die Zweiräder für 50 bis 200 Euro schnell den Besitzer. Sollte das gute Stück noch reparaturbedürftig sein, kann das gleich vor Ort erledigt werden. Noch bis zum Ende der Fahrradsaison verwandelt sich der Kreuzberger Civili Park an jedem letzten Samstag im Monat in eine offene Werkstatt. Hier darf jeder mitschrauben. Erfahrene Fahrradmechaniker helfen, wenn es klemmt.
Sozial engagiert
„Ich hab das Gefühl , die Leute haben vergessen, dass man Räder reparieren kann – oder sie trauen es sich nicht zu“, sagt Lars Kriener, der Erfinder der Veranstaltung. Deshalb würden in Berlin viel zu viele Räder ungenutzt herumstehen. Kriener arbeitet seit vielen Jahren in der offenen Werkstatt des benachbarten Kinder- und Jugendzentrums Naunynritze. Dort reifte auch die Idee heran, eine Plattform für die sozialere Seite der Berliner Fahrrad-Gemeinde zu schaffen; einen Treffpunkt abseits der Verkaufsmessen Velo und Fahrradschau. Das hat auch gleich auf Anhieb funktioniert: Mehr als 30 Unterstützer konnte Kriener hinter sich versammeln. Darunter sind viele offene Werkstätten und soziale Fahrrad-Initiativen wie Rückenwind, Bike Aid und die Fahrradgang. Diese betrachten das Fahrrad als eine Art Mobilitätsgrundrecht und versorgen Flüchtlinge und sozial Benachteiligte mit einem fahrbaren Untersatz.
Etwa 3000 Besucher seien zum ersten Fahrradmarkt im April gekommen, schätzt Kriener. In der Reparaturecke halfen bis zu 13 Mechaniker gegen Spende beim Schrauben. Für den zweiten Markt hofft Kriener auf noch mehr private Teilnehmer. Alle Berliner waren aufgerufen, ihre alten, vergessenen und aufgegebenen Räder aus den Kellern und Hinterhöfen zu bergen und vorbeizubringen. Jedes Rad hat einen dankbaren Abnehmer gefunden, ist sich Kriener sicher. Was nicht mehr zu retten ist, wurde in Einzelteile zerlegt und diese gegen Spenden abgegeben.
Mit Programm drumherum
Mit von der Partie war auch die „Flicken-Guerilla“, die zu einem Flick-Marathon aufruft. Denn kaputte Fahrrad-Schläuche landen aus Bequemlichkeit viel zu oft im Müll. Wer auf dem Fahrradmarkt ein paar Minuten mit Flicken opfert, nimmt zugleich an einer Verlosung teil. Am Ende des Tages gibt es ein Fahrrad zu gewinnen. Und wenn ein Reifen gar nicht mehr zu retten ist, geht es einfach weiter zum Upcycling-Workshop, wo aus alten Schläuchen schicke Gürtel werden.
Für das leibliche Wohl der Besucher sorgten die Anwohner mit ein paar Essensständen. Auch Live-Musik soll es geben. Darüber hinaus gebe es aber auch noch viel Platz für andere Ideen rund ums Rad, sagt Kriener. Stände können unter der E-Mail-Adresse info@berlinerfahrradmarkt.de angemeldet werden. Privatleute können ihre Räder aber auch spontan vorbeibringen.
Damit Fahrraddiebe keine Chance haben, werden alle Räder vor dem Verkauf begutachtet und registriert. Wer über einen Besitznachweis zu seinem Fahrrad verfügt, sollte den also unbedingt mitbringen. Auch den Personalausweis sollte man auf dem Weg zum Fahrradmarkt einstecken. Mit einem Vordruck der Marktleitung lässt sich dann vor Ort ein ordentlicher Kaufvertrag aufsetzen. Dann kann der neue Besitzer anschließend auch mit einem guten Gefühl nach Hause radeln.