Legendärer Flughafen: Berlin Tempelhof ist Geschichte
Der älteste Verkehrsflughafen der Welt, Berlin- Tempelhof, ist geschlossen worden. In der Nacht zum Freitag starteten die letzten Maschinen. Viele Berliner waren zur Abschiedsfeier gekommen, um nochmal ihren Unmut gegenüber dem Regierenden Bürgermeister Wowereit zu äußern, der vehement an der Schließung festhielt.
Nach 85 Jahren haben am Donnerstag kurz vor Mitternacht die letzten beiden Maschinen abgehoben. Ein historischer "Rosinenbomber" und eine Junkers "Tante Ju" erinnerten auch an die Berliner Luftbrücke 1948/49, die den Flughafen in aller Welt bekannt gemacht hatte.
Bei einer Abschiedsfeier am Abend mischte sich in die Vorfreude auf den künftigen Hauptstadt-Airport Wehmut und Ärger über die Schließung des geschichtsträchtigen Flughafens, der 1923 eröffnet worden war. Tagsüber hatten zahlreiche Berliner mit einem letzten Besuch Abschied von dem Flugplatz genommen, mit dem viele Erinnerungen an die Teilung der Stadt und die Hilfe der Amerikaner in Zeiten des Kalten Krieges verbinden. Mehr als 100 Demonstranten protestierten gegen die Schließung.
Wowereit: "Wir müssen nach vorne schauen"
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erntete bei der Abschiedsfeier vor 800 geladenen Gästen Pfiffe- und Buhrufe, als er die Schließung des Luftbrücken-Flughafens verteidigte. "Wir müssen nach vorne schauen", forderte das Stadtoberhaupt. Das zentral gelegene Gelände biete große Chancen für die Stadtentwicklung. Einen konkreten Plan für das 1,2 Kilometer lange Gebäude und das 386 Hektar große Gelände gibt es allerdings noch nicht.
Mit dem Parallelstart der historischen Flugzeuge um 23.55 Uhr endete der Flugbetrieb auf dem Tempelhofer Feld. Um Mitternacht erloschen die Lichter auf dem Rollfeld und dem Flughafendach. Noch kurz davor hatten auf dem Rollfeld Gegner der Schließung ein Transparent mit den Worten "Tempelhof bleibt - Wowi fliegt" enthüllt. Als letzte Linienmaschine hatte um 22.17 Uhr eine Propellermaschine der Cirrus Airlines den Flughafen mit dem Ziel Mannheim verlassen.
Ehemaliger DDR-Flugplatz wird Großflughafen
Flughafenchef Rainer Schwarz sagte, das grandiose Erbe von Tempelhof werde bleiben, unabhängig davon, ob dort Flugzeuge starteten. Er hob hervor, die Bündelung des Luftverkehrs auf dem künftigen Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) im brandenburgischen Schönefeld folge einer zwingenden wirtschaftlichen Logik. Berlin könne somit von der Wachstumsbranche Luftverkehr profitieren. Mit der Fertigstellung des BBI soll auch der dritte Berliner Flughafen in Tegel geschlossen werden. Dort und auf dem früheren DDR-Flughafen in Schönefeld starten und landen schon seit Jahren die meisten Maschinen von und nach Berlin.
Für den Linienverkehr hatte Tempelhof zuletzt kaum noch Bedeutung, bei Privat- und Geschäftsfliegern blieb der Flughafen jedoch beliebt. Die Flughafengesellschaft musste jährlich zwischen zehn und fünfzehn Millionen Verluste verbuchen. Ein Volksentscheid zur Offenhaltung von Tempelhof war im Frühjahr gescheitert.
Drei Maschinen bleiben noch übrig
Tempelhof gilt seit der Luftbrücke vielen als Symbol für den Freiheitswillen und das Durchhaltevermögen der Stadt. Damals versorgten Briten und US-Amerikaner während der Blockade durch die Sowjets die Stadt über ein Jahr lang aus der Luft. Später trugen die Ankünfte von Staatsmännern und Hollywood-Stars in der eingeschlossenen Stadt zum Mythos des Flughafens bei.
Zahlreiche Luftfahrtfreunde hatte am Donnerstag noch die letzte Gelegenheit zu Landungen in Tempelhof genutzt. Etliche Flugzeuge starteten zu Rundflügen über die Stadt. Drei Maschinen müssen in den nächsten Tagen voraussichtlich per Tieflader vom Rollfeld gefahren werden. Ihre Besitzer hatten die Kleinmaschinen bis zum Ende des Flugbetriebs um Mitternacht nicht fortgeflogen.