Berlin und die Verkehrsregeln: Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger: Was darf man, was nicht?
Auf den Straßen der Stadt streiten sich die Menschen. Autofahrer mit Radfahrern, Radfahrer mit Fußgängern. Oft liegt das daran, dass der Besuch der Fahrschule lange zurückliegt und viele die Regeln kaum kennen. Hier werden einige aufgefrischt.
Dieses Projekt begann mit der Ankunft eines frustrierten Kollegen: Auf dem morgendlichen Weg ins Büro habe ein Autofahrer direkt vor ihm auf der Fahrradspur eingeparkt, berichtete der radelnde Kollege entrüstet. „Und als ich ihn freundlich angesprochen habe, hat er behauptet, er dürfe das!“
Durfte er wirklich? Wenn nein: Warum nicht? Plötzlich fiel allen in der Runde mindestens ein alltägliches Ärgernis ein, das wohl auch auf mangelnder Kenntnis der Verkehrsregeln beruhte: Die Führerscheinprüfung ist Jahrzehnte her, die Rechtslage mag sich geändert haben, die Kreuzung war schon immer suspekt – so in der Art.
Wir haben die Fragen gesammelt und ins Polizeipräsidium geschickt mit der Bitte, sie zu beantworten. Den ersten Teil veröffentlichen wir auf dieser Seite – auch als Beitrag zu mehr Fairness im Verkehr. In den nächsten Tagen werden wir das Thema noch einmal aufgreifen und weitere Fragen und Antworten präsentieren. Machen Sie mit, liebe Leserinnen und Leser, stellen Sie uns Ihre Fragen zum Straßenverkehr! Sie können dafür die einfach zu bedienende Kommentarfunktion am Ende dieses Artikels benutzen.
1.Wie viel Alkohol darf ein Radfahrer trinken?
Grundsätzlich gilt für Radfahrer die 1,6-Promille-Grenze. In den Fällen, in denen sie ihr Rad jedoch nicht mehr sicher führen können und zum Beispiel durch unsichere Fahrweise auffallen oder gar einen Unfall verursachen, können sie sich bereits ab einem Blutalkoholwert von 0,3 Promille strafbar machen. In allen Fällen drohen Strafanzeigen und Geldstrafen.
2.Wann muss man als Radfahrer den Radweg benutzen?
Radfahrer müssen Radwege nur dann benutzen, wenn sie mit dem runden blauen Verkehrszeichen „Radweg“ oder „gemeinsamer beziehungsweise getrennter Geh-/Radweg“ ausgeschildert sind. Ist das nicht der Fall, dürfen Radler auch die Fahrbahn benutzen. Darüber hinaus gibt es Schutzstreifen und Radfahrstreifen. Sie sind, anders als Radwege, nicht baulich von der Fahrbahn abgetrennt, sondern befinden sich auf der Fahrbahn am rechten Rand. Schutzstreifen sind mit einer unterbrochenen, Radfahrstreifen mit einer durchgezogenen weißen Linie und mit dem Verkehrszeichen „Radfahrer“ gekennzeichnet.
Auf ihnen gelten folgende Regeln:
- Schutzstreifen müssen von Radfahrern schon allein wegen des Rechtsfahrgebotes benutzt werden. Kraftfahrer dürfen sie aber nur bei konkretem Bedarf, zum Beispiel beim Abbiegen, und ohne Gefährdung von Radfahrern befahren. Auf ihnen ist das Parken verboten.
- Auch Radfahrstreifen müssen von Radfahrern wegen der entsprechenden Beschilderung benutzt werden. Anderen Verkehrsteilnehmern ist hingegen jegliche Benutzung, insbesondere das Halten und Parken, verboten.
3.Wie viele Linksabbieger dürfen sich nebeneinander an der Wartelinie in der Kreuzungsmitte aufstellen?
Wenn keine Fahrstreifenmarkierungen vorhanden sind, können sich an der Wartelinie im Kreuzungsbereich grundsätzlich beliebig viele Fahrzeuge nebeneinander aufstellen, solange andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden. Das Wiedereinordnen in den Fahrstreifen hat dann unter gegenseitiger Rücksichtnahme zu erfolgen. Sollte es hierbei zu einem Unfall kommen, muss der Einzelfall betrachtet werden.
4.Müssen Radfahrer warten, wenn Fahrgäste in einen Bus ein- oder aus einem Bus aussteigen und dazu einen Fahrradweg überqueren müssen?
An Linienbussen, Straßenbahnen und gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen halten, dürfen auch Radfahrer nur vorsichtig vorbeifahren. Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung und Behinderung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Wenn nötig, müssen auch Radfahrer auf dem Radweg warten und ein- oder aussteigende Fahrgäste passieren lassen.
5.Müssen Radfahrer beim Abbiegen Handzeichen geben?
