Neue Wagen fehlen: Die S-Bahn rollt mit vollem Tempo in die nächste Krise
Der Senat versprach sich viel von einem Betreiberwechsel 2017. Doch der Zeitplan dahin ist zu eng bemessen.
Weihnachten bei der S-Bahn: Am zweiten Feiertag lief der Betrieb tagsüber fast wie geschmiert; bis zum Abend gab es nur einen Teilausfall einer Fahrt auf der Ringbahn. Doch von einem Normalbetrieb ist die S-Bahn noch weit entfernt. Auch im nächsten Jahr müssen die Fahrgäste mit Einschränkungen rechnen. Und selbst wenn es dem Unternehmen gelingen sollte, wieder auf die Räder zu kommen, drohen spätestens von 2015 an erneut Zugausfälle in großem Stil. Alle drei vorhandenen Baureihen seien „krank“, sagt S-Bahnchef Peter Buchner dem Tagesspiegel. Und vollkommen „gesund“ werden sie wohl nie wieder.
„Das A und O für einen reibungslosen Betrieb sind die Fahrzeuge“, sagt Buchner. Rechtzeitig Ersatz für betagte Züge zu schaffen, habe der Senat jedoch versäumt. Erst in diesem Jahr hat die Verwaltung die Ausschreibung für den Betrieb auf dem Ring und den südöstlichen Zulaufstrecken auf den Weg gebracht – für die Zeit nach dem 14. Dezember 2017, wenn der bisherige Vertrag mit der S-Bahn ausläuft. Frühestens im Sommer 2014 soll aber feststehen, unter wessen Regie dann die Züge auf dem Ring fahren werden. Beworben haben sich neben der S-Bahn drei Unternehmen aus dem Ausland.
Der Senat verlangt, dass der künftige Betreiber neue Züge anschafft – mindestens 348 Wagen plus Reserven. Dazu reicht die Zeit von 2014, wenn der Betreiber ausgewählt wird, bis zur Betriebsaufnahme im Dezember 2017 aber nicht. Für das Entwickeln und Erproben neuer Züge setzen Fachleute mindestens fünf Jahre an. Das Beschaffen der neuen Züge könne deshalb erst Ende 2020 abgeschlossen werden, bestätigt auch der Senat. Ein neuer Betreiber könnte so nur schrittweise Fuß fassen und die S-Bahn müsste selbst bei einer Verlust des Betreibervertrages zunächst noch mehrere Jahre weiterfahren.
Dann muss sie ihre alten Züge einsetzen, die ursprünglich Ende 2017 verschrottet werden sollten. Diese müssten wahrscheinlich vorher noch aufwendig umgebaut werden. Und dies sei wiederum nur mit einem längeren Werkstattaufenthalt möglich, so dass Fahrzeuge für den Betrieb fehlten, sagt Buchner.
Und der S-Bahn droht weiteres Unheil
Noch aber gebe es nicht einmal eine Lösung, wie die einst für die BVG im Westteil der Stadt entwickelten Züge der Baureihe 480 an das künftige Signalsystem angepasst werden können, klagt Buchner. Es sei nicht für Züge mit Doppelwagen ausgelegt, die jeweils einen Fahrerstand haben. Unabhängig davon will der Senat, dass der künftige Betreiber mindestens 28 Zwei-Wagen-Züge mitbringt; hinzu kommen sollen 73 durchgehend begehbare Vier-Wagen-Züge. Der Umbau müsste nach Buchners Angaben 2015 beginnen und könnte nach Schätzungen des Senats bis zu 100 Millionen Euro kosten, weil die Fahrzeuge aufwendige Hauptuntersuchungen bräuchten, die nicht mehr vorgesehen waren.
Und dass auch ein Umbau zu Problemen führen kann, hat sich jetzt beim ersten Schnee gezeigt. Von 72 einsetzbaren Doppelwagen der Baureihe 485, die zum Teil bereits abgestellt waren und dann doch saniert wurden, fielen wegen unterschiedlicher Störungen an manchen Tagen bis zu 50 zumindest vorübergehend aus. Das Angebot sei dadurch schlechter gewesen als vor einem Jahr, kritisierte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg. Die S-Bahn habe im Dezember nur 90 bis 95 Prozent der vereinbarten Fahrten absolviert; ein Jahr zuvor habe der Wert noch zwischen 95 und 98 Prozent gelegen.
Und der S-Bahn droht weiteres Unheil: Weil ihre Strecken erst nach 2020 auf das neue Signalsystem umgestellt sein werden, braucht sie ab 2015 eine Ausnahmegenehmigung, um weiter wie jetzt mit 80 km/h fahren zu können. Sonst müssten die Fahrer die Geschwindigkeit auf 50 km/h drosseln, weil die alten Anlagen nicht verhindern, dass ein Zug ein Halt zeigendes Signal mit zu hohem Tempo passiert. Der Zug wird dann zwar automatisch gestoppt, doch der Bremsweg bis zum nächsten Signal ist nur für die zulässige Geschwindigkeit ausgelegt. Schon mehrfach hat es Auffahrunfälle gegeben, weil die Fahrer zu sehr beschleunigt hatten.
Nicht ausgeschlossen ist zudem, dass die Mitarbeiter den Betrieb lahmlegen. Wegen der Ausschreibung, die von der Mehrheit abgelehnt wird, gibt es Bestrebungen, eine Personalversammlung einzuberufen, an der gleichzeitig alle Beschäftigten teilnehmen sollen. Dies wäre mit einer fast vollständigen „Betriebsruhe“ verbunden. Entscheidungen hierzu gibt es aber noch nicht.
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