Ja, auch Radfahrer sind verpflichtet, das Abbiegen rechtzeitig und deutlich durch Handzeichen anzukündigen.
Radfahrer auf dem Gehweg, Musik auf dem Ohr
6.Wie lange darf ich im Parkverbot halten?
In einem Parkverbot, das rechtlich als eingeschränktes Halteverbot bezeichnet wird, darf nur bis zu drei Minuten gehalten werden. Ausgenommen davon ist das Ein- oder Aussteigen und das Be- oder Entladen.
7.Dürfen Radfahrer vor Ampeln haltende Autofahrer rechts überholen und bis zur Ampel vorfahren? Müssen Autofahrer ihnen dafür Platz lassen, oder dürfen sie ihnen gar den Weg blockieren?
Sofern ausreichend Platz vorhanden ist, dürfen Rad- und Mofafahrer Autos, die auf dem rechten Fahrstreifen zum Beispiel vor einer Ampel warten, vorsichtig rechts überholen. Autofahrer sind jedoch nicht verpflichtet, ihnen dafür Platz zu schaffen. Ein absichtliches Blockieren sollte aber schon aus Gründen der gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr unterbleiben.
8.Wann dürfen Radfahrer den Gehweg benutzen?
Das Radfahren auf Gehwegen ist ausschließlich Kindern gestattet. Bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen sie, bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen sie auf Gehwegen radfahren. Dabei ist auf Fußgänger besondere Rücksicht zu nehmen. Ebenso müssen Kinder beim Überqueren der Fahrbahn absteigen.
9.Dürfen Autofahrer eigentlich auch musikverstöpselt fahren?
Es gibt zwar keine generelle Regelung, die es Auto- und Radfahrern verbietet, während der Fahrt über Kopfhörer Musik zu hören. Allerdings darf dabei das Gehör nicht derart beeinträchtigt sein, dass zum Beispiel Warnsignale nicht mehr wahrgenommen werden können. Schon aus Gründen der Verkehrssicherheit sollte deshalb beim Führen von Fahrzeugen auf das Tragen von Kopfhörern verzichtet werden.
10.Wie geht man – als Radfahrer, aber auch als Autofahrer – mit Radspur- oder Zweite-Reihe-Parkern um, die sich im Auto befinden, beispielsweise zum Telefonieren?
Das hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Natürlich ist es möglich, in diesen Fällen die Polizei zu rufen und eine Anzeige zu erstatten. Entschließt man sich hingegen, den Falschparker persönlich auf sein Fehlverhalten anzusprechen, sollte man sich nicht auf Wortgefechte einlassen.
11.Wie erklärt man Kindern, dass eine grüne Ampel nicht garantiert, dass man eine Straße sicher überqueren kann?
Kinder sollten bereits frühzeitig sensibilisiert werden, dass sie an Kreuzungen oder Einmündungen trotz grüner Fußgängerampel nicht unbedacht die Straße überqueren dürfen. Ihnen sollte aufgezeigt werden, dass gleichzeitig auch die parallel fahrenden Autos grün haben, die beim Abbiegen ihren Weg kreuzen.
12.Wo endet ein Tempo-30-Bereich an einer Hauptstraße, wenn kein Schild ihn aufhebt?
Geschwindigkeitsbegrenzungen durch Verkehrszeichen, mit Ausnahme von Tempo-Zonen, sind Streckenverbote und enden grundsätzlich erst mit den Aufhebungszeichen. Das gilt auch dann, wenn das Verbot an einer Einmündung oder Kreuzung nicht wiederholt wird. Ist die Geschwindigkeitsbegrenzung zusammen mit einem Gefahrzeichen angebracht, dann kann sie auch ohne Aufhebungszeichen enden, wenn die angezeigte Gefahr zweifelsfrei nicht mehr besteht. Dies kann zum Beispiel hinter einem Baustellenbereich der Fall sein.
Zebrastreifen und Spielstraßen
13.Dürfen Radfahrer Autofahrer in der Tempo-30-Zone überholen?
Die Geschwindigkeitsbegrenzung in einer Tempo-30-Zone gilt für alle Fahrzeugführer. Insofern dürfte der Radfahrer zumindest dann nicht überholen, wenn er dabei die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet.
14.Darf ein Radfahrer den Zebrastreifen benutzen?
Es ist zwar nicht verboten, den Zebrastreifen auf dem Fahrrad zu überqueren. Allerdings genießen dort lediglich Fußgänger und Rollstuhlfahrer Vorrang. Radfahrer sollten deshalb unbedingt vor dem Überqueren des Zebrastreifens absteigen und ihr Rad schieben. Denn nur dann haben Autofahrer auch die nötige Zeit zum Bremsen. Immer wieder kommt es zu gefährlichen Situationen oder gar schweren Verkehrsunfällen, wenn Radfahrer irrtümlich auf ihren Vorrang vertrauen und leichtfertig den Zebrastreifen befahren.
15.Welche Vorschriften gelten in einer „Spielstraße“?
In einem verkehrsberuhigten Bereich, der sogenannten Spielstraße, gelten folgende Regeln:
- Alle Fahrzeugführer müssen mit Schrittgeschwindigkeit fahren.
- Fußgänger dürfen weder gefährdet noch behindert werden; wenn nötig, müssen Fahrzeugführer warten.
- Fußgänger dürfen die Straße in der gesamten Breite benutzen. Sie dürfen den Fahrverkehr jedoch nicht unnötig behindern.
- Kinderspiele sind dort überall erlaubt.
- Das Parken ist nur auf den gekennzeichneten Flächen erlaubt, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen und Be- oder Entladen.
16.Haben Fußgänger gegenüber abbiegenden Autos immer Vorrang? Müssen Autofahrer einen Mindestabstand einhalten?
Abbieger müssen auf Fußgänger besondere Rücksicht nehmen, sie vorbeilassen und notfalls anhalten. Dabei sollte der Mindestabstand in der Regel so groß sein, dass eine Gefährdung der Fußgänger ausgeschlossen ist.
17.Welche Pflichten haben Rückwärtsfahrer beim Ausparken?
Beim Rückwärtsfahren gelten besondere Sorgfaltspflichten. Man hat sich dabei stets so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Wenn es erforderlich ist, muss man sich einweisen lassen. Das gilt auch für Kraftfahrer, die rückwärts ausparken.
18.Wer hat Vorfahrt, wenn der Radweg auf die Straße mündet – meist markiert durch eine kurze Linie aus Würfeln?
Radfahrer, die vom Radweg auf die Fahrbahn einfahren, müssen dies durch Handzeichen rechtzeitig und deutlich anzeigen und dürfen andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden. Obwohl der Verkehr auf der Fahrbahn grundsätzlich Vorrang hat, sollten Autofahrer an entsprechenden Stellen auf einfahrende Radfahrer im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme achten und sie mit ausreichendem Seitenabstand überholen.
19.Darf ich als Radfahrer den dicken weißen Balken überfahren, um auf die Busspur zu kommen?
Zunächst einmal sollte man beachten, dass die Benutzung von Busspuren grundsätzlich nur Linienbussen sowie den mit Schulbus-Schild gekennzeichneten Fahrzeugen des Schüler- und Behindertenverkehrs vorbehalten ist. Andere Verkehrsteilnehmer, wie zum Beispiel Rad- oder Taxifahrer, dürfen dort nur fahren, wenn dies durch ein Zusatzschild freigegeben ist. Dann ist es auch zulässig, die breite weiße Markierung zu überfahren, um auf die Busspur zu gelangen.
Grüner Pfeil und zweite Reihe
20.Darf ich auf einer normalen Stadtstraße rechts heranfahren, um meine Kinder aus dem Auto aussteigen zu lassen – auch wenn ich dadurch gegebenenfalls den nachfolgenden Verkehr geringfügig behindere?
Grundsätzlich ist zum Halten an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren. Das Halten in zweiter Reihe, also links neben parkenden Fahrzeugen, ist in der Regel nicht zulässig. Lediglich Taxen dürfen, soweit es die Verkehrslage zulässt, zum Ein- und Aussteigenlassen von Fahrgästen in zweiter Reihe halten beziehungsweise parken.
21.Wo und wann müssen Verkehrsteilnehmer am Grünpfeil halten?
Ist an der Ampelanlage zusätzlich ein Grünpfeil als Blechschild angebracht, ist das Rechtsabbiegen trotz rotem Ampellicht erlaubt. Allerdings muss man zuvor an der Haltlinie anhalten und sich vergewissern, dass eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fahrzeug- und Fußgängerverkehrs der freigegebenen Richtung, ausgeschlossen ist.
22.Wie biege ich als Radfahrer korrekt auf einer zweispurigen Straße nach links ab, wenn es dort noch zusätzlich eine Abbiegespur gibt, der Verkehr aber geradeaus an mir vorbeirast?
Radfahrer haben zwei Möglichkeiten, an ampelgeregelten Kreuzungen oder Einmündungen abzubiegen, wenn für sie keine speziellen Radverkehrsführungen vorhanden sind: Direktes Abbiegen: Radfahrer ordnen sich im linken Fahrstreifen zum Abbiegen ein. Indirektes Abbiegen: Radfahrer überqueren zunächst im rechten Fahrstreifen die Kreuzung oder Einmündung und passieren dann vom Fahrbahnrand aus unter Beachtung des Verkehrs die Fahrbahn. Wenn sie vom Rad absteigen, haben sie die Signale der Fußgängerampel zu beachten